von süss bis ungeniessbar

Ein Jahr Long Covid Patient

Ein lieber Bekannter, dessen Stimme die halbe Schweiz aus dem Radio kennt, feiert heute sein Einjähriges – oder nein, er feiert es eben nicht, weil ihm die Kraft zum Feiern auch nach einem Jahr noch fehlt.

Ein Jahr ist es her, seit er die Diagnose Long Covid bekam. Und man müsste meinen, dass es doch in dieser Zeit möglich sein sollte, sich wieder zu erholen. Nun ja, es gibt bestimmt welche, bei denen das möglich ist. Bei ihm leider nicht. Und er gehört weder zum alten Eisen, noch zur vulnerablen Gruppe, noch ist er ein Impfgegner. Ihn hat es erwischt, als die Impfung schlicht noch kein Thema war. Und als er dachte, es sei überstanden – da ging die Odyssee erst richtig los.

Covid überstanden, frischt geputzt und bereit für den Alltag – dachte er. Da hat aus dem Hinterhalt nämlich der Long Covid Hammer zugeschlagen. Und auf einmal war nichts mehr, wie es einmal war.

Mit Erschöpfung, Konzentrations- und Atemproblemen kam der totale Breakdown vor einem Jahr. Nichts ging mehr. Der Job, die Freizeitaktivitäten, die Freunde, die Familie – alles Fehlanzeige. Da war nur noch Müdigkeit, Kraftlosigkeit und eine unfassbare Leere.

Damals bestand noch die Hoffnung, dass es zeitnah besser werden würde. Da war mal die Rede von ein paar Monaten. Nun ja, ein Jahr sind auch ein paar Monate – ziemlich genau zwölf an der Zahl. Und in diesen zwölf Monaten waren sogar einige dabei, die er in einer Kur verbrachte. Dort wurde seiner Krankheit speziell Rechnung getragen und er wurde umsorgt, um wieder ins Leben starten zu können.

Und heute? Heute hat er auf Facebook folgenden Post gemacht:

„Ihr Lieben. Ich begehe heute den ersten Jahrestag meiner Long Covid Erkrankung. Feiern kann ich ihn ja nicht. Ich wünsche mir, dass ich wieder Treppen steigen kann, ohne nach 5 Stufen ausruhen zu müssen. Ich wünsche mir Tage, an denen ich nicht überlegen muss, ob die Kraft nach dem Einkauf noch reicht, meinen besten Freund Mario zu besuchen. Ich wünsche mir Tage, an denen mein geliebter Job als Moderator nach der dritten Sendestunde nicht zur Strapaze wird, weil ich mich kaum noch konzentrieren kann. Ich wünsche mir Energie zurück.
Energie, die Leben heisst.
Long Covid ist, wie es der Name sagt, eine lange Krankheit. Und die wünsche ich mir nicht. Die wünsche ich keinem.“

Lieber Christian – all das wünsche ich Dir auch – von ganzem Herzen! Und weil ich weiss, wie sehr Du an Deinem Leben, Deinem Job und allem, was dazu gehört hängst, hast Du es sowas von verdient, Deine alte Form zurückzubekommen. Du hast recht – man wünscht diese Krankheit niemandem. Wenn ich aber den Impfgegnern bei Ihren Demonstrationen zusehe und den Superschlauen bei ihren Rundumschlägen gegen die Medizin- und Pharmagiganten zuhöre, dann muss ich unweigerlich jedesmal an Dich denken. Es kann jeden treffen – egal wie alt, wie fit, wie hübsch, wie schlau, wie interessiert oder gebildet.

Danke Christian, dass Du aus Deiner Erkrankung nie ein Geheimnis gemacht hast – wer weiss, vielleicht konntest und kannst Du damit doch noch den einen oder anderen dazu bewegen, sich impfen zu lassen.

