von süss bis ungeniessbar

Die dämlichsten Ausreden

Der Berufsalltag im Verkauf – genauer gesagt in der Verkaufsberatung – gestaltet sich zunehmend schwieriger. Das mag daran liegen, dass der Mensch unzufrieden ist. Das kann aber auch an der Übersättigung, dem Luxus und der Selbstverständlichkeit des funktionierenden Alltags liegen. Wenn man nämlich keine Probleme hat, sucht man sich halt welche. Und wenn es nur die Tatsache ist, dass man gerne seine Mitmenschen zur Weissglut treibt. Genauso wie der Friseur die Alltagsprobleme seiner Kunden abhören muss – ob er will, oder nicht – genauso bekommen die Beraterinnen an der Verkaufsfront nicht selten die Launen und Lügen des Alltags mit. Okay, man könnte die Lügen auch netterweise Ausreden nennen. Nur sind diese manchmal derart dämlich, dass sie schon eher als Lügen durchgehen. Müsste ich ein Ranking erstellen, es würde in etwa so aussehen:

„Oh, ich seh grad, dass es schon so spät ist, ich habe ja noch einen Termin.“

„Das hätte ich jetzt alles gekauft, wenn ich nicht meine Karte zu Hause vergessen hätte.“

„Mir fällt grad ein, dass ich vermutlich mein Bügeleisen nicht ausgesteckt habe, ich muss schnell weg.“

„Meine Parkzeit ist abgelaufen.“

„Mein Mann mag diese Farbe nicht.“

„Jetzt ist mir doch grad noch rechtzeitig eingefallen, dass ich sowas schon zu Hause habe.“

„Ich habe die Brille nicht dabei, ich seh’s zuwenig klar.“

Und wer jetzt denkt, dass es diese Sätze nur in schlechten Filmen gibt, den muss ich enttäuschen. Die gibt es wirklich. In echt! Und ja, man sollte auch bei solchen Sätzen immer verständnisvoll nicken und nett auf Wiedersehen sagen. Und nein, meine imaginären Lieblingssätze sind dann nicht angebracht. Die würden nämlich lauten:

„Ach, und das fällt Ihnen erst jetzt ein?“

„Macht Sinn, dass man die Brieftasche dabei hat, aber die Karte nicht…bin ich blond oder wie?“

„Lustig, mir fällt auch immer beim Anprobieren in der Stadt ein, dass ich das Bügeleisen womöglich eingesteckt liess…“, fieses Augenrollen.

„Na dann rennen sie mal, sonst wird bestimmt in den nächsten 2 Minuten ein Strafzettel unter ihrem Scheibenwischer kleben.“

„Ihr Mann mag diese Farbe nicht und ich mag ihren Mann nicht!“

„Kaufen Sie bloss nichts, was sie womöglich schon so ähnlich zu Hause haben. Also kaufen Sie doch am besten einfach gar nichts mehr!“

„Ich weiss nicht, ob in Ihrem Fall eine Brille für den Durchblick noch hilft.“

Diese Sätze wären manchmal einfach so richtig cool. Mit dem nötigen Blick dazu und der richtigen Intonation wären sie sogar mehr als cool. Aber leider sind sie nicht angebracht. Also spule ich sie im Kopf ab – und sage sie erst, wenn die Meisterinnen der schlechten Ausreden wieder draussen sind. Bis auf wenige Ausnahmen. Die schaffen es, dass ich solche Sätze wirklich sage. Aber dann haben sie es auch nicht anders verdient!

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46 Kommentare

  1. BloggerIn50+

    Meine Nr. 1 ist die Antwort mit Farbe und Mann! Hitverdächtig!

  2. Ilanah

    Ich kann nicht verstehen, dass die meisten doch zu solch doofen Ausreden greifen.
    Warum ist es so schwer, einfach die Wahrheit zu sagen, eben dass es einem zu teuer ist, dass es einem doch nicht an sich gefällt usw.

