von süss bis ungeniessbar

Die digitale Versklavung / Gastbeitrag von Christian N.

Der folgende Beitrag stammt wieder aus der Feder meines Gastautoren Christian, der schon einmal hier für euch geschrieben hat. Viel Spass!

Wir sind alle Sklaven. Für viele von uns sind Handy und PC zu ständigen Begleitern geworden, die unsere Zeit wie ein Vampir in sich aufsaugen. Social Networking dient mehr und mehr dazu, Freunde zu „sammeln“, anstatt wirklich mit ihnen in Kontakt zu bleiben.

Ich als bekennend PC-Süchtiger bin natürlich ein miserables Beispiel. Doch ich war überrascht, als mir bei einem Gespräch im Restaurant vor einigen Wochen bewusst wurde, dass mein unkontrollierter Umgang mit den neuen Medien längst nicht die Ausnahme ist. Auch Ottonormalbenutzer verbringt viel zu viel Zeit mit den Geräten und immer weniger mit dem direkten, menschlichen Kontakt. Jugendliche und junge Erwachsene bekommen Wutanfälle, wenn ihnen das Handy oder der PC weggenommen werden.

Ich ertappe mich selbst immer wieder dabei, wie ich mein Bimmelkästchen (Handy) hervornehme, um zu kontrollieren, ob jemand was geschrieben hat – selber rede ich mir dabei natürlich ein, dass ich es getan habe, um die Uhrzeit zu checken. Der Witz ist – sogar wenn das Teufelsding ausgeschaltet ist, um den Akku zu schonen, ist diese Gewohnheit immer noch da!

Es mag irgendwie ironisch klingen, wenn ein Informatiker wie ich über moderne Technik schimpft. Trotzdem finde ich die Entwicklung auch bei anderen bedenklich. Meine Situation musste ja zuerst eskalieren, damit ich eine Änderung meines Verhaltens anstreben konnte – wobei ich immer noch täglich versage. Wenn ich anderen zuhöre, die eigentlich solide im Leben stehen, wie wenig sie ihren Konsum im Griff haben, macht mir das Sorgen.

Darum – um es mit den Worten des Fernsehkritikers zu sagen: Schalten Sie mal wieder ab!

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13 Kommentare

  1. Reiner Wende

    Man kann es nicht abschalten. Wie soll man dann wissen was so los ist im Freundeskreis und der Famielie

  2. ilanah777

    Es sind nicht die Geräte, es ist nicht die Technik, sondern es ist Mensch/der Einzelne und dessen Umgang damit.

    Bei vielen scheint es im RL keine echten Freundschaften mehr zu geben, so ist man wild auf die unzähligen virtuellen Kontakte.

    Das Internet ist Segen und Fluch zugleich und man muss sich, also jeder für sich, entscheiden, ob es Fluch oder Segen für einem ist.

    Ein Segen für alte und kranke Menschen, die kaum noch rausgehen können und trotzdem Kontakte aufrechterhalten möchten.

    Ein Fluch für die, die ständige Erreichbarkeit für modern und unbedingt erstrebenswert halten.

    Ich selbst „vergesse“ mein Handy meistens, es liegt irgendwo rum und oft weiß ich nicht einmal wo.

    Der Rechner ist Teil meiner Arbeit und so kann ich nebenbei noch Kontakt halten zu realen und virtuellen Leuten und mich, z.b. inform von Bloggen, mit Menschen über Gott und die Welt austauschen.

    Klare Priorität hat das reale Leben. Mein Rechner bleibt aus, wenn ich Besuch habe.

    Ebenso finde ich persönlich es absolut unhöflich, wenn ich mich z.b. mit jemand zum Essen verabrede, und derjenige ans Handy geht oder aufs Handy schaut.
    Mittlerweile mache ich es so, dass ich es anmerke, wenn es das erste Mal passiert, also ich demjenigen sage, dass ich es als unhöflich empfinde und dass ich beim nächsten Mal wortlos aufstehe und gehe….und ihn ggf. mit dem Essen und der Rechnung sitzen lasse….das habe ich schon des öfteren praktiziert…..nunja….nicht jeder fand es toll….aber die meisten haben es verstanden…
    LG
    Ilanah

    • freakpants

      Das mit dem „Vergessen“ könnte ich glaube ich nicht. Wenn ich weggehe check ich alle 2-3 minuten meine Hosentaschen um zu vergewissern das schlüssel, portemonnaie und handy noch dabei sind.

      das mit dem aufstehen find ich cool – hab mich auch schon genervt. Soviel Anstand muss eigentlich sein.

