von süss bis ungeniessbar

Listenmensch

Seit drei Jahren habe ich nun meine kleine Fellnase Ellie an meiner Seite. Meilen entfernt von gefährlich, dafür umso lauter. Sie erfüllt das typische Klischee: Was mit Körpergrösse nicht erreicht werden kann, macht sie halt mit der Klappe. Alles, was ihr gefährlich erscheint, wird angebellt. Und im Rudel ist sie definitiv die Lauteste, auch wenn sie die Kleinste ist. Typisch!

Ihr seht, mein Hund ist schon optisch einer von der brandgefährlichen Sorte. Und obwohl sie vollkommen harmlos ist, habe ich doch bei der Anschaffung von Ellie einen Kurs besucht und mir eine Hundetrainerin genommen, um zu lernen, wie man richtig und sozial mit einem Tier umgeht. Schliesslich hatte ich Ellie aus dritter Hand und das kleine Tier hatte mit einigen Altlasten zu kämpfen. Was mir dabei zugute kam ist die Tatsache, dass Ellie kein gefährlicher Hund ist. Würde sie zubeissen, könnte man den Schaden reparieren.

Bekanntlich gibt es aber jede Menge Hunde, die bei einem Biss ganz schön üblen Schaden anrichten könnten. Und der Mensch hat beschlossen, die besonders „gefährlichen Kampfmaschinen“ auf einer Liste aufzuschreiben und diese Hunde „Listenhunde“ zu nennen. Ja, derselbe Mensch, der die obligatorischen Hundekurse abgeschafft hat, findet auch, dass es Hunde gibt, die auf eine „gefährlich Liste“ gehören. Und diese Hunde werden mit vielen Auflagen belegt – oder eben deren Halter. In manchen Kantonen in der Schweiz sind sie ganz verboten, in anderen dürfen sie nur mit Maulkorb aus dem Haus. Wiederum andere halten die Gesetze so locker, dass jeder sich so einen Hund anschaffen kann. Und DAMIT habe ich ein Problem. Nicht selten werden nämlich diese sogenannten Listenhunde von Menschen angeschafft, die selber auf eine Liste gehören würden. Menschen, mit einem grossen Ego und viel zu wenig Selbstwertgefühl. Menschen, die sich entweder über ihre PS-Boliden oder über ihre muskelbepackten Hunde definieren. Dabei ist es ihnen ziemlich schnuppe, was man tun müsste, um einem Hund gerecht zu werden. Sie missbrauchen ihn nur als Statussymbol und denken nicht im Traum daran, mit ihm zu trainieren, ihn auszulasten oder ihn zu lieben. Hauptsache, er sieht gefährlich aus und kann laut knurren. Und wenn diese falsch gehaltenen Tiere dann zubeissen, werden sie eingeschläfert. Aha!? Müsste da nicht der Halter eingeschläfert werden? Also wenn es schon Tiere gibt, die aufgrund ihrer Art und ihres Charakters auf Listen geführt werden, warum gibt es dann keine solchen Listen für Menschen? Ich würde auf meine Menschenliste all jene draufnehmen, die einfach keinen Plan haben, was sie einem solchen Tier antun, wenn sie es nicht richtig erziehen.

So kommt es auch, dass Listenhunde nicht selten durch mehrere Hände wandern, bis sie endlich ein Zuhause finden, wo man es ernst mit ihnen meint. Und leider kämpfen diese Hunderetter oft damit, dass sie die Altlasten und schlechten Angwohnheiten dieser Tiere fast nicht mehr korrigieren können. Und genau da muss man sich nicht schämen, wenn man Hilfe eines Profis in Anspruch nimmt. Im Gegenteil: Lieber Hilfe holen, bevor ein Tier vom Amt beschlagnahmt und eingeschläfert wird.

Ich werde nie verstehen, warum die meisten Halter (nicht alle, das möchte ich betonen!!!) solcher Kraftpakete einem Klischee entsprechen, wie man es einfacher nicht beschreiben könnte: Viel zu jung, selber muskelbepackt, mit fetten Halsketten und Basecaps und einem Ego, das vom Genfersee bis zum Bodensee reicht. Unter den Basecaps befindet sich leider nicht selten nur Vakuum! Aber die Kollegen finden den neuen Hundekollegen natürlich „voll geil“, „mega Maschine“ und wollen auch einen solchen haben. Tja, und dann geht das ganze Theater von vorne los.

Ich habe grundsätzlich keine Angst vor Hunden – aber ich habe Angst vor Haltern, die ihr Muskeltier mit einer gefährlichen Halstkette versehen, anstelle einer Leine ebenfalls eine Kette in der Hand halten und es lustig finden, wenn sich das Tier beinahe erhängt, weil es derart knurrend und bellend versucht, sich beim Spaziergang zu befreien. Diese Halter möchte ich regelmässig ganz gerne mit einer Kette um den Hals versehen und … naja … ihr wisst schon!

Hunde werden nicht böse geboren … und sie werden auch nicht mit einer Liste am Hintern geboren – sie werden zu dem gemacht, was der Mensch fabriziert. Und das ist kurz und knapp einfach ganz oft nur Mist. Drum, ihr lieben Hunderetter – holt euch Hilfe, wenn euch eure kräftigen Fellnasen das Leben schwer machen, weil sie falsch geprägt wurden.

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7 Kommentare

  1. frida

    Ich hatte einen sogenannten Kampfhund schon als Baby von 12 Wochen 1994 – 2005 dann ist sie an krebs gestorben. Sie war mir das liebste auf der Welt

    • modepraline

      Die sind ja auch eigentlich das Liebste auf der Welt, wenn man sie nicht verkorkst. Tut mir leid, dass Du sie nicht mehr hast.

      • frida

        Ich werde sie nie vergessen

  2. tierlifruend

    Da bin ich zu 100% bei Dir, obschon wir auch eine kleine Kampfmaschine haben 🙈
    Wirklich super geschrieben 👍🏼

  3. miasraum

    Ich dachte erst, dass ich so ein/zwei Passagen kopiere und dann hier einfüge und kommentiere, weil ich schon wirklich schmunzeln musste, aber nachdem ich jetzt den ganzen Beitrag gelesen habe, fiel es mir schwer. Ich müsste nämlich den ganzen Beitrag kopieren:-) Also lasse ich ihn oben stehen und spreche dir ein großes Lob aus: Ein ganz toller Beitrag, den ich sofort so unterstreichen würde. So ist es!

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