von süss bis ungeniessbar

Geschrieben vor 2 Jahren … Reblog-Serie Teil 1

Die eingebildete Kranke…

…oder warum ich keine Beipackzettel bei Medikamenten lesen darf!

Es ist ein Übel, welches mich seit Jahrzehnten begleitet. Eigentlich nicht lustig, aber irgendwie halt doch zum Lachen. Dass manche mich Hypochonder nennen, finde ich aber nicht in Ordnung, denn Hypochondrie ist eine ernsthafte psychische Erkrankung. Ich leide eher an einem Tick, welcher darauf zurückzuführen ist, dass ich ganz einfach immer alles bis ins Detail wissen will. Mich interessiert jeder medizinische Begriff, ich kenne Medikamente, die Ärzte in ihren gescheiten Büchern nachlesen müssen und ich stelle Diagnosen, bevor der Arzt sie stellt. Ein befreundeter Arzt meinte mal, ich hätte besser Medizin studiert. Wenn ich nämlich mit ihm fachsimple – und das tue ich oft und gerne – könnte man tatsächlich meinen, ich hätte eine Ahnung. Warum ich diesbezüglich so wissbegierig bin und weshalb ich immer alles sofort nachlese, weiss ich selber nicht. Ich bin aber tatsächlich so etwas wie eine wandelnde Apotheke und auch mein Umfeld weiss, dass bei jeglicher Art von Krankheit die Wahrscheinlichkeit gross ist, dass ich das richtige Pülverchen dagegen habe.

Das wäre ja alles wunderbar, wenn mir mein Kopf im Bezug auf Nebenwirkungen nicht immer einen Streich spielen würde. Alles, was wirkt, hat auch eine Nebenwirkung. Selbst Fencheltee hat Wirkung UND Nebenwirkung – wirkt entblähend, dafür muss ich dauernd pinkeln. Drückt mir der Arzt ein Medikament in die Hand, tut er gut daran, mich bloss nicht auf Nebenwirkungen aufmerksam zu machen. Warum? Ich bekomme diese alle! Zumindest bilde ich mir das so lange ein, bis ich mich richtig elend fühle und die Medikamente nicht mehr einnehmen kann, weil die Nebenwirkungen so stark sind.

Als Beispiel wären da im Frühjahr die rezeptfreien Schnupfenkapseln gegen Heuschnupfen. Solange ich den Beipackzettel nicht gelesen hatte, war alles im grünen Bereich. Ich könnte nicht sagen, dass sie mir wahnsinnig geholfen haben, aber sie haben die Situation auch nicht verschlimmert. Dumm nur, dass der Arzt mich fragte, ob ich die Kapseln gut vertrage. Das hat mich darauf gebracht, dass das möglicherweise ein Indiz dafür ist, dass man diese nicht vertragen könnte. Also habe ich den Zettel durchgelesen. Häufige Nebenwirkungen: Schläfrigkeit und Benommenheit – jetzt war mir auf einmal klar, warum ich mich so müde fühlte! Gelegentliche Nebenwirkungen: Nervosität, Schlafstörungen, Übelkeit und Schwindel – aha, jetzt war mir also auch klar, warum mir heute so übel war und weswegen ich letzte Nacht einfach nicht schlafen konnte. Seltene Nebenwirkungen: Kopfschmerzen – von wegen selten, ich hatte üble Kopfschmerzen. Nun ja, vielleicht sollte ich doch versuchen, die nächsten paar Tage die Medikamente noch einzunehmen.

Nach zwei weiteren Tagen kapitulierte ich. Ich hatte so schlimme Übelkeit, Schlafstörungen und war derart müde, dass ich die Kapseln nicht mehr einnehmen konnte. Und so geht das immer, wenn ich den Beipackzettel einmal gelesen habe. Ganz schlimm ist es, wenn ich auf die glorreiche Idee komme, bei irgendwelchen Wehwechen das Internet zu konsultieren. Ich starte bei Fingerkribbeln und lande beim Herzinfarkt. Oder ich fange bei Bauchschmerzen zu googeln an, um anschliessend bei der Diagnose Darmkrebs zu landen. Eine ganz schlechte Idee! So erging es mir auch bei der Schwangerschaft meines ersten Kindes. Ich habe alles gelesen, was es zu lesen gab. Vor allem die „Ausnahmen“ interessierten mich brennend. Wie gesagt – eine ganz schlechte Idee, denn ich machte mich sehr erfolgreich selber zur Ausnahme und hatte nach einer Verkettung etlicher unglücklicher Umstände letztlich einen Kaiserschnitt. Hätte ich nur all die Horrorgeschichten nicht gelesen; war ja klar, dass mir mein Kopf wieder einen Streich spielen würde.

Jeder Arzt rauft sich die Haare, wenn er mich im Besprechungszimmer hat. Ich weiss nämlich grundsätzlich ALLES besser, habe mich vorher schon über ALLES informiert und will eigentlich nur seine Absolution. Zugegeben, es ist möglicherweise nicht immer ganz so extrem. Aber ich möchte mich definitiv nicht als Patientin haben!

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10 Kommentare

  1. Tempest

    Das könnte fast ich geschrieben haben! Kenne ich alles nur zu gut!

  2. senftopfherausgeber

    Die Absolution gibt es anderswo.
    Man verlangt ja bei der ayurvedischen Abhyanga-Massage besser auch nicht nach der letzten Ölung. 🙂

    • modepraline

      …kicher…

    • modepraline

      …kicher…

      • senftopfherausgeber

        Ah, ein gleich zweimaliges und gut vernehmbares Kichern. Verstehe….falls ich es beim ersten Mal nicht kapiert haben sollte. 😉 Dementia senilis, oder so. Dabei bin ich noch gar nicht so alt. 🙂

      • modepraline

        Nicht so alt – pha! Du bist uralt!!

      • senftopfherausgeber

        Manchmal fühlt es sich so an.
        Mein Personalausweis straft mich in solchen Fällen jedoch Lügen. 🙂

  3. lunarterminiert

    😂😂😂ich geh auch immer schon mit Diagnose zum Doc. Und die verzweifelt dann, weil ich ja nix vertrage, also Bitteschön nur Naturmedizin…Chips und Rotwein vertrag ich dafür suuuuper 😂😂. Aber hej, wofür haben die sonst sooo lange studiert, um uns Problemfällen zu helfen. Durchschnitt kann doch jeder 😉

  4. Tatjana

    Das mit dem Suchen im Internet habe ich auch ganz schnell lieber gelassen.

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