      • ilanah777

        Ich denke, dass es Leuten leichter fällt, die ohne diese Technik groß geworden sind.
        Als Kind und Jugendliche hatten wir kein Telefon, wir mussten zur Telefonzelle gehen.
        Als ich mit 16 im Schwesternwohnheim ein Gemeinschaftstelefon hatte, von dem aus ich zwar nicht telefonieren, aber angerufen werden konnte, war das schon ein Luxus.

        Als die Handys aufkamen, fand ich sie für Dienstleister gut, aber für Privatpersonen überflüssig.

        Dann brauchte ich selbst mal eines bei einem Notfall und legte mir selbst ein Handy zu.
        Das ist ständig abgeschaltet und wird von mir wirklich nur im Notfall genutzt.

        Mich behindert und stört die ständige Erreichbarkeit, meist sind es unwichtige Kleinigkeiten wegen denen angerufen wird.
        Was mir sehr negativ auffällt, das ist, dass sich die Leute auf der Straße, in der Straßenbahn, im Zug usw. nicht mehr anschauen, weil sie fast nur auf´s Display schauen, das finde ich sehr traurig.

        Ganz schlimm finde ich, wenn Leute ihr Handy und sogar ihren Läppi mit in den Urlaub nehmen.
        Da gibt es ja keine echte Erholung und keine richtige Auszeit mehr.

        Kein Wunder, dass Burnout zunimmt und die Entschleunigungskurse boomen.

        In den USA gibt es in manchen Restaurants sog. Handysitter, da muss man sein Handy abgeben, der Handysitter nimmt Anrufe entgegen und notiert alles.
        Damit ist gewährleistet, dass niemand gestört wird, denn die Beschwerden haben sich sehr gehäuft.

  3. der Schlüsselmacher

    super Beitrag!

  4. Wunderwaldverlag

    Angenommen, diese Blog-Plattform wäre nur analog beschickbar … Wie viel Zeit würde man sinnend am Schreibtisch verbringen? Und wie viel Wert hätte dann jeder einzelne Satz, den man schreibt? Ich glaube, das wäre eine enorme Wersteigerung des geschriebenen Wortes.

  5. Es Marinsche kocht

    …eigentlich wollte ich ja noch schnell einen Kommentar schreiben…aber wenn Du meinst…uuuund KLICK 😉

    Also wenn ich mir vorstelle meine Geräte auszulassen würde das bedeuten: kaum Kontakt zu Freunden, die weit weg wohnen, Zettelwirtschaft ( Einkaufsliste, Notizen, Kalender,

    • Es Marinsche kocht

      ..oups…zu früh ’s Knöpsche gedrückt… :-))) ….Brainstorming Liste,… ), keine Musik, Bücher, Timer für meinen Tee u.ä., keinen Translator wenn mir mal ein Wort fehlt in der Unterhaltung mit meinem philipinischen Kumpel, keine TV Anwendung um im Sommer auf dem kühlen Balkon TV zu schauen, keine TV Zeitschrift, kein Fotoalbum, keine Bildbearbeitung, keine Kamera, keinen Scanner, kein Büro, keine Ordner, keinen Taschenrechner, keine Fahrplanauskunft, kein Tagebuch, keine Maps, keinen Navi, …..und und und….you know what I mean? Kurz und gut: ich wäre aufgeschmissen ohne meine smarten Begleiter….

      • freakpants

        Klingt nach einer abhängigen Beziehung. Und das ist ja auch irgendwie das Problem. Einen Nutzen hat alles – aber plötzlich kann man gar nicht mehr ohne.

      • Es Marinsche kocht

        Ach…ich weiss nicht….das kann man glaub nicht so pauschal sagen….wäre das nicht hätte ich eine abhängige Beziehung zu meinem Notizblock, meinem CD-PLayer, meinem Bücherregal, müsste haufenweise Portokosten für Briefe hinblättern…

        Aber ich verstehe was Du meinst…denn so ein Teil birgt schon grosse Gefahren…ich denke eine der Grenzen ist wenn man sich zu sehr in diese virtuelle Welt begibt…sich abhängig macht von LIKES, Verfügbarkeit etc….und auch wenn Facebook bei mir immer ON ist wenn ich zuhause bin dominiert es mich nicht…wenn ich anderes zu tun habe widme ich mich dem halt und FB kann warten 🙂 ….mal so als Beispiel…..und das ich meine Freunde dann trotzdem nicht real treffe heisst nicht das ich FB vorziehe sondern das sie schlicht und ergreifend einfach soo weit weg wohnen…

        Ich hüte mich immer vor Soziologen oder Psychologen, die alles über einen Kamm scheren und nicht individuell hinschauen…

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