Ich schicke Dir eine Wagenladung Energie – für jeden Tag ein bisschen mehr! 🙂

Eine fiese Vorstellung

Alle, die hier immer mitlesen, kennen meine Meinung zum Thema Impfen. Und ja, ich vertrete eine extrem klare und für viele Menschen unverständlich militante Meinung. Mit Ungeimpften will ich nämlich einfach nichts mehr zu tun haben. Ziemlich schnell erklärt.

Jene, die sich auf Biegen und Brechen einfach nicht vorstellen können, wie man so extrem sein kann, denen möchte ich folgendes für ihren Denkapparat mitgeben:

Stellt euch vor, ihr begleitet einen geliebten Menschen über Jahre auf einem schwierigen Weg einer unheilbaren Krankheit. Ihr tut dies im Wissen, dass jeder Tag ein Geschenk ist. Ihr tut dies auch im Wissen, dass die unfassbar hochentwickelte Medizin und Chirurgie das Leben dieses Menschen schon mehrfach retten und damit auch verlängern konnte. Dies sogar mit einer guten Lebensqualität. Und dann … kommt da auf einmal die Gewissheit, dass bei einem Vorfall zum jetzigen Zeitpunkt eine Rettung schlicht nicht möglich wäre, weil die einzigen beiden Krankenhäuser der Schweiz, welche die Apparaturen und die Chirurgen dafür hätten, leider ihre Intensivstation gefüllt haben mit Covidpatienten. 90% dieser Patienten sind ungeimpft. Im lapidaren Klartext würde das also bedeuten, ihr müsstet euren geliebten Menschen quasi „opfern“, weil dort ein Ungeimpfter einen Platz blockiert, der nicht hätte blockiert werden müssen.

Rattert es bereits im Kopf?

Alleine diese Vorstellung zieht mir den Magen zusammen und lässt mich innerlich kochen. Ich habe in meinen Albträumen schon Menschen die Beatmungsschläuche aus dem Hals gezogen, um meinen geliebten Menschen retten zu können. Ja, solche Gedanken kommen einem auf dem langen Weg einer unheilbaren Krankheit.

Ich für meinen Teil kann nur einmal mehr betonen: Wer sich bewusst und grundlos entscheidet, sich nicht impfen zu lassen, dürfte keinen Anspruch auf ein Bett der Intensivstation eines Krankenhauses haben. Da wäre ich knallhart. Es gibt nämlich ausser Covid jede Menge tödliche, gefährliche und fiese Krankheiten, welche für die Betroffenen einen Aufenthalt auf der Intensivstation nötig machen. Diese Patienten haben im Vorfeld die Wahl nicht, ob sie diese Krankheit bekommen möchten oder nicht. Sie werden davon einfach überfallen. Es gibt nämlich keine Impfung gegen Krebs, Herz-/Kreislauferkrankungen oder andere schlimme und bedrohliche Krankheiten. Bei Covid hat man die Wahl – man kann sich impfen lassen. Zwar ist man nicht 100 vor einer Ansteckung geschützt, aber der Krankheitsverlauf sollte zumindest so sein, dass man keinen Platz auf der Intensivstation braucht. UND DAS IST DOCH WOHL GRUND GENUG!!

Gibt es jetzt immer noch Leute da draussen, die es nicht verstehen??

Leben heisst Veränderung

Es gibt in meinem Blog mehr als einen Beitrag über meine Abneigung gegen Meerferien. Strand, Sand, Sonne, Wärme und Meer – alles Dinge, mit welchen man mich jahrelang erschrecken konnte. Ich habe es deshalb gemieden wie der Teufel das Weihwasser.

Und dann kam Corona – und mit dem fiesen kleinen Virus kam das Leben während 16 Monaten zu Hause. Viel zu gefährlich wäre alles andere gewesen. Zum Schutz des Göttergatten und der ganzen Familie haben wir uns restriktiv an alle Regeln gehalten und uns sogar noch strengere Massnahmen auferlegt. Und damit kam mein Umdenken.

