von süss bis ungeniessbar

Eine Frau – 1 Million Geschichten

Ich habe in diesem Jahr meinen Geburtstag seit langem das erste mal nicht mit meiner Familie verbracht. Ja, richtig! Ich habe mir einen Egotrip mit einer lieben Freundin gegönnt und bin zum Wellness-Shopping-Essen-Trinken-Schwatzen aufgebrochen.

Im weltbesten Wellnesshotel, welches im Verlauf der Jahre fast mein zweites Zuhause wurde (und das meiner Familie) gibt es diese eine Frau. Angekommen im letzten Drittel des Lebens ist sie alles andere als müde. Und sie hat mich vom ersten Tag an fasziniert. Mir und meiner Freundin wurde die Ehre zuteil, mit ihr einen Abend an der Bar zu verbringen und ihren Geschichten zu lauschen – und dies, nachdem sie seit dem Lockdown nie mehr einen Abend an der Bar verbracht hat. Noch einmal danke dafür, meine Liebe!!! 🙂

Ist es nicht faszinierend, dass sie vor Jahren mit ihrem Gatten im Bauernhof 9 Gästezimmer mit Fliesswasser gemacht hat, die immer gut gebucht waren? Nein, das allein ist noch nicht wirklich faszinierend. Wer aber noch nie in diesem Hotel war, der muss wissen, dass dieses riesige Anwesen heute insgesamt 430 Gäste gleichzeitig bewirten kann. Und die Belegschaft besteht aus 300 stolzen Mitarbeiter-/innen. Und all das hat diese Frau gestemmt – sie war zu Beginn für alle Bereiche gleichzeitig verantwortlich, hat jeden Abend die Gäste persönlich begrüsst (und zwar jeden) – hat den ganzen Garten bewirtschaftet und … ach ja, da war doch noch was: Sie hat noch drei wunderbare Kinder grossgezogen – so ganz nebenbei. Zwei davon sind inzwischen bereits nachgerückt und haben die Führung der unglaublichen Wellnesstitanic übernommen – zusammen mit einer weiteren tollen Frau, die in die Familie eingeheiratet hat.

Seit Jahren begleitet uns diese Familie und wir begleiten sie. Und es ist mir ein Rätsel, wie eine Frau – angekommen im Herbst des Lebens – nach wie vor sprüht vor Energie, jeden Tag im Garten mit Gummistiefeln und Gartenjacke anzutreffen ist und nicht die Bohne von Müdigkeitserscheinungen zeigt. Und was sie in all den Jahren erlebt und erschaffen hat, das würde nicht nur eine Million Geschichten geben … es wäre genug spannendes Material, um es zwischen zwei Buchdeckel zu packen. Für ihre Nachkommen und für alle, die staunen über dieses Wunderwerk, welches hier im schönen Österreich von einer Frau mit ihrem Gatten und einer ganzen Familie vollbracht wurde. Und 300 zufriedene Mitarbeiter sind wohl Grund genug, um dieser Familie mehr als ein Kränzchen zu winden.

Ich werde wiederkommen, sobald wie möglich – und ich wünsche mir, dass diese wunderbare Frau ihre Geschichten irgendwo festhält, damit sie nicht vergessen oder verloren gehen. Sie gehören nämlich wirklich als gesammeltes Werk niedergeschrieben: Für alle, die nicht daran glauben, dass mit viel Fleiss und Disziplin unglaubliche Dinge möglich sind – und für alle jene, welche die Geschichten irgendwann nicht mehr von der unermüdlichen Frau persönlich erzählt bekommen werden. Das wünsche ich mir sehr 🙂

Danke Martha.

www.schwarz.at

Alltagsallergie

Da komme ich total entspannt, frisch renoviert und gerade gerichtet nach vier wunderbaren Wellnesstagen nach Hause und will noch ganz lange von den schönen Erinnerungen zehren. Leider macht mir da mein Rücken einen Strich durch die Rechnung. Einfach so, aus dem Nichts – beim Sitzen – macht es auf einmal ganz übel AUTSCH und mein Kreuz fühlt sich an, als ob ich 100 Kilo gehoben hätte. Laufen tut weh, Sitzen tut weh, Liegen tut weh, Stehen tut weh und Husten treibt mir die Tränen in die Augen. Das gibt es doch gar nicht.

