von süss bis ungeniessbar

Nach dem Dschungelcamp ist vor dem Dschungelcamp

Wenn das Leben einen vor schier unlösbare Aufgaben stellt und der Alltag zur absoluten Herausforderung wird, dann sucht sich jeder seinen ganz persönlichen Weg, um damit umgehen zu können. Ich habe den Weg der totalen TV-Idiotie gewählt.

Die letzten zwei Wochen habe ich jeden Abend die wahren Probleme des Lebens beiseite geschoben und mich den weltbewegenden Herausforderungen von gescheiterten Existenzen im australischen Dschungel hingegeben. Da flennten Botox-Boy und Psycho-Tante mit Boxenluder und Pornosternchen um die Wette. Vor gefühlt drei Millionen Kameras wurden privateste Intimitäten verbal ausgetauscht und keine Spinne war vor den Z-Promis sicher.

Es ist inzwischen jedem klar, dass nur total entgleiste Pseudopromis im australischen Dschungel um die blumengeschmückte Krone kämpfen – schliesslich bekommen diese Helden von RTL eine Menge Geld dafür (über die genauen Summen wird jedes Jahr spekuliert). Witzigerweise kenne ich ausschliesslich Menschen, welche dieses Format NIEMALS schauen würden. Die Einschaltquoten sind aber derart gut, dass die Sendung jedes Jahr zur selben Zeit wieder während zwei Wochen täglich läuft. Also ich glaube kaum, dass ich alleine es geschafft habe, diese Quote derart hoch zu halten. Ich gestehe aber, dass das Format sowas von dämlich ist, dass ich es mit Genuss jeden Abend geschaut habe. Es ist so unglaublich weit von der Realität entfernt, dass ich damit täglich zwei Stunden den Ernst des Lebens einfach vergessen konnte. Eigentlich ist auch nur mit absoluter Konzentration der Ekelfaktor der Sendung zu ertragen … beim Essen von Krokodilvagina und Kamelhirn müsste man sich sonst nämlich übergeben. Ganz zu schweigen von den Fischaugen und den lebendigen Riesenmehlwürmern.

So, und nun? Aus die Maus! Der Dschungelkönig ist gekrönt (Marc Terenzi – aber das nur so nebenbei) und mein Hirn sucht verzweifelt nach einem Ersatz für das allabendliche Timeout. Voraussetzung: Es muss wirklich richtig idiotisch sein, nicht zum Nachdenken anregen, total fernab jeglicher Realität und reine Zeitverschwendung. Wer eine Idee hat, bitte vortreten! Dankeschön. Schliesslich dauert es jetzt ein Jahr, bis sich die Verblödung wieder im australischen Dschungel breitmacht.

Ab in den Dschungel

„Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“

Kennt ihr den Spruch? Als bekennende Dschungelcamp-Zuschauerin kenne ich den Spruch natürlich nur zu gut. Es gibt schliesslich kein Format, bei welchem ekligere Dinge gegessen oder getan werden müssen; bei welchem der Seelenstriptease der Bewohner peinlicher ist; bei welchem man mehr Erfahrungen über Intrigen und Gezicke sammeln kann; bei welchem mehr Geheimnisse an die Öffentlichkeit kommen, die eigentlich keinen wirklich interessieren. Und dabei kann man erst noch genüsslich daheim auf der Coach sitzen und sich darüber amüsieren, wie leicht bekleidete Silikonunfälle oder ziemlich abgehalfterte C-Promis (oder eher Trash-Promis) Dinge tun, von denen man sonst nur aus Albträumen weiss. Wahrscheinlich bin ich genau deshalb immer wie eine Besessene mit dabei. Da werden Grenzen überschritten, die sonst nirgends überschritten würden, und genau das macht das Spektakel für mich so spannend. Wie weit geht wer und wozu ist Mensch in der Lage, wenn es um Geld geht. Weiterlesen

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