Ich schaute mir Bilder von schönen Hotels am Meer an – von Stränden, von Palmen und von Veränderung. Ich träumte mich während dieser langen Zeit an Orte, bei denen ich vorher in einen Schockzustand verfallen wäre. Und als wir uns impfen lassen konnten, da fiel mir ein Stein vom Herzen.

Wir wissen, dass die Impfung uns nur mässig schützt – aber wir haben damit ein ziemlich grosses Stück an Freiheit zurückgewinnen können. Und wir haben beschlossen, der Lebensuhr nicht mehr zu Hause beim Ablaufen zuzusehen, sondern die Lebenszeit zu füllen mit allem, wonach uns gerade ist. Natürlich immer im Wissen, dass es jederzeit vorbei sein kann. Das Virus lauert an jeder Ecke – aber wir haben trotzdem angefangen, wieder die Grenzen zu sprengen. Unsere eignen und jene der Schweiz. Und was ist dabei passiert? Ich bin mit dem Göttergatten an Orte gereist, an welche ich mich vorher nicht mehr getraut habe oder die ich zum voraus schon ausgeschlossen hatte. Entweder weil mental zu schwierig, zu nass, zu weit, zu warm oder warum auch immer.

Was lerne ich mit meinen 54 Jahren nun daraus? Das leben besteht dauernd aus Veränderungen. Und es passieren Dinge, die man nicht planen kann.

Die Modepraline ist also seit neustem ein Fan vom Meer. Meine Angst vor Fischen ist weg – ich habe keine Ahnung warum dem so ist. Ich kann gefühlt stundenlang im klaren Meerwasser stehen und den Fischen um mich herum beim Schwimmen zuschauen. Fasziniert und zufrieden. Und ich lege mich in die Sonne und finde es nicht mehr ätzend. Ich spüre den warmen Sand unter meinen Füssen und es stört mich nicht mehr, wenn sich mein Liegestuhl danach sandgestrahlt anfühlt. In meinem Fundus hat es inzwischen sogar Sonnencrèmes und Aftersun.

Hätte mir vor 5 Jahren jemand gesagt, dass ich das einmal auf meinen Blog schreiben würde, dann hätte ich ihm den Vogel gezeigt. Niemals!

Und nun? Es hat sich einiges verändert in unserem Leben. Und wir leben jetzt nach der Devise: Wir nehmen jeden Tag als Geschenk und wir füllen die Zeit mit allem, was wir dürfen, können und tun wollen. Zu Hause darauf warten, dass uns alle einmal das Ende ereilt, darauf haben wir keine Lust mehr. Ja – das Ende kommt früh genug. Und bis dahin darf es ruhig noch ein paarmal das Meer sein.

Hallo Leben!

Hätte mir vor anderthalb Jahren jemand gesagt, dass die Gastronomie das Leben rockt, hätte ich gesagt, dass man dann wohl einen sehr engen Horizont haben muss. Und was merke ich nun? Mein Horizont in den letzten unendlich langen Monaten war eng. Sehr eng. Also eigentlich von unserer Gartenhecke bis zur Küche und wieder zurück …

Und am Sonntag haben der Göttergatte und ich (selbstverständlich beide vollständig geimpft) unseren Horizont mit einem kleinen Paukenschlag wieder geöffnet. Für andere ein Witz – für uns ein grosser Schritt ins normale Leben. Wir waren gemeinsam im Restaurant unter freiem Himmel und haben bestellt, worauf wir gerade Lust hatten. Wir haben all die fröhlichen Menschen beobachtet, den Gesprächen gelauscht, das rege Treiben auf dem Kinderspielplatz beäugt und uns köstlich amüsiert. Es hat sich angefühlt wie die Rückkehr des Lebens (das klingt nun etwas abgedroschen … wie ein Film aus der Küche Hollywoods).

