von süss bis ungeniessbar

Bitte nicht drängeln

Ich finde Drängeln grundsätzlich mühsam, egal in welcher Lebenslage. Ganz besonders geht mir diese unangenehme Angewohnheit mancher Menschen aber auf der Autobahn auf den Senkel. Nicht nur, dass es extrem mühsam ist – es ist auch noch unglaublich gefährlich.

Jemandem am Hintern des Autos zu kleben, käme mir nicht im Traum in den Sinn. Zu gross ist mein Respekt vor einem Crash. Bei hohem Tempo schon gar nicht, denn der Bremsweg wird bekanntlich mit zunehmender Geschwindigkeit immer grösser. Was reitet also die notorischen Arschkleber, bei welchen ich auf der Autobahn das Gefühl habe, dass sie demnächst im Kofferraum meines Autos mitfahren möchten. Manche fahren so nahe auf, dass ich im Rückspiegel nicht einmal mehr das Nummernschild sehen kann.

Besonders sinnvoll sind solche Manöver im Feierabendverkehr. Ich reihe mich auf der Überholspur in die ziemlich satte Autokolonne ein, um die Lastwagen auf der rechten Spur zu überholen. Die Wagen vor mir fahren schön Auto an Auto, mit genügend Abstand, aber eben als Kolonne. Und da drängelt sich auf einmal ein Bleifuss in die viel zu kleine Lücke hinter mir und fängt an, mich zu nötigen. Da rechts die Lastwagen gemächlich in Reih und Glied fahren, kann ich nicht zurück auf die rechte Spur. Vor mir geht es auch nicht schneller, denn da fährt ja auch schon Wagen an Wagen. Was also soll das Gedränge hinter mir? Sieht der ungeduldige Fahrer nicht, dass es mit dem aufsässigen Manöver auch nicht schneller geht. Auch dann nicht, wenn er die Lichthupe ständig betätigt. Soll ich mich in Luft auflösen? Entnervt tippe ich kurz das Bremspedal an, in der Hoffnung, ihn damit zum nötigen Abstand zu zwingen. Ohne Erfolg. Im Gegenteil! Die Nervensäge geht vom Gas, um anschliessend mit überhöhtem Tempo wieder ganz schnell aufzusitzen, dann wieder vom Gas und das gleiche Spiel wieder.

In solchen Situationen wünschte ich mir die James Bond 007 – Fähigkeiten her. Vorwärts fahren und rückwärts schiessen. Das wäre nun richtig befriedigend. So locker aus der Hüfte mal kurz ein paar Schüsse vor die Nase. Aber eben, 007 eilt mir nicht zu Hilfe. Also ist es in der Regel so, dass ich irgendwann resigniere und möglichst versuche, mich wieder auf die rechte Spur zwischen zwei Lastwagen zu retten. Der Klügere gibt ja bekanntlich nach. Besonders erfolgreich sind die Drängelaktionen ja bekanntlich nie, denn oft begegnet einem der mühsame Drängler eine halbe Stunde später nach der Autobahnausfahrt an der Ampel wieder – zwei Wagen weiter vorne. Super! Und dafür das ganze Theater.

Das wäre mir ja eigentlich alles egal, wenn die aufsässigen Bleifüsse damit nur ihren eigenen Kopf und Kragen riskieren würden. Leider sind bei den berühmten Auffahrunfällen, bei welchen der Sicherheitsabstand einfach zu kurz war, die Vorderen diejenigen, die den Kürzeren ziehen. Ich weiss, wovon ich rede, denn ich wurde schon zweimal ohne eigenes Verschulden von Fahrern mit schlechtem Reaktionsvermögen und zu wenig Abstand buchstäblich abgeschossen. Was es ihnen gemacht hat? Nichts! Ich lebe seither mit einem schmerzhaften Schleudertrauma, welches mich mal mehr, mal weniger quält, aber immer mein unangenehmer Begleiter bleiben wird. Herzlichen Dank! Ich fahre seither immer mit einem aufmerksamen Blick im Rückspiegel und versuche, für denjenigen hinter mir gleich mitzudenken. Man kann nie wissen – womöglich kommt der ja auch auf die Idee, mich näher kennenlernen zu wollen. Viel näher, als mir lieb ist!

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14 Kommentare

  1. schwarzeelster

    Ich lach‘ mich kringelig. Nach meiner letzten Autobahnfahrt wollte ich einen ähnlichen Artikel schreiben. Ich hätte noch meine Einpark-Nötigung mit hinzugenommen. Vor ca. 2 Wochen wollte ich einparken – und ich finde in meiner Straße echt schlecht einen Parkplatz – da fährt doch eine stupide Autofahrerin so dicht auf, dass ich nicht mehr rückwärts in die Parklücke komme. Ich noch ein Stück nach vorne, dass sie besser überholen kann – sie schließt die entstandene Lücke. Dann blieb ich hart und so lange stehen, bis sie entnervt überholte und mich wild angriff. Ich habe mindestens 3 Minuten mit Warnblicklicht, ausgeschalteten Motor und stoischer Gelassenheit warten müssen, bis sie kapiert hat, dass ich EINPARKEN möchte, obwohl ich zuvor schon langsam in die Straße fuhr und meinen Blinker gesetzt hatte. Leute gibt’s, die brauchen eine Souffleuse, um zu kapieren, was andere wollen.

    • danielajaeggi

      Was für ein erfrischender Kommentar, der ist eigentlich eine eigene Geschichte wert. Danke 🙂

  2. Ü60

    hat zwar nichts mit Fahrdrängler zu tun, aber wie Du diese Arschkleber verwünscht, erlebe ich täglich das Ärgernis Radfahrer ohne Licht und modisch schwarz gekleidet. Horror verstehe die Eltern nicht, welche ihre Kids so auf die Straße lassen, die müssen Gott danken, wenn sie wieder gesund am Mittagstisch sitzen. Wir Autofahrer auch, darf gar nicht daran denken.👼👼👼

    • danielajaeggi

      Ja, das ist tatsächlich auch etwas, worüber ich immer wieder den Kopf schütteln muss. Im Nebel und bei Dunkelheit sieht man sie viel zu spät. Und weil die Guten nur allzu oft noch Ohrstöpsel mit Musik in den Ohren haben, hören sie nicht einmal, wenn ein Auto kommt. Schwupp, und man hat sie vor der Stossstange. Und zu allem Überfluss ist der Autofahrer dann auch noch schuld – wegen Nichtbeherrschen des Fahrzeugs. Als ob das Ereignis selber dann nicht schon schlimm genug wäre, wird dem Autofahrer also auch noch diese Schuld aufgeladen. Tja – immer mehr Verkehrsteilnehmer machen es leider nicht besser. Da gilt nur eines: Langsam und mit Köpfchen fahren und darauf hoffen, dass die Schutzengel immer mitfliegen!

  3. danielajaeggi

    🙂

  4. nandalya

    Auch, wenn ich schnelle Autos teste, eine Dränglerin war ich noch nie. Seit einer Weile fahren wir einen Nissan 370Z, der extrem gute Bremsen hat. Natürlich wollen einige Turbo-Herren immer gern wissen, wie schnell so ein Sport-Nissan ist und kleben uns dann auch gern am japanischen Autoheck. Dabei habe ich keine Angst, nur sind meine Bremsen um Welten besser, als die von Serienwagen. Sprich es käme definitiv zum Crash, wenn ich längst stehe.

    Um Nerven zu sparen lasse ich die Drängler meist überholen und gönne ihnen damit ihre 2 Sekunden Spaß, bis sie am nächsten Autoheck auflaufen. Nur ganz selten zuckt – bei freier Autobahn – mein Gasfuß nach unten und vom Drängelmann bleibt meist nur ein verblüffter Blick. 😉

  5. danielajaeggi

    Hallo meine Liebe! Danke für die Frage/Tipp bezüglich Osteopathie. Ja, ich habe im Verlauf der Jahre die Pallette an Therapien durch – es gibt nix, was ich nicht ausprobiert habe. Am besten ist die Akkupunktur, aber leider halt auch nicht von Dauer. Ich muss lernen, damit zu leben. Mal gelingt’s besser, mal weniger. Up and down, wie das Leben halt so ist! Grusserl, Daniela 🙂

  6. schnipseltippse

    Ich finde ja, in der Schweiz geht es noch. Wenn man auf deutschen Autobahnen unterwegs ist wird es einem nochmal ganz anders. Da geht nix unter 150/160 auf der Überholspur. Und trotzdem kleben sie einem an der Stossstange. Grässlich. Da lobe ich mir unser Tempolimit – auch wenn sich so viele drüber lustig machen. Es fährt sich definitiv entspannter. Ich versuche allerdings, so gut es geht die Stosszeiten zu vermeiden.

    Wegen deines Schleudertraumas, hast du schon Osteopathie ausprobiert?

  7. schattenbinder

    Ich kann das so guten Gewissens unterschreiben! Ich erlebe so etwas oft in Baustellen auf der Autobahn – und von denen gibt es derzeit rund um meinen Wohnort einige! Ich habe mir daher angewöhnt, in Baustellen immer auf der rechten Spur zu fahren, aber manchmal lande ich eben doch links, weil die Verkehrsführung es nicht anders zulässt oder die rechte Spur einfach knüppelvoll ist. Besonders schön sind die Momente, in denen rechts ein dicker Lkw fährt, den ich weder überholen will noch kann, da der Platz das einfach nicht zulässt. Und hinter mir ein munter lichthupender Vollidiot, dessen Wagen noch breiter ist als meiner und der garantiert nicht durch die Lücke passt. Okay… Also rechts rüber ziehen und das Schauspiel beobachten. Für die nächsten fünf Kilometer habe ich dann meist einen Ausblick auf einen Fahrer, der immer wieder Gas gibt und abbremst, weil es da vorn doch ein „wenig“ enger ist als gedacht. Herrlich, wenn so jemand dann dauerhaft ins Lenkrad beißt. 🙂

    • danielajaeggi

      Ich stelle mir das gerade bildlich vor – wie erfrischend. Dann fahren auf unseren Strassen vermutlich unzählige zerbissene Lenkräder mit!! 🙂

  8. Timo

    Ist leider so, dass 90% der schweizer Autofahrer keine Ahnung haben, wie man sich auf der Strasse zu verhalten hat.

    • danielajaeggi

      Wieviele es sind (in %) weiss ich nicht, aber die besonders mühsamen Arschkleber scheinen mich immer zu finden! Wahrscheinlich ist mein Hinterteil besonders attraktiv (Wortwitz….!!!). 🙂

  9. mnlmaag

    Amüsanter Text 🙂 – kleiner Tipp, bei aufsässigen „Arschkriechern“ kann doch geschossen werden, nämlich mit dem Scheibenwischwasser, ein paarmal kräftig Seife lassen, so dass es dem hinteren auf die Frontscheibe fliegt…. 😉 wirkt Wunder^^

    • danielajaeggi

      Gute Idee – darauf bin ich noch gar nicht gekommen. Danke für den Tipp!! 🙂

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