Ich überlege, was ich denn getan haben könnte. Also: Koffer ausgepackt, Wäsche in die Waschküche verfrachtet, mit dem Hund draussen gewesen, Tisch aufgedeckt, Kleider versorgt und sonst noch gefühlt 50 Alltagsdinge halt.

Aber nichts hat sich akut überlastend angefühlt. Der Schmerz kam danach beim Sitzen und ist seither da – und er lässt mich aussehen wie eine 100-Jährige. Ich habe Mühe bei jeder Bewegung und frage mich die ganze Zeit, was ich wohl falsch gemacht habe. Eigentlich gibt es dafür nur eine logische Erklärung: Mir ging es im Wellness hervorragend und ich war rundum pudelmunter und fit. Ich komme wieder in den Alltag und … AUAAAAAAA!!! Also kann es sich dabei eindeutig nur um eine Alltagsallergie handeln. Vielleicht bin ich ganz einfach nicht für den Alltag konzipiert?! Möglicherweise bin ich eine Fehlkonstruktion, die nur dann perfekt läuft, wenn sie im Ausnahmezustand (sprich Ferientage) ist. Oh je – jetzt habe ich den Salat.

Ob die Rückenschmerzen sich verziehen, wenn ich ein Antiallergikum schlucke? Auf dem Beipackzettel steht aber eben nichts von Alltagsallergie. Da steht nur Pollen, Haare und Staub. Das dürfte also nicht die Lösung sein. Und ich habe auch schon versucht, so zu tun, als ob ich nicht im Alltag wäre. Mein Rücken hat mich aber sofort in die Realität zurückgeholt. Selbst die Tasse mit dem Kaffee lässt mich zucken, wenn ich sie hebe. Und Kaffee ist mein Muntermacher in der Freizeit und im Alltag.

Ich versuche grad, ganz tapfer nicht in den Alltagsblues zu verfallen – schliesslich ist nicht jeder Tag Wellness. Ob mein Rücken das auch noch kapieren wird, werden wir sehen. Ich möchte aber jetzt einfach gerne bedauert werden …

Der Festivalsommer 2017 geht zu Ende

Eine Kleinstadt in meiner Region hat ein umtriebiges Völkchen an Rockmusikfans. Diese organisieren jährlich ein beachtliches Rockfest, welches zunehmend gross und grösser wird. Dabei werden unendlich viele Stunden Arbeit und ein grosses Engagement aller Beteiligten ehrenamtlich geleistet. Einfach aus Spass an der Musik, am Zusammensein und weil man mit Musik bekanntlich am meisten Menschen erreicht.

Das Ganze hat sich zu einer riesigen Party gemausert, auf welche inzwischen eine riesige Fangemeinde begeistert wartet.

Solche Events kosten eine ganze Menge Geld, welches nicht vom Himmel fällt. Es müssen Sponsoringanträge gemacht werden, man ist auf den Goodwill vieler Musikfreunde angewiesen und so wird versucht, dieses Spektakel für alle zugänglich zu machen. In der Regel kosten nämlich solche Veranstaltungen den Zuschauer einen ganz schönen Batzen Geld in Form eines Eintrittstickets. Üblicherweise werden solche Eventgelände abgesperrt und rein kommt nur, wer ein Ticket hat.

Die Kleinstadt will das aber nicht und rechnet mit dem Verständnis und der Fairness der Besucher-/innen. Dafür spazieren Freiwillige mit Buttons durchs Gemenge und bieten den Besuchern einen Button für CHF 8.— (!!!) an. Der Kauf ist freiwillig und unterstützt die anfallenden Kosten zu einem winzigen Teil. Und man müsste meinen, dass es Ehrensache ist, einen solchen Button zu kaufen, wenn man schon eine Party geboten bekommt. Das ist aber lange nicht für alle Ehrensache. Was die Helfer da zum Teil erleben, verschlug selbst mir die Sprache.

Beispiele gefällig?

„Was quatschst Du mich voll?“
„Ich kann mein Bier trinken, wo ich will. Dafür brauch ich keinen Button.“
„Verpiss Dich mit Deinen blöden Buttons.“
„Ich habe selber eine Behindertenrente und das ist schliesslich ein Fest für Behinderte.“

Mit solchen Pöbeleien werden die frewilligen Helfer-/innen konfrontiert und das, nachdem sie bereits stundenlange Vorarbeit auf dem Buckel haben und all dies letztlich tun, um ein Musikfest von Menschen für Menschen auf die Beine zu stellen.

Mich überrascht nicht, dass die Festivals immer mehr um ihre Existenzen kämpfen müssen. Schliesslich müssen die Kosten gedeckt werden und es gibt so gut wie keine unentgeltlichen Anlässe mehr. Otto Normalverdiener kann sich aber eben auch nicht einfach so einen Festivalpass für 200 Franken leisten … und so kämpfen im Sommer unzählige Veranstaltungen um Besucher. Und wenn dann eine Stadt das Ganze nach wie vor auf der Basis „von uns für ALLE“ macht, dann sollten solche Reaktionen eigentlich verboten sein. Aus Anstand, Fairness und einfach, weil man sowas nicht tut. Es könnte sonst nämlich auf einmal passieren, dass es solche Anlässe einfach nicht mehr gibt – und dann wäre das Gejammere wohl noch grösser. Drum Memo an alle: Wer nächstes Jahr wieder am „Rock am Märetplatz“ dabei sein will, soll die CHF 8.– bitte schon beim Anmarsch bereithalten. Viel Spass an solchen und ähnlichen Events!

 

 

Rettung schafft Abhängigkeit

Ich habe mir in letzter Zeit bei all den vorherrschenden Themen auf der Welt sehr viele Gedanken über Rettung und Hilfe gemacht. Flüchtlinge werden von Ländern gerettet und aufgenommen, Arbeitslose werden von grossherzigen Arbeitgebern wieder beschäftigt und in den Arbeitsprozess integriert, schutzlose Tiere werden gerettet und resozialisiert.

All dies sind wunderbare Taten, Eigenschaften und Charakterzüge. Aber was ist danach? Was zieht eine Rettung – egal welcher Art – für Gefühle und Erwartungen nach sich? Und zwar auf beiden Seiten! Weiterlesen

Chaotin trifft auf Ordnungsfreak

Mal angenommen, ich arbeite in einem neuen Umfeld. Schöner Gedanke! Mal angenommen, dass ich dort in ein bereits bestehendes Raster komme. Schwieriger Gedanke! Warum? Ganz einfach:

Bei mir liegt am Arbeitsplatz während meiner Einsatzzeit überall etwas rum. Hier ein Bleistift, da ein Notizblock, dort ein Locher, daneben ein Radiergummi – nicht zu vergessen die Brille und mein Handy. Und wenn ich mich für eine Minute vom Platz entferne, um die Hände zu waschen, dann kommt ganz bestimmt genau in diesem Moment ER. Nennen wir ihn Scheff. Klingt cool! Einziges Problem: Scheff ist ein Ordnungsfreak. Also wird in Windeseile mein wunderschönes Chaos aufgeräumt und ich komme zurück und muss wieder von vorne anfangen. Schliesslich finde ich jetzt meine Brille nicht mehr, kann ohne die Brille nichts mehr lesen, suche verzweifelt den Notizblock und fluche, weil mein Handy auf einmal verschwunden ist.

Wie soll man den Überblick über das eigenen Chaos behalten, wenn der Scheff im Vorbeigehen immer alles sofort wieder ordnet? Und meine hübschen Notizzettel, welche ich mit Magneten an den Magnetstreifen über dem Pult hänge, ordnet der Scheff so, dass sie in regelmässigen Abständen genau gerade in Reih und Glied hängen. Hä? Und auf dem Desktop des Computers sind meine wunderbar kreativ abgelegten Dokumente auf einmal im Abstand von jeweils 7,5 mm nebeneinander sortiert. Wie kleine Soldaten glotzen sie mir entgegen. Wozu?????

Der Scheff versucht täglich gefühlte 20 mal, meine Kreativität mit seinem Ordnungsfimmel zu killen. Und ich bin inzwischen schon froh, wenn er mich nicht während der Arbeit mit dem Glasputzmittel und dem Wischtuch vom Pult fegt, weil er auch Fingerabdrücke nicht ausstehen kann. Wie bringt man einen Ordnungsfreak dazu, das organisierte Chaos zu schätzen? Oder: Muss ich nun ordentlich werden? In meinem Alter noch? Ach Du meine Güte, das wäre ja schrecklich…

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