  3. smamap1

    Hat dies auf Was (keine) Freude Macht rebloggt und kommentierte:
    Ich hab mir schön öfter überlegt, ob es nicht wesentlich besser wäre, wenn die Menschen DAS sagen, was sie tatsächlich denken, und nicht aus einer Haltung heraus, die damit zu tun hat, dass man den anderen nicht “verletzen” möchte, dann “Umwege” wählen. Ev. hat das ja mit unserer Entwicklungsgeschichte zu tun, frei nach dem Motto, wenn ich dem anderen “Schaden” zufüge, dann muss ich mit entsprechender Reaktion rechnen. Also hat der Mensch eine Grundhaltung, die etwa sagt: Wenn ich vom anderen etwas einfordere, ohne Gegenleistung, dann wird er mich bestrafen, damit ich das nicht mehr tue. Ich weiß, etwas seltsam der Gedanke, aber viele unserer Verhaltensweisen kommen aus uralten Verhaltensprogrammen, und das macht es uns wohl so schwer, uns vernünftig zu verhalten.
    Aber der Mensch hat ja die Möglichkeit, über seinen Schatten zu springen, so schwer es auch fällt, das alte Programm beiseite zu schieben.
    Und so könnte der Kunde auch sagen (und das auch so meinen): Sie haben mich toll beraten, nur, um ehrlich zu sein, muss ich sagen, dass ich das Geld eig nicht habe. Ich werden also dann nochmal kommen, wenn es besser aussieht.
    Und der Verkäufer könnte sagen: Das finde ich jetzt nicht so toll, aber besser noch, Sie sprechen das ehrlich aus, und ich bekomme das Geld dann tatsächlich.
    Es ginge, das so zu handhaben, ohne die Regeln des Anstands zu verlassen.
    Und so gäbe es viele Verhaltensweisen, die man mit Wohlwollen, etwas nachdenken, und sich selbst etwas zurücknehmen, verändern könnte, speziell in der heutigen Zeit.

  4. smamap1

    Ich hab mir schön öfter überlegt, ob es nicht wesentlich besser wäre, wenn die Menschen DAS sagen, was sie tatsächlich denken, und nicht aus einer Haltung heraus, die damit zu tun hat, dass man den anderen nicht „verletzen“ möchte, dann „Umwege“ wählen. Ev. hat das ja mit unserer Entwicklungsgeschichte zu tun, frei nach dem Motto, wenn ich dem anderen „Schaden“ zufüge, dann muss ich mit entsprechender Reaktion rechnen. Also hat der Mensch eine Grundhaltung, die etwa sagt: Wenn ich vom anderen etwas einfordere, ohne Gegenleistung, dann wird er mich bestrafen, damit ich das nicht mehr tue. Ich weiß, etwas seltsam der Gedanke, aber viele unserer Verhaltensweisen kommen aus uralten Verhaltensprogrammen, und das macht es uns wohl so schwer, uns vernünftig zu verhalten.
    Aber der Mensch hat ja die Möglichkeit, über seinen Schatten zu springen, so schwer es auch fällt, das alte Programm beiseite zu schieben.
    Und so könnte der Kunde auch sagen (und das auch so meinen): Sie haben mich toll beraten, nur, um ehrlich zu sein, muss ich sagen, dass ich das Geld eig nicht habe. Ich werden also dann nochmal kommen, wenn es besser aussieht.
    Und der Verkäufer könnte sagen: Das finde ich jetzt nicht so toll, aber besser noch, Sie sprechen das ehrlich aus, und ich bekomme das Geld dann tatsächlich.
    Es ginge, das so zu handhaben, ohne die Regeln des Anstands zu verlassen.
    Und so gäbe es viele Verhaltensweisen, die man mit Wohlwollen, etwas nachdenken, und sich selbst etwas zurücknehmen, verändern könnte, speziell in der heutigen Zeit.

    • modepraline

      Ein rundum gelungener und ausgeklügelter Kommentar, dankeschön! Eigentlich fast besser als mein Beitrag, also eigentlich wirklich besser…also, ehm, tja, gut eben! 🙂

      • smamap1

        Danke für das Kompliment. So ist das eben manchmal in einem Blog: Jemand schreibt was Gutes, und der andere kann gar nicht anders, als was Gutes drauf zu sagen.
        So soll es doch sein oder?

      • modepraline

        Wunderbar! 🙂

  5. Anna-Lena

    Lieber Gott, erhalte mir die Ausreden!

    • modepraline

      Neee, schaff sie ab, sofort! 🙂

    • smamap1

      Ähhhh …. welcher Gott? Wenn es den gar nicht gibt, dann muss ich mich dann selber in die Pflicht nehmen, und die Ausrede „Gott“ fallenlassen?

      • Anna-Lena

        Ich denke schon, dass es ihn gibt. Wenn nicht, nusst du deine Ausreden selber basteln :mrgreen: .

      • smamap1

        Der Umkehrschluss: Nachdem alle sich ihre Ausreden selber basteln (so denke ich), gibt es ihn nicht.

      • Anna-Lena

        Wir wissen es nicht, oder siehst du das anders?

      • Das Smamap

        Nein WISSEN tun wir es nicht.
        In meinen Augen spricht allerdings so einiges dafür, dass das Universum auch ohne einen Gott auskommt. Erst recht wenn der Mensch meint, er stünde im Mittelpunkt.

      • Anna-Lena

        Der Mensch erhebt doch selbst den Anspruch, der Nabel der Welt zu sein.
        Ich denke, da könnten wir eine theologisch-philosophisch-naturwissenschalftliche Diskussion mit open end führen 🙂 .

  6. Joey

    Frauchen und Herrchen gehen auch gern in Bekleidungsgeschäfte. Besonders gern in der kalten Jahreszeit. Sie wollen aber meistens nichts kaufen, sondern sich nur aufwärmen. Und bei der Gelegenheit ein kleines Schwätzchen mit dem Verkaufspersonal halten. Das immer dankbar für eine Abwechslung ist. Und ich lass mich dann auch gerne streicheln. Es ist immer wieder ein Erlebnis: Einkaufen vor Ort!

    • modepraline

      Ein Shoppinghund…wie selten! 🙂

      • senftopfherausgeber

        Hunde sind also doch wie kleine Kinder:
        Ehrlich bis in die Haarspitzen.

  7. schnipseltippse

    Ja also, ich weiss doch vorher, was ich mir leisten kann, oder? Warum gehe ich dann in einen Laden und probiere Sachen an, die über meinem Budget liegen?
    Ich bin eigentlich immer froh, wenn ich nichts brauche, weil ich die Anprobiererei so hasse. Wie kann man sich das freiwillig antun? *brrrr*

    • modepraline

      Danke, meine Worte – man weiss doch vorher, ob man etwas braucht und es auch bezahlen kann…:-)

      • senftopfherausgeber

        Vielleicht ist aber auch nur gerade die gut situierte Nachbarin, mit der man in einem vermeintlichen Wettstreit zu stehen meint, über die Straße spaziert und da wollte sich Madame wohl nicht die Blöße geben:
        „Schau her, ich kann es mir leisten, in DIESEN exquisiten Laden zu gehen!“ Davon, ob man sich nach diesem zugegebenermaßen eintrittsfreien Gang in den Laden die Ware auch leisten kann, hat ja keiner etwas behauptet. Das muss die ominöse Nachbarin ja auch nicht wissen und sobald diese aus dem Gefahrenbereich entschwunden ist, wird das Weite gesucht mit allerlei sinnbefreiten Ausflüchten inklusive.
        Nur eine Theorie von vielen. ^^

        (Personen und Handlung können beliebig verändert werden.)

      • modepraline

        *Grins*

    • Karl

      Weil es einem aufgefallen sit, man es evtl. schön findet und einfach nur mal sehen möchte, ob es gut an einem aussieht? Vielleicht findet sich nach solcher Motivation ja doch noch ein Weg, dass man es möglich macht?

    • Simmis Mama

      Ich hasse das auch. Ich hasse shoppen. Aber wenn ich gerade eine halbe Stunde Zeit ohne Kind habe und da vorbei komme dann muss ich diese wertvolle Zeit nutzen. Außerdem:wenn ich Socken kaufe und was schönes finde, darf ich es doch wenigstens anprobieren! Sowieso lass ich mich selten beraten … Der Spiegel ist interessanter 🙂

      • schnipseltippse

        Und oft auch ehrlicher, wenn man manchmal mitbekommt, was die Verkäuferinnen den Kunden erzählen… 😉

  8. Simmis Mama

    Oh mir ist es immer furchtbar peinlich ablehnen zu müssen. Aber zu sagen: „diesen Monat habe ich kein Geld mehr und ich hoffe es hängt im nächsten Monat immer noch da“ traue ich mich auch nicht. Dafür gucken die Verkäuferinnen um so verblüffter, wenn ich einen Monat später an der Kasse stehe.

    • modepraline

      Trau Dich! Ist tausend mal ehrlicher und….Verkäuferinnen sind NICHT dämlich, die bemerken die Lügen…

      • Simmis Mama

        Oh ich lüge nicht. Ich sage, das ich es mir überlegen muss. Das stimmt auch. Ich sage also nur nicht alles. Meinst du ich kann sagen, ich habe noch nicht genug Geld?

      • Karl

        Darauf würde ich nicht setzen, jedenfalls nicht in einem eher ländlichen Umfeld. Es soll auch Verkäuferinnen geben, die ähnlich auskunftsfreudig sind wie eine mir bekannt Dorffriseurin.
        Wenn man irgendetwas über jemanden wissen will, was auch das Finanzamt nicht weiß, muss man nur zu ihr gehen …

      • modepraline

        Jap, das kann man!

  9. moteens

    Schade, dass die Menschen oftmals den leichteren Weg gehen und irgendeine Ausrede vorschieben, um die Wahrheit nicht aussprechen zu müssen.
    Liebe Grüße,
    moteens
    https://moteens.wordpress.com/

  10. kgadw

    Ich sage in solchen Fällen immer, dass ich mich einfach nicht entschließen kann, und das ist echt die Wahrheit. 🙂

    • modepraline

      Das sind dann die richtig schwierigen Fälle, die sich wirklich nie entscheiden können…HILFEEE!! 🙂

      • kgadw

        Na ja, bin halt Sternzeichen Zwilling 🙂

      • modepraline

        Das klingt für mich in etwa gleich logisch, wie wenn Du sagen würdest: „Na ja, ich hatte halt SchnitzelPommes zu Mittag…“ 🙂 🙂

  11. Es Marinsche kocht

    Ich würde ja gerne einen ausführlichen, qualifizierten Kommentar hinterlassen….aber…..nnnncccchhh…ausgerechnet jetzt….Internet wech….sowas aba auch…( und dabei am iPad rum klopp und rüttel )…warte jetzt geht’s glaub wieder….oh neiönnnn….ich bin untröstlich….huch….—————–

    • modepraline

      …armes Marinsche…

      • Es Marinsche kocht

        Nä….um Ausreden nie verlegen…😜

  12. anneinsideoffice

    Mein Mann hat seine Karten separat in einem Etui, der vergisst die auch gerne zu Hause…dafür habe ich immer mehr als genug Karten dabei…kommt halt vom Job…
    Von mir könnten folgende Antworten kommen: „Ich brauche das eigentlich nicht“….“es steht mir zwar aber ich fühle mich darin nicht wohl…“ oder: „ich überschlafe es lieber nochmals..“

    • modepraline

      …und warum nicht einfach „nein danke, gefällt mir nicht“ oder „nein danke, ist mir zu teuer/billig“ … dann wären es keine Ausreden!

      • anneinsideoffice

        Es sind bei mir auch keine Ausreden, ich meine es dann so…und „nein, gefällt mir nicht“ sage ich oft schon wenn mir jemand etwas zeigt…ich habe schon mal 10 Dinge abgelehnt, die Verkäuferin war schon ziemlich verzweifelt, aber dann kamen ein paar schöne Dinge…welche ich gerne kaufte…man muss sich manchmal einfach finden. Sagen was man nicht will…denn manchmal weiss ich nicht was ich will…aber was ich nicht will…dann kann eine Verkäuferin Wunder bewirken, wenn sie es kann….

      • modepraline

        Okay, wenn es ernst gemeint ist, dann ist es in Ordnung…aber diese doofen Ausreden sind echt lästig!

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