Tags darauf kam dann der nächste grosse Schritt: Einladung zu einem Hochzeitsfest – und demzufolge einige Menschen, die wir weder kannten noch von uns fern halten mochten. Auch dies hat im Freien stattgefunden. Klar, Desinfektionsmittel immer griffbereit … obwohl ich zu meiner Schande gestehen muss, dass mein vermeintliches Desinfektionsmittel sich als Hygienewaschlotion herausgestellt hat und der Göttergatte und ich anschliessend klebrige Seifenhände hatten. Shit happens!

Wir haben gefühlt stundenlang gelacht – dem bunten Treiben der Hochzeitsgäste zugeschaut, der kubanischen Musik gelauscht, getanzt und das Leben gefeiert. Und ich habe nach Monaten das erste mal zwei Menschen umarmt, die nicht zu meinem engsten Familienkreis gehören. Ich gebe zu, ich war verunsichert … soll ich, oder soll ich nicht? Und dann hab ich es einfach getan, und habe es genossen. Ein wunderbar neues Gefühl! Zugegeben: Im Bauch immer ein etwas mulmiges Nebengeräusch dazu … ob das für immer bleiben wird?

Covid ist noch lange nicht vorbei – das wird es vermutlich auch nie. Es gehört zu uns und unserem Leben und wir werden uns arrangieren lernen. Der Moment für die totale Fahrlässigkeit wäre der falsche – aber das Gefühl, wieder ein Stück Leben zurückzubekommen, ist definitiv wunderbar. Und weil es so schön ist … heute gleich nochmal … Restaurantbesuch mit den langjährigsten Freundinnen, die ich auch schon seit Monaten nicht mehr umarmt habe. In meinem Fall ist es so, dass ich auf die Küsschen hier und Küsschen da gut verzichten kann – die brauchen für mich nicht mehr zurückzukommen. Aber eine Umarmung wärmt die Seele schon ungemein. Ach ja: Auch das Pfotenschütteln muss nicht mehr sein. Ich will mich danach nicht dauernd mit der versehentlich gekauften Hygienewaschlotion einschmieren müssen – und dieses kleine Fläschchen mit der blauen Flüssigkeit (im Optimalfall Desinfektionsmittel) wird mein Begleiter bleiben.

Welcome back to life 🙂

Shame on you!!!

Wer den angehängten Artikel liest, das Interview dazu hört und dann findet, dass der Mann vollkommen recht hat – der soll sich doch bitte augenblicklich und noch viel schneller aus meiner Liste der Follower entfernen. Ich möchte mit solch ignoranten, bildungsfernen und moralisch am Abgrund stehenden Menschen NICHTS zu tun haben. Schämen Sie sich, Herr Vogt!

Meine Güte bin ich wütend … wie kann man nur so dermassen kaputt sein, dass man solche Aussagen macht wie dieser Mensch??? Und wie soll eine Wirtschaft gesunden, wenn die Leute, welche diese Wirtschaft tragen (also die 20 – 60jährigen) dann reihenweise aus den Latschen kippen, weil das Virus erbarmungslos zuschlagen kann. Denken solche Ignoranten überhaupt noch nach, bevor sie den Mund aufmachen???

Wir haben alle ein Recht auf Unversehrtheit … und solange nicht jedermann Zugang zu einer Impfung hatte, der das auch will – solange steht für mich eine totale Öffnung ausser Frage. Alles andere wäre unfair!!!

https://www.srf.ch/news/schweiz/lockerungsschritte-gefordert-arbeitgeberverband-bis-zu-30-000-infektionen-pro-tag-liegen-drin?fbclid=IwAR3mOnhheok6Gy6PJSctD5402RKnkoP3DlWvBlritUbNhHmW-E-vwHfpe_A

Guck mal in den Spiegel!

Habt ihr euch im Jahr seit Corona auch schon mal im Spiegel studiert und dabei vielleicht dasselbe gedacht wie ich?

