von süss bis ungeniessbar

Neue Brille

Mir scheint, als hätt ich eine neue Brille auf. Also: Nicht eine, die man auf die Nase setzen kann … eher eine, die mich die Welt mit anderen Augen sehen lässt. Und das ist ein äusserst schräges Gefühl.

Die letzten Monate haben mich zu einem anderen Menschen gemacht. Ich bin zusammen mit meiner Familie ganz schön durchgeschüttelt worden … und die Achterbahn fährt weiter. Im Moment fährt sie im Gleis und ich hoffe, dass das noch lange so bleibt. Aber: Es ist und bleibt eine Achterbahn.

Dieses Auf und Ab hat mich gelehrt, dass man sorgsam mit dem Leben umgehen muss. Mir ist auch sehr bewusst geworden, dass jede Sekunde des Lebens nur einmal kommt – dann nie wieder. Jeder Moment im Leben ist einmalig … es gibt niemals den gleichen Moment zweimal. Und anstatt immer auf das Morgen oder das Später zu warten, bin ich dankbar für jeden einzelnen Moment, den ich mit meiner Familie und meinen Freunden habe.

Dinge, die früher wichtig waren, sind mir auf einmal total egal. Dinge, über die ich mich früher ärgern konnte, lassen mich nicht einmal mehr den Kopf schütteln. Stattdessen sehe ich auf einmal Dinge in einem neuen Licht, die ich früher vielleicht nicht einmal beachtet habe. Und nichts, aber auch gar nichts erscheint mir mehr selbstverständlich. All dies hat mich dazu bewogen, das Leben druch die neue Brille kritischer zu beäugen und mit manchen Dingen aufzuräumen. Wichtiges und weniger Wichtiges wird nun strikte getrennt und ich versuche meine Kräfte zu bündeln, um sie dort einzusetzen, wo sie wirklich gebraucht werden. Mein Leben lang hatte ich das Gefühl, die Welt retten zu müssen. Dass dies nicht funktioniert, habe ich zwar immer wieder erfahren – aber ich hab’s dennoch stets aufs Neue versucht. Inzwischen weiss ich, dass es schon ein grosser Erfolg ist, wenn man sich und seine Lieben auf der rettenden Insel halten kann.

Egoismus war noch nie eine Eigenschaft, mit der ich mich hätte schützen können. Ich lerne nun von Tag zu Tag ein bisschen mehr, mir die Egobrille anzuziehen und mich vor Psychovampiren in Sicherheit zu bringen. Nur so kann ich meine Insel daran hindern, im Sturm unterzugehen … die Insel, auf welcher nur noch Platz hat, was mir wirklich wichtig ist!

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11 Kommentare

  1. tierlifruend

    Mehr Menschen sollten eine neue Brille tragen. Ich finde es schön, dass Du sie aufgesetzt hast und die schönen Momente bewusster wahrnehmen kannst. Ellie und die wunderschöne Natur tragen sicher auch dazu bei, sich nochmehr über die schönen Dinge im Leben zu freuen.
    Ich merke gerade, dass ich ein bisschen oft „schön“ geschrieben habe 😜 aber ich finde es nun mal SCHÖN 😍

  2. Es Marinsche kocht

    Ja, das ist so……das hast Du schön beschrieben….so Höllenfahrten machen einen sensibler, dünnhäutiger, aber auch empfänglicher für die Wahrhaftigkeit des Lebens….und es ist schwer da seinen Platz mit der richtigen Brillenstärke neu zu definieren…..

    Aber auch für das soziale Netz ist es schwierig damit umzugehen….ist es doch schon für die Betroffenen schwer sich halbwegs gerade zu halten in dieser Achterbahn…was gebraucht der jeweilige Mensch grad….denn so unterschiedlich wie wir kleinen Kreaturen Mensch sind so unterschiedlich ist der Umgang miteinander bzw. die jeweils aktuelle „Bedürftigkeit“…..und auch die ändert sich….mal tut es gut sich mit gänzlich anderen Dingen zu beschäftigen….mal tut es gut sich hinein zu versenken…mal sind es die kleinen Dinge an denen man sich die Zähne ausbeissen mag….mal steht man drüber….wohl dem der das kommunizieren kann…und wohl dem der an dieser Veränderung teilhaben darf….

    Ich finde es so treffend wie oben schon geschrieben steht „…und dan trifft man Menschen, die sagen „Mann, du hast dich aber verändert“ und man denkt: Stimmt!“….und wie schön ist es wenn diese Veränderung wohlwollend und liebevoll betrachtet werden kann….hüben wie drüben…

    Dazu sind mir diese Worte in den Sinn gekommen – denn viel trauriges könnte durch eine gelingende Kommunikation vermieden werden….auf beiden Seiten….

    Worte sind Fenster (oder sie sind Mauern)



    Ich fühle mich so verurteilt von deinen Worten,

    Ich fühle mich so abgewertet und weggeschickt,

    Bevor ich gehe, muss ich noch wissen,

    Hast du das wirklich so gemeint?

    Bevor ich meine Selbstverteidigung errichte,

    Bevor ich aus Verletzung und Angst heraus spreche,

    Bevor ich diese Mauer aus Worten baue,

    Sage mir, habe ich richtig gehört?

    Worte sind Fenster oder sie sind Mauern,

    Sie verurteilen uns oder sprechen uns frei.

    Wenn ich spreche und wenn ich zuhöre,

    Licht der Liebe, scheine durch mich hindurch.

    Es gibt Dinge, die ich sagen muss,
Dinge, die mir so viel bedeuten.

    Wenn sie durch meine Worte nicht klar werden,

    Hilfst du mir, mich freizusprechen?

    Wenn es so schien, als würde ich dich niedermachen,

    Wenn du den Eindruck hattest, du wärst mir egal,

    Versuch‘ doch bitte, durch meine Worte hindurch zu hören
    
Bis zu den Gefühlen, die wir gemeinsam haben.

    ( Ruth Bebermeyer )
    
Von Herzen geben: Das Herz der gewaltfreien Kommunikation

    ❤️

  3. Erika

    Nichts passiert, das ohne Sinn wäre. Auch wenn es schmerzhaft und leidvoll ist. Ihr seid auf einem guten Weg und ich wünsche euch, dass er noch besser und leicht wird.

  4. Conny Grossenbacher

    Stimmt..und dies ist der einzige richtige Weg um nicht unterzugehen..
    Ging mir im 2016 genauso..ich habe viel dazugelernt und sage öfters Nein..ohne schlechtes Gewissen. Weiter so..es chunnt guet :-*

  5. Emily J.

    …und dan trifft man Menschen, die sagen „Mann, du hast dich aber verändert“ und man denkt: Stimmt!

    Alles Gute 🙂

  6. 365tageimleben

    Klug gesprochen und so wahr!

    Liebste Grüße Ela

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