von süss bis ungeniessbar

Pippi Langstrumpf 2.0

Wie habe ich als Kind die Geschichten und Filme von Pippi Langstrumpf geliebt. Die freche Göre, die nach ihren eigenen Regeln gelebt und sich ihr Leben so geformt hat, wie sie es gerne haben wollte. Ich habe sie bewundert – und: Ich tue es heute noch! Ich wollte immer sein wie Pippi. Zu werden wie Pippis Freundin Annika war meine Horrorvision.

Dann kam der Alltag des Lebens und ich fand mich auf einmal in der Annika-Spur wieder. Zwischendurch kamen aber immer wieder Pippis Gedanken und Allüren durch und das fühlte sich gut an. Der gesellschaftliche Druck fühlte sich lange wie ein Damoklesschwert über mir an. Ich hatte Angst, immer mehr zu einer Annika zu werden … angepasst und immer schön auf dem Weg. Und dann, als der Druck irgendwann zu gross wurde und es mir nicht mehr gut ging, da habe ich entschieden: Ich bin im Herzen eine Pippi und will leben wie eine Pippi.

Das Leben hält für uns unendlich viele Steine (manchmal sind es sogar Berge) bereit, die es zu überwinden gilt. Da muss man sich doch nicht selber noch mit selbstgebastelten Regeln, Rastern, Erwartungen und alten Zöpfen kasteien. Jeder sollte sich seine Welt so machen können, wie sie ihm gefällt! Schliesslich haben wir alle nur ein Leben – und das ist zu kurz, um immer anderen gefallen zu wollen. Man sollte auch nur sich selber genügen müssen; so wird man zufrieden und glücklich.

Wie oft höre ich bei Gesprächen mit anderen Menschen die Sätze: „Ich sollte noch“, oder „Ich kann doch nicht“, oder „Ich würde gerne“, oder „Wenn ich könnte“. Stelle ich die Gegenfrage: „Und was spricht dagegen?“, dann kommen meist Antworten wie: „Man kann doch nicht“, oder „Weisst Du, was man da denken würde?“, oder „Das tut man doch nicht“. Aha!

Ich habe schon als Kind nie verstanden, wer das „man“ definiert und warum dieses „man“ so verdammt viel Gewicht hat, dass man danach leben soll. Ich kenne „man“ nicht und mich interessiert „man“ auch nicht mehr. Mein Anspruch ist lediglich, dass ich MICH im Spiegel ansehen und sagen kann: „Hat Spass gemacht“, oder „War okay“, oder „Das würde ich wieder tun“. Alles, was ich gerne gemacht hätte, mich aber nicht traute, sind verpasste Chancen im Leben. Schliesslich hat Pippi auch einfach gemacht. Dinge, die sie nicht kannte, hat sie einfach getan, getreu dem Motto: „Das habe ich noch nie gemacht, also wird es schon gutgehen!“

Mit 52 sich täglich mehr auf das Pippi-Dasein zu besinnen, mag für viele total bescheuert klingen. Das macht aber nichts. Bescheuert klingt für mich nämlich schon wieder um Welten spannender, als normal. Ich weiss noch nicht, wie meine kleine Enkelin ihre Pippi-Oma finden wird, wenn sie grösser ist. Aber ich werde ihr ganz bestimmt nicht beibringen, dass „man“ Dinge tun muss, weil „man“ das immer so gemacht hat. Von mir wird sie eher lernen, dass sie auf das eigene Herz hören soll und Dinge so machen soll, wie sie das für richtig hält. Dann geht sie irgendwann nämlich ihren Weg … nicht den von Annika!

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10 Kommentare

  1. theomix

    Von der Schreibe her bist du schon immer eher bei Pippi L. als bei Annika.

    • modepraline

      Dann ist das Ziel ja erreicht! Hurra!!! 🙂

  2. Mrs Postman

    Ich mochte Pippi schon als Kind nicht. Ich hab sie auch nicht bewundert. Sie hatte Superkräfte und einen Haufen Kohle, nicht so schwierig, unter den Voraussetzungen cool und selbstsicher zu sein. Ich finde Annika viel bewunderungswürdiger. Die macht alles mit, obwohl sie ständig Schiss hat.
    Nee, Pippi Langstrumpf war nie mein Vorbild, Leute, die immer alles schaffen, was sie wollen, und nie Probleme haben, waren mir schon immer unsympathisch 😉

    • modepraline

      Wie gut, dass nicht alle denselben Geschmack haben … was wäre die Welt sonst langweilig! 🙂

      • Mrs Postman

        Du sagst es 😊. Allerdings hat mir in einer ähnlich gelagerten Diskussion mal jemand geraten, doch mal die Bücher zu lesen. Ich kenne nämlich nur die Filme und die Film-Pippi sei wohl nicht unbedingt dieselbe wie die aus dem Buch. Film-Pippi ging mir immer ziemlich auf die Nerven 😉

      • modepraline

        Ich fand die Bücher und die Filme cool – aber auch da sind die Geschmäcker verschieden. Wer möchte nicht gerne mal eine Pippi sein?? 🙂

      • Mrs Postman

        Vielleicht war ich als Kind schon von der realen Welt zu desillusioniert 😉😜
        Meine Mutter hat mich übrigens nach einer ihrer Kinderbuch Heldinnen genannt. Die Bücher habe ich dann natürlich auch gelesen. Die „Bettina“ Reihe von H.E. Seuberlich. Da ging es mir ganz ähnlich, ich fand diese Bettina eher unsympathisch. Dabei war das bei der gar nicht so wie bei Pippi, der gelang durchaus nicht alles auf Anhieb. Aber letztlich war sie eben doch immer erfolgreich.
        Nee, gefiel mir damals nicht, dass ich nach der heiße 😉

  3. Ingwer

    “ dass „man“ Dinge tun muss, weil „man“ das immer so gemacht hat“
    Aber Dinge, die sich bewährt haben, kann man wiederholen.

  4. Silgil

    Richtig, jeder ist sich selbst der Nächste.
    Alkes was ich mit meinen Gewissen verantworten kann und gut tut, tue ich.
    Wer will kann mitmachen. Warten bringt nichts, die. Uhr tickt.
    Lebe um zu leben und nicht um zu gefallen all den Normen.

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