„Wo kommen auf einmal all die Falten her? Warum sieht mein Gesicht derart alt aus? Was ist mit meinem Gesichtsausdruck passiert? Warum nützen all die Antifaltenmasken und Crèmes nichts?“

Ich habe mich nie älter gesehen, als jetzt. Und ich habe für mich eine Erklärung gesucht, weil ich mich nicht so alt fühle, wie ich aussehe. Ich glaube, eine ziemlich einfache und logische Erklärung gefunden zu haben:

Ich bin grundsätzlich ein fröhlicher Mensch, der gerne lacht. In Gesellschaft laufe ich zur Hochform auf und schaffe es, dabei Tränen zu lachen. Ich bin gesellig und mag es, einfach irgendwo in einem Kaffee zu sitzen und den Leuten zuzuschauen. Dabei hier ein Schwätzchen, dort ein Grinser und ganz viel Witz darf dabei nicht fehlen. Ich finde, dass das Leben an sich ernst genug ist, als dass man zum Lachen in den Keller gehen sollte…

Seit Corona ist mir das Lachen ganz offensichtlich im Alltag ziemlich abhanden gekommen. Die Gesellschaft fehlt, die Abwechslung fehlt, die Kontakte fehlen, der Witz bleibt mir im Halse stecken und Tränen kommen mir höchstens ob der aktuellen Situation. Und da haben wir ihn, den KNACKPUNKT!!! Lachen aktiviert komplett andere Muskeln im Gesicht, als dies ein ernster Gesichtsausdruck tut. Es entspannt, es schüttet Endorphine aus und es hebt die gesamte Gesichtsmuskulatur optisch an. Was passiert also, wenn wir viel zu oft sinnierend zu Hause sitzen und sich die Gedanken im Kreis drehen? Wenn wir dabei im Extremfall sogar ständig auf die Zähne beissen und versuchen, die Situation einfach auszuhalten? Wir aktivieren eine Muskulatur, welche dafür sorgt, dass das Gesicht „hängend“ und müde aussehen lässt.

Falls ihr jetzt denken mögt, ich soll doch mehr Komödien schauen oder Witze lesen … NEIN, das ist eben nicht die Lösung – zumal ich bei Komödien selten wirklich lachen kann. Was ich zum Lachen brauche sind Menschen, ist das Leben, die Abwechslung, die lustigen Situationen aus dem lebendigen Alltag. Und all das fehlt, leider.

Ich denke, ich kann salben und Masken auflegen bis zum Erbrechen … es wird nichts daran ändern, dass mein Gesicht sich erst wieder entspannt, wenn die Situation sich wieder entspannt. So einfach habe ich die Erklärung für mich gefunden …

Und ihr so?

Schräges Gefühl

Ich war gestern seit Monaten das erste mal wieder in der hübschen kleinen Stadt am Jurasüdfuss, die bis vor Covid beinahe täglich zu meinen Spaziergängen gehörte. Sie ist also noch da, die hübsche Stadt namens Solothurn. Nachdem ich zuerst mit klein Ellie und dem Göttergatten durch die Einsiedelei (Verenaschlucht) spaziert bin, habe ich mich später mit dem Tochterkind und der kleinen süssen Enkelin am Stadttor getroffen. Und das Gefühl war … schräg.

Seit Monaten war ich nicht mehr in der schmucken Altstadt. Mein Radius hat sich auf unser Zuhause und Wald und Wiesen beschränkt. Und jetzt, wo mich das Tochterkind motiviert hat, mal wieder durch die Stadt zu bummeln, hat sich das zwar gut, aber auch schräg und nicht real angefühlt. Mit Maske im Gesicht und geschlossenen Geschäften und Restaurants liegt die Stadt im Dornröschenschlaf. Für die Kinder ist das der Hammer. Die düsen mit ihren Scootern durch die Gassen (unsere Kleine notabene genauso) und haben die Innenstadt kurzerhand zum Spielplatz umfunktioniert. Unsere kleine Rabaukin ist von Schaufenster zu Schaufenster gedüst und hat sich eingehend mit den Dekoartikeln in der Auslage unterhalten. Ob Hase, Bär oder Dinosaurier – ob Buch, Schuh oder Brillen – alles musste ausgiebig kommentiert werden. Und die Menschen, die fand sie besonders interessant. Vor allem die kleinen Menschen mit ihren Scootern und sonstigen Minigefährten. Und die Tauben – ein fester Bestandteil eines Stadtspaziergangs. In die kleinen Hände klatschen und lachen, wenn die Tauben mit den Flügeln schlagen und verschreckt durch die Gegend fliegen.

Mit dem kleinen Düsewind wird auch eine Stadt im Dornröschenschlaf zum Erlebnis – Kinder sehen Dinge, die wir oft nicht mehr sehen. Und die Kleine sieht sie sogar sehr genau und aufmerksam, denn bedingt durch Covid wächst sie bislang doch sehr isoliert auf. Sie kann sich nicht mit anderen Kindern messen, weiss nicht, wie ein Leben mit anderen Menschen ausserhalb des Familienverbunds funktioniert und findet es deshalb unglaublich spannend, sich in einem Rahmen zu bewegen, den sie bislang nicht wirklich kennt. Ob da die Geschäfte und Restaurants geöffnet sind, ist ihr egal. Hauptsache, sie kann mit ihrem Scooter durch die Gassen düsen und mit den Schaufensterdekorationen diskutieren.

Ich muss gestehen, dass ich mir niemals hätte träumen lassen, dass wir einmal in einer solchen Situation leben, die eher an einen schlechten Film erinnert, denn an unseren Alltag. Und ich wünsche mir sehr, dass sich das irgendwann wieder ändert. Aktuell sitzt mir aber die Angst vor den fiesen kleinen Mitbewohnern der Familie Corona doch sehr im Nacken. Ich merke, wie sehr ich mich überwinden muss, einen geschlossenen Raum (Apotheke) mit anderen Menschen zu betreten. Draussen ist für mich der Menschenkontakt kein Problem … aber Innenbereiche mit Menschen stellen mir die Nackenhaare auf.

Ob es irgendwann wieder weggehen wird, das schräge Gefühl … ?

Fritz, Klaus und Bertha …

… so heissen die drei ersten Bäume am Wegesrand einer meiner diversen Spazierrouten mit klein Ellie. Woher ich das weiss? Nun ja – Covid hat dazu geführt, dass meine Aussenaktivitäten sich ausschliesslich auf Spaziergänge beschränken. Alles andere ist zu gefährlich. Und was tut Frau, wenn sie seit Monaten täglich unzählige Schritte absolviert und dabei jede Route inzwischen in- und auswenig kennt?? Sie fängt an, den Bäumen, Sträuchern und inzwischen auch Schneemännern Namen zu geben. Warum? Nun ja, es fühlt sich persönlicher an, wenn ich weiss, dass ich jetzt bei Klaus vorbei gehe, als wenn ich einfach so ins Leere laufe. Bertha ist auch nicht immer gleich gut drauf – hängt sehr vom Wetter ab bei ihr. Manchmal lässt sie ihre Zweige ganz schön hängen – um sie dann tags darauf wieder in Richtung Himmel zu strecken.

Ihr macht euch Sorgen, dass ich den Verstand so langsam aber sicher verliere? Da seid ihr nicht alleine! Diese Sorge beschäftigt mich beinahe täglich. Was, wenn diese seit Monaten andauernde Situation unser „Alltag“ wird? Was, wenn das nun der kalte Krieg mit unsichtbarem Gegner ist? Als Familienmitglied von Risikopatienten fällt bei uns seit Monaten alles flach. Mit alles meine ich: Ausser Spaziergängen in der Natur geht gar nichts mehr! Klar, wir haben ein wunderbares Zuhause … aber wenn ich auf dem Klo sitze, dann taufe ich inzwischen sogar unsere Badezimmerfliesen – jede einzeln … der Mensch braucht Herausforderungen!!

Als kontaktfreudiger Mensch fällt es mir nicht immer leicht, die Bäume, Sträucher und Badezimmerfliesen als neue Kumpels zu akzeptieren. Und auf der anderen Seite denke ich: Hey, ich bin gesund – also KEIN GEJAMMERE! Dieser überschwenglich positive Groove hält in der Regel nicht mehr als ein paar Tage an. Dann muckst der kleine Jammerer in mir wieder auf und wird zum lauten Schreihals, der verdammt nochmal Mühe hat, diesen Dauerzustand positiv zu sehen.

Klar, ich habe auf meinen Spaziergängen ganz oft meine Familie oder eine Freundin dabei – und ich habe sogar schon mit Freunden Kaffee getrunken – auf Abstand, versteht sich – in der Einstellhalle, wo die Autos parkiert sind.

Alles kleine Seelenwärmerchen, die es etwas erträglicher machen. Ich weiss auch, dass es Menschen gibt, denen es um Welten schlechter geht!!! Sehr viele sogar!!! Aber es ändert nichts an der Tatsache, dass ich irgendwann angefangen habe, meine immer gleichen Gefährten am Wegesrand mit Namen zu versehen. Und wenn Fritz, Klaus und Bertha finden, ihre Namen seien unpassend, dann sollen sie sich gefälligst wehren. Die Welt ist eine andere – damit müssen wir alle leben. Also können Bäume und Sträucher auch anfangen zu sprechen – wir müssen uns schliesslich alle den neuen Gegebenheiten anpassen!

P.S.: Ich stelle mir grad vor, wenn die Natur wirklich auf einmal sprechen könnte – meine Güte, was für ein Lärm im Wald …:-)

Glamouröse Festtage?

Ich blättere mich durch die bekannten Hochglanzmagazine und schaue mir die Werbungen und Posts auf Facebook und Co. an und denke: WOZU DIESES GLITZERZEUG?

Die Modebranche versucht mit wunderschönen Pailetten- und Strasskleidern die Kundinnen und Kunden zu ködern – die Schuhgeschäfte bewerben den schwarzen Stiletto mit der roten Sohle – die Kosmetikgiganten haben Rabatte auf den Lidschatten mit Glitzer drin und die Parfümerien promoten DEN erotischen Duft für den Weihnachts- und Silvesterabend. Aha …

Nochmal für mich, um meine Gedanken zu sortieren: Wir sollen auf ein grosses Weihnachtsfest verzichten, was in meinem Verständnis auch Sinn macht. Also eigentlich sollen wir es einfach so klein wie möglich halten, um dem Kollegen Covid bloss nicht das „Familienhüpfen“ zu ermöglichen. Wir sollen es vermeiden, nahe beieinander um den Baum zu sitzen und singen schon gar nicht. Macht für mich auch alles Sinn. Und dann frage ich mich aber: Wozu dann dieses Weihnachtsglitzerschönmachgedöns???

Ich stell mir vor meinem inneren Auge grad vor, wie der Göttergatte und ich im schwarzen Glitzerfummel und aufgebretzelt vor unserem Bäumchen sitzen, uns anschauen und zueinander sagen: Fühlst Du Dich auch nicht wohl in dem Zeug – ziehen wir die Flanellpyjamas an? Und wie wir anschliessend aufatmen und ganz schnell in die bequeme Variante wechseln.

Die glamourösen Roben und der Glitzer gehören doch zu einer genauso glamourösen Weihnachts- oder Silvesterparty. Da diese im Coronajahr ausfallen, frage mich mich, wozu man sich dann all diese Dinge kaufen soll!? Mal ganz im ernst: Da sind wir doch alle besser bedient mit den kuscheligen Pyjamas und der Wolldecke … am besten mit dem Feuer im Kamin und einem Punsch in der Hand.

Und um dem Kollegen Covid seinen Hüpfspass gänzlich zu verderben, würde ich auch dringend raten, nicht wie gestört durch die Geschäfter zu rennen, um Geschenke zu kaufen, die eigentlich in Wahrheit kein Mensch braucht. Ich weiss, der Einzelhandel wird mich nun hassen … aber grad in unserem Land ist es nun mal eine Tatsache: Wir brauchen alle NICHTS, ausser der Gesundheit und die gibts nirgends zu kaufen. Und Kollege Covid zeigt uns ganz brutal auf, dass er solange cleverer ist als wir, bis wir das endlich kapieren. Es geht nämlich auch mal einen Winter lang ohne Shoppingtouren, ohne Skiferien, ohne Fressgelage, ohne Glitzer-Glimmer-Schiessmichtot-Klamotten! Nur so können wir den fiesen Kerl austricksen.

In diesem Sinne: Lasst es doch einfach mal alle ruhig angehen und … seid froh, wenn ihr gesund seit und feiert leise euer Leben. Und der kleine Covid kann sich so draussen seinen winzigen Virenarsch abfrieren!!!

Covid-Frisuren …

… oder wenn das Tochterkind und ich uns abends spät bei schlechtem Licht im Wintergarten gegenseitig die Haare schneiden.

Wir sind vorsichtig, sehr vorsichtig – deshalb vermeiden wir aktuell auch den Gang zum Friseur. Unsere Haare wollen aber einfach nicht kapieren, dass sie während einer Pandemie im Winter nicht wachsen sollen. Also gibt es zwei Möglichkeiten: Wie ein Höhlenmensch durch die Wälder streifen, oder selber die Schere schwingen. Wir haben uns für letzteres entschieden.

Okay – solche Aktionen sind nichts für Frauen, die schon bei einem hellen Strähnchen eine Krise schieben. Auch nichts für Frauen, die sich über ihre Frisur definieren und erst recht nichts für Frauen, die „mimimi“ machen, wenn der Friseur einen Millimeter zu kurz abgeschnitten hat.

Haar-Rowdys wie das Tochterkind und ich sind aber relativ schmerzfrei, wenn es um unseren Kopfschmuck geht. Sie ist mit der Dompteuse angerückt und hat mich quasi bereit gemacht für den Eintritt in die Armee – 6mm … und auch die sind nicht ganz so regelmässig, wie wir uns das gewünscht hätten. Das haben wir aber erst im guten Licht des Badezimmers vor dem Spiegel gesehen … und uns dabei schlapp gelacht. „Das muss so, Mama … bestimmt sieht es nach dem Duschen besser aus!“ Klar, Haare wachsen beim Duschen regelmässig dort nach, wo man zuviele davon wegrasiert hat …

Ich bin natürlich hochprofessionell wie ein Figaro mit der Schere an ihrer Langhaarfrisur zu Werke gegangen. Meine Güte, hatte das Kind immer schon derart viele Haare? Ich hatte das Gefühl, ich schneide ein Kilo weg und sie fand immer noch, dass da noch etwas geht. Dann habe ich – man ist ja schliesslich mutig – wie ein Profi mit der Schere einfach so ein bisschen in die Haarepracht rein geschnippelt – wild durcheinander, damit es nicht zu regelmässig aussieht (als ob diese Gefahr im Düsteren spät abends jemals bestanden hätte)! Zu meinem grossen Erstaunen fand sie es selbst bei Licht vor dem Badezimmerspiegel nicht so schlecht. Mal schauen, ob sie das auch noch findet, wenn sie morgen früh das erste mal bei Tageslicht ihre Frisur sieht!

Fakt: Es war saulustig, wir nehmen Haare nicht so ernst und – sie wachsen ja wieder nach. Und ihr so? Auch schon covidmässig frisiert?

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