von süss bis ungeniessbar

Drehspiess

Ich mag sie nicht, diese Nächte. Jene, in welchen ich mich gefühlt 500 mal im Bett drehe und immer noch falsch liege. Decke bis zum Hals ziehen bedeutet nach zwei Minuten einen Schweissausbruch. Decke wieder runterstrampeln heisst, nach einer Minute losfrieren. Nach rechts drehen fühlt sich schlecht an, weil die Hüfte klemmt. Nach links drehen fühl sich noch schlechter an, weil die Schulter knirscht. Auf dem Rücken liegen ist extrem unnatürlich und unbequem. Auf den Bauch drehen vermittelt mir das Gefühl von einem gestrandeten Pottwal.

Nach ungefähr 50 Wiederholungen all dieser Varianten muss ich logischweise total entnervt Pipi machen. Der Kopf ist müde … der Körper will einfach keine Ruhe geben. Also tappse ich ins Badezimmer, stosse mir dabei den grossen Zeh am Bettrand, fluche und tappse wieder zurück ins Bett. Und jetzt ratet mal, was dann passiert? Na? Kommt ihr drauf? Jaaaaa, genauuuuu! Das ganze Theater geht von vorne los. Hurra!!!

Der Fluch an solchen Nächten ist ja, dass – wenn man sich erst mal so richtig in Rage gedreht und gewunden hat – der Schlaf irgendwann gar nicht mehr kommen kann. Die Nerven sind dafür zu sehr angepannt. Das ist bei mir jeweils der Moment, in welchem ich das Duvet zu leicht oder zu schwer, das Kissen zu hart oder zu weich und das Zimmer zu hell oder zu dunkel finde. Kurz: Einfach alles doof!

Und wenn ich dann morgens total zerknirscht aufstehe und aussehe, als ob mich jemand zusammengefaltet hätte, dann möchte ich bitte nicht gefragt werden: „Na, hast Du gut geschlafen?“ Mein Inneres schreit dann nämlich: „Neiiiiin, verdammt – es waren mindestens fünf Lastwagen, ein Tram UND ein Schnellzug, die über mich hinweggedonnert sind letzte Nacht!!!“

Der Schlaf im Wolfspelz

Ich freue mich jetzt zuerst einmal schnell kurz über mein Wortspiel – aus dem Schaf im Wolfspelz habe ich den Schlaf im Wolfspelz gemacht. Den gibt es nämlich auch. Zumindest bei mir. Und den kenne ich auch besonders gut, seit die Wechseljahre eingesetzt haben (kennt ihr Männer den Schlaf im Wolfspelz eigentlich auch?). Was das ist? Ganz einfach:

Ich gehe zufrieden ins Bett, im frischen Pyjama (aus leichtem Stoff) mit der wohligen Absicht, mich gemütlich einzukuscheln. Vorfreude! Kissen zurechtrücken, Decke hochziehen, Licht löschen und – Augen zukneifen. Ping! Augen sind wieder offen. Nochmal zukneifen. Ping! Wieder offen. Meine Güte, das kann doch nicht so schwer sein. Vielleicht auf der anderen Seite. Also umdrehen, Kissen neu richten, Decke glattstreichen und – Augen zukneifen. Ping! Wieder offen. Also die elektronische Einschlafhilfe: Fernseher einschalten. Wusstet ihr, dass nachts besonders viel Werbung läuft? Und zwar Sexwerbung ohne Ende – auf allen Sendern wollen überdimensionierte Busenwunder mit einem telefonieren unter 08……. weiss der Geier was. Irgendwann wird das selbst meinem verknoteten Gehirn zuviel und ich werde schläfrig. Also nochmal Kissen zurechtrücken, einkuscheln und schlafen. Schööööön! So ungefähr zwei Stunden. Dann ist nämlich nach gefühlt 100 mal Drehen und Wenden der erste Pyjamawechsel angesagt, weil ich klatschnass aufwache und friere. Ich glaube kaum, dass man bei einem Marathon mehr schwitzt – hässlich. Alles klebt. Nach dem Wechsel ist Bettdecke umdrehen und ausschütteln angesagt, Zimmer lüften, zur Toilette tapsen, gähnen und die ganze Übung von vorne. Zwei Stunden und ungefähr 361 Drehungen später geht die Übung von vorne los. Habe ich schon erwähnt, dass ich die Pyjamas inzwischen neben dem Bett gestapelt habe? Ich glaube, dass es rund 30 Stück sind. Die ständige Wascherei nervt nämlich. So reicht die Wochenendwascherei – trotz dem Gewechsle. Man wechselt in den Wechseljahren nämlich die Pyjamas am Laufmeter. Ich bin ja überzeugt, dass es deswegen auch Wechseljahre heisst.

In schlimmen Nächten habe ich morgens jeweils das Gefühl, nur vom Schlafen geträumt zu haben. Eben der Schlaf im Wolfspelz. Man stellt sich ihn so schön vor, und auf einmal entpuppt er sich als hinterlistiger Miesepeter. Und wenn dieses Gewechsle wirklich Jahre dauert, dann werde ich zu den Eskimos in ein Iglou ziehen, bis es vorbei ist.

Reif für die Insel

Vermutlich kennt jeder das Gefühl, so richtig reif für die Insel zu sein. Für mich bedeutet das, sich müde, überarbeitet, umgeben von zu viel Lärm, überlastet mit Problemen und einfach überfordert zu fühlen. Irgendwann hat irgendwer für den Notausgang aus diesem Teufelskreis ein Bild kreiert, welches sich „Reif für die Insel“ nennt. Vermutlich liebt diese Person die Ruhe und Kraft, die eine Insel haben kann. Und das dazugehörende Wasser! Ich sage zwar in Sresssituationen manchmal auch, dass ich mich reif für die Insel fühle. Aber wirklich meinen tue ich ganz bestimmt keine Insel, denn ich bin eine bekennende Insel- und Meerhasserin!

Meine Insel ist mein Zuhause. Wenn mir draussen alles zuviel wird, wenn mir die Leute auf die Nerven gehen, wenn der Lärm in meinem Kopf widerhallt, wenn die Hektik mich überrollt und die Arbeit mich zu erdrücken droht, dann rette ich mich – nach Hause. Dort ist meine Insel! Mein Strand ist 3.50 lang und 2.50 breit und hat einen kuschligen Bezug mit Animalprint. Im meiner Sprache nennt sich dieser Strand auch Polstergruppe oder Couch. Dort lege ich mein Badetuch aus (Kuscheldecke) und umgebe mich mit Kissen in allen Variationen (das ist mein Sand).

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Anstelle des Rauschens des Meeres lausche ich dem Schnurren meiner Katzen. Anstatt des Geruchs von Salzwasser und Sonnencrème duftet es im Haus nach Vanille von meiner Lieblingsduftkerze und anstelle der Musik aus der Beachbar schalte ich den Fernseher ein.

Meine Insel ist also eingerichtet und ich bin reif. Kuschelalarm im höchsten Grad. Und wehe, das Telefon klingelt. Das wird stur ignoriert. Ich liege jetzt auf meiner ganz privaten Insel zu Hause im Wohnzimmer. Was gibt es Schöneres. Wenn dann noch die Familie um mich herum schwirrt, fühle ich mich so richtig wohl. Der Mann schiebt im Idealfall den Zopfteig fürs Frühstück in den Ofen (welch ein Duft), die Tochter legt sich mit auf die Insel und der Sohn platziert sich daneben und baut sich sein eigenes Kissennest. So sieht für mich das perfekte Timeout im eigenen Zuhause aus! Wozu also Koffer packen, wegfliegen, Reisestress riskieren, wenn man zu Hause die eigene Familieninsel hat? Ok, jedem seine Insel – meine ist für mich perfekt!

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