von süss bis ungeniessbar

Alarm in Wohnzimmer

Kurze Information, um die Geschichte besser zu veranschaulichen: Wenn der Göttergatte und ich gemeinsam vor der Glotze sind, dann gleicht das einem absolut entspannten Massenlager. Unser Sofa ist eine Liegewiese und unsere Extremitäten müssen nicht sortiert werden. Sie können einfach bleiben, wo sie bei der Landung gerade den ersten Kontakt mit dem Kuschelding haben. Auch klein Ellie und mindestens eine Katze haben dabei noch locker ihre Plätze.
So geschehen auch vor kurzem.

Da ruft der Göttergatte auf einmal aus dem Nichts:

„Ey, guck Dir das an – ich glaubs nicht“, und zeigt auf unseren gemusterten Teppich, der vor dem TV-Gerät liegt.

Seine Stimmlage ordne ich irgendwo zwischen überrascht und absolut verständnislos ein. Ergo: Mein System stellt auf Panik. Ich gucke zwar, sehe aber noch nichts und ziehe instinktiv meine Beine hoch an meinen Körper (Embryo) und quietsche:

„Nein, ich will nicht!“

Hä – ich will was nicht? Und wo ist die Logik hinter dieser Reaktion? Null Logik! Einfach eine komplett irrationale Reaktion einer verwirrten Frau. Keine Ahnung, was ich auf dem Teppich erwartet habe. Aber was ich dann sehe, habe ich definitiv nicht erwartet:

Der hübsche Kerl hüpft völlig verängstigt durch unser Wohnzimmer – warum auch immer. Und erst im Badezimmer an der Wand kommt er zum Stillstand und ich habe die Chance, ihn zu fotografieren. Ich weiss nicht, wer mehr erschrocken ist: Der Frosch oder ich?

Noch vielmehr würde mich aber interessieren, woher der kleine Kerl gekommen ist und wie es kam, dass er auf einmal durch unser Wohnzimmer gehüpft ist. Bei uns wohnen bekanntlich noch zwei Kater und eine Hündin – er muss also relativ gut in Deckung gewesen sein.

Dass der Göttergatte ihn mit einem kleinen Becken eingefangen und vor seiner Freilassung noch den Enkelkindern gezeigt hat, ist Ehrensache. Der kleine Kerl war heilfroh, als er den Weg in die Freiheit und in Richtung Bach wieder hatte und hüpfte sofort los.

Die Enkelin verabschiedete sich von ihm mit den Worten: „Tschüss Frosch! Ich bin ein bisschen traurig, dass Du Deine Mama verloren hast, aber Du findest sie sicher wieder.“

Sachen gibts, die gibts gar nicht!

5 Jahre seit …

… ich an diesem grauen Novembermorgen aus dem Fenster schaute und wusste, dass sich unser Leben nie wieder so anfühlen würde, wie es sich zuvor angefühlt hat.

Es war der Morgen, nachdem man mir auf dem Korridor eines Krankenhauses die Diagnose „Krebs“ bei meinem Göttergatten ins Gesicht klatschte. Es war der Morgen, an jenem ich mit meiner Hündin in den Garten ging und nicht verstehen konnte, warum sich die Welt noch genauso dreht, wie sie dies zuvor getan hat. Es war jener Morgen, an dem ich mich fragte, wie ich mir ein Leben ohne meinen Göttergatten vorstellen sollte.

An diesem Tag habe ich funktioniert wie eine Maschine. Ich habe organisiert, durchgedacht, aufgegleist und auf Raten der Ärzte alles Administrative in die Wege geleitet, um einen prognostizierten nahen Tod zu regeln, soweit man dies halt eben regeln kann. Es war, als ob mein ganzen System auf Autopilot geschaltet hätte und ich stand neben mir und schaute mir bei all dem zu.

Der Göttergatte hatte auch zu diesem Zeitpunkt die Tragweite dieser Diagnose noch nicht verstanden – zum Glück. Er war guter Dinge und lag wohl im Krankenhaus, allerdings mit einem völligen Unverständnis für all die Geschehnisse um ihn herum, und mit dem einen Satz, den ich nie vergessen werde: „Was interessieren mich die Statistiken dieser Ärzte, ich schreibe meine eigene Statistik?!“

Ich hatte damals nicht einen Hauch von Verständnis dafür. Meine Welt war aus den Fugen geraten und er war selbst da noch stoisch.

Nun – ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass uns ein Spaziergang bevorstand. Wir gehen gemeinsam einen nicht immer einfachen Weg. Und er hat schon so einiges über sich ergehen lassen müssen. Unser Leben hat sich nachhaltig verändert und ich frage mich oft, was gewesen wäre, wenn er sich nach der vernichtenden Diagnose aufgegeben hätte. Aber Fakt ist, dass er dies niemals getan hat und so hat er aus prognostizierten wenigen Monaten inzwischen inzwischen 5 JAHRE gemacht!!!

5 Jