von süss bis ungeniessbar

Schreiben von A – Z: N = Nachtmensch

Wer kennt den Spruch „Das ist ein typischer Nachtmensch, der ist morgens nicht zu gebrauchen“ nicht? Die meisten haben das bestimmt schon gehört, manche kennen es vermutlich sogar von sich selber.

Gemäss Lehrbuch werden die Menschen in zwei Schlaftypen unterteilt: Die Lerchen und die Eulen. Diese verkörpern die Frühaufsteher und die Spätaufsteher. Landläufig gilt die Meinung, dass die Mehrheit der Menschen Lerchen sind und aus diesem Grund wurden auch die Schul- und Arbeitssysteme auf die Frühaufsteher abgestimmt. Inzwischen weiss man, dass diese Meinung falsch ist. Gemäss einem deutschen Schlafforscher tendiert mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Richtung Eule. Das heisst, dass die Mehrheit der Menschheit zu fortgeschrittener Stunde munter wird, morgens aber problemlos drei Wecker überhören kann, weil der Tiefschlaf stärker ist. Dafür kann man nichts, dass ist biologisch so vorgegeben. Besonders Jugendliche und junge Erwachsene gehören eher der Eulengruppe an.

Ein typischer Nachtmensch (also eine Eule), welcher noch zur Schule geht, hat eigentlich ein chronisches Problem. Morgens, wenn er aufstehen und leisten sollte, schlafen seine Hirnzellen weiter vor sich hin, während er am Nachmittag, wenn die Schule zu Ende geht, erst auf Hochtouren zu laufen beginnt. Dummerweise werden diese Menschen meistens als faul und unmotiviert abgestempelt. Eigentlich ziemlich gemein, denn für sein biologisches Programm kann man herzlich wenig. Das wäre, als ob man eine Frau nach den Wechseljahren dafür verantwortlich machen würde, dass sie nun nicht mehr schwanger wird. Biologie! An den Schulen sollte also der Tatsache, dass die Eulen in der Überzahl sind, endlich Rechnung getragen werden. Wird aber bislang nicht! In Basel-Stadt (Schweiz) wurde ein Pilotprojekt an sechs Weiterbildungsschulen durchgeführt. Der Unterrichtsstart am Morgen wurde von 07.40 Uhr auf 08.00 Uhr geschoben. Schon diese minimale Umstellung zeigte überraschend positive Resultate, sodass diese Testschulen das Modell nun beibehalten.

Bei den Pisa-Studien kommt ja immer das grosse Jammern, wenn wir schlecht abschneiden. Sollte man vielleicht endlich der Tatsache Rechnung tragen, dass die Mehrheit der Schüler/innen gegen ihren Biorhythmus ankämpfen müssen, und das tagtäglich? Sollte man allenfalls wichtige Hauptfächer wie Sprachen und Mathe nicht immer an den Beginn des Stundenplans legen, wenn die Hirnzellen noch schlafen? Denn die Lerchen haben ja ohnehin kein Problem. Schul- und Arbeitsende ist in der Regel zu einer Zeit, in welcher auch eine Lerche noch munter ist. Möchte man Lerchen so quälen, wie Eulen, dann müsste man gerechterweise von diesen verlangen, dass sie mal ungefähr während neun Jahren nachts zur Schule gehen müssen. Das wäre mal richtig gemein – den Eulen gegenüber aber nicht mehr als fair.

Ich habe mich während meiner ganzen Schulzeit nie verschlafen und habe mich einfach immer in den vorgesehenen Plan eingefügt. Gross gelitten scheine ich nicht zu haben, denn sonst könnte ich mich bestimmt daran erinnern. Ich habe aber zu Hause einen Lieblingsmenschen, der sehr unter diesem System leidet. Eine ausgeprägte Eule mit einem biologischen Rhythmus, wie es ihn wohl selten gibt. Die Schulzeit war – zeittechnisch gesehen – ein absoluter Horror. Die Lehrzeit war – mit Vorsicht benannt – eine tierischer Kraftakt. Und das Schlafgemach ist inzwischen mit mehreren Weckern ausgestattet, welche locker regelmässig alle überschlafen werde. Nicht absichtlich, sondern weil der Körper einfach zu anderen Zeiten aktiv ist, als die Stunden- und Arbeitspläne das vorsehen. Eine wahre Herausforderung für einen Menschen, der keine andere Wahl hat, als sich den gegebenen Gepflogenheiten anzupassen.

Tatsache ist, dass die Studien- und Arbeitszeiten nicht einfach umgestossen werden können, aber etwas mehr Flexibilität wäre bestimmt möglich. Schliesslich sieht man tagsüber auch keine Eulen mit Sonnenbrillen auf den Baumgipfeln sitzen. Genauso wenig flattern nachts die Lerchen durch den Wald. Bei den Menschen sollen aber einfach immer alle in die gleiche Schublade passen. Ziemlich dumm – denn die Natur zeigt uns doch, dass es anders sein müsste! Lösungsvorschläge? Bitte melden!

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34 Kommentare

  1. huggi1963

    Ich glaube, ich bin die Mutter der Eulen 🙂

    • danielajaeggi

      Dann bist Du also schuld an dem ganzen Elend! Jetzt haben wir die Täterin! 🙂

  2. arianezuber

    Bei mir ist das mal so, mal so, kommt drauf an, ob ich mich wohl fühle mit dem, was ich tue. Früher mehr Nachteule als heute, auf jeden Fall brauche ich öfter mal 8 Stunden Schlaf und auch gerne mal Schlaf vor Mitternacht…Meiner Meinung nach sollte man flexibel arbeiten können, das macht Sinn – überhaupt sollten einige Dinge im „System“ mehr auf die menschlichen Bedürfnisse abgestimmt sein als auf irgendwelche Ideen von „Schreibtischtätern“…

  3. Karl

    Ich war immer Eule und bin es mit fast 60 immer noch. Ich glaube, da änder sich nichts mehr 😉

  4. Der Emil

    Und die Kreativen sind auch oft Geschöpfe der Nacht …

  5. melcoupar

    Ich stimme einfach zu … Hier gibt es nur Eulen 🙂 LG Melanie

  6. Pfefferschote

    Das mit den Eulen ist ein super Satz 😀
    Ich bin seit wenigen Jahren zur Frühaufsteherin mutiert, ich genieße die längere Zeit des Tages. Aber: heute habe ich dann auch bis halb 11 geschlafen, am Wochenende brauche ich das einfach. 🙂

  7. Susi

    Mein Kopf

  8. Susi

    Die 0. Stunde zu meiner Schulzeit begann immer um sieben. Wie habe ich es gehasst. Da hat mein Mpf noch geschlafen. Wie du auch sagtest. Um Acht oder halb neun wäre da meiner Meinung die richtige Zeit zum Unterrichtsbeginn.

  9. ...der Berliner

    Bei mir spielt es keine Rolle, ob ich früh aufstehen muss oder nicht. Wenn der Wecker klingelte (so gegen 02.00h) konnte ich mit beiden Füßen aus dem Bett springen und nach dem Badbesuch schon singen wie eine Lerche (meine Frau das ganze Gegenteil). Aber egal zu welcher Tageszeit, wenn ich in der Horizontalen mich befinde, brauche ich keine zwei Minuten und ich bin eingeschlafen. Jetzt bin ich seit einigen Wochen im Ruhestand und kann in´s Bett gehen wann ich will. Endlich kann ich meinen Schlaf auf acht Stunden ausdehnen (während des Arbeitslebens in der Regel nur 4-6 Stunden). Vorher war ich schon um 20.00h (zum Leidwesen meiner Frau) im Bett verschwunden.
    Aber die Probleme mit dem Eulenverhalten bei Kindern und Jugendlichen sind auch mir bekannt. Gott sei Dank hat sich meine Frau mit diesem Problem auseinander gesetzt.

    G. l. G. Jochen

    • danielajaeggi

      Da kannst Du Dich glücklich schätzen! 🙂

      • ...der Berliner

        Ich bin jeden Tag auf´s Neue dankbar!

        G. l. G. Jochen

  10. Klara Loesch

    Ich bin weiterhin für flexible Arbeitsmodelle – nicht nur für Lerchen und Eulen, sondern auch für Menschen mit Kindern, Alleinerziehende und Personen, die Angehörige pflegen etc. Ganz utopisch wünsche ich mir auch, dass wir alle einfach das tun was wir lieben und daher motiviert und engagiert unsere (sinnvolle) Arbeit (sinn)erfüllen, völlig frei von Arbeitszeitstrukturen. Denn Arbeit ist Wirken und wir wirken jeden Tag, Moment in unterschiedlichen Rollen und Funktionen.
    Danke Dani für diesen tollen Beitrag!

    • danielajaeggi

      Danke für das Lob und den ausführlichen Kommentar! 🙂

  11. allemeineleidenschaften

    Oh, ich bin wohl eine Mischung aus beidem.
    Morgens früh raus (4.45 Uhr), werde ich dann nach einem langen Tag um 19.00 Uhr berechtigterweise müde und könnte schlafen.
    Wenn ich aber über den Punkt bin, schaue ich mir problemlos noch den Spät-Tatort an. Im Moment verfolge ich den Dschungel, da ist die Neugier stärker als die Müdigkeit.

    Da ich die Ruhe im Haus so sehr liebe, ist es förmlich ein Genuss, zu später Stunde noch ein wenig rumzuprütteln, wenn alle schon in ihren Zimmern verschwunden sind 😉

    • danielajaeggi

      Es gibt vermutlich einfach diejenigen, die sich den Gegebenheiten immer wieder sehr gut anpassen können. Zu jenen gehörst wohl Du, DU Glückliche! Ein bisschen neidisch sind jetzt vermutlich die anderen 🙂 🙂 🙂

  12. anneinsideoffice

    Es wurde lange so gewertet, dass Lerchen die „besseren“ Menschen sind.
    So von wegen „Morgensstund hat Gold im Mund“. Ich war seit Babyzeit eine extreme Eule, jetzt mit bald 50 dreht es in Richtung Lerche.
    Meine jungen Leute sind eher Lerchen wie der Vater, zwischen 14 und 20 aber krasse Eulen. Was habe ich da Nerven gebraucht um die aus dem Bett zu bringen und das alles selber im schläfrigen Zustand 😉

    • danielajaeggi

      Zwischen 14 und 20! Ein eindeutiges Merkmal für die Pubertierenden, in dieser Zeit ist der Mensch (warum auch immer) tendenziell auf Eule programmiert. Ja, das braucht richtig dicke Nerven, ich kenne das, zumal mein betroffener Lieblingsmensch dieses Problem jeden Tag hat… 🙂

      • anneinsideoffice

        Meinen Erstgeborenen musste ich bis zur allerletzten Matura Prüfung morgens aus dem Bett locken, werfen, treten.
        3 Tage nach der Maturafeier begann er ein Praktikum in Zürich, musste morgens früher raus und aufstehen. Drama? Nein wie ausgewechselt, der junge Herr stand ab da problemlos auf! Ich dachte echt ich spinne, plötzlich war der Hebel umgelegt!
        Es war einfach vorbei und blieb vorbei.

      • danielajaeggi

        Tja, die Mediziner scheinen also recht zu haben! 🙂

  13. Carolin

    Ich bin ein absoluter Nachtmensch und habe in meiner Schulzeit auch sehr unter dem Frühaufstehen gelitten. Noch heute 🙂 man wird abgestempelt als wäre man faull oder dauermüde, dabei geht es ja darum was am Ende des Tages rauskommt.
    Genies brauchen einfach länger um richtig wach zu werden 😉

    • danielajaeggi

      *laut lach* – dieser Spruch ist ja der Hammer! Den klau ich mir. Danke 🙂

      • Carolin

        Mach das! Und das ist die Wahrheit 😀

  14. Monika-Maria Ehliah

    In der Nacht habe ich oft ganz tolle kreative Ideen
    gehe daher spät schlafen, aber am Morgen früh aus dem Bett … aus vielerlei Gründen… und weil ich den Morgen – den erwachenden Tag liebe ….
    Segen mit lieben Grüßen
    M.M.
    Gute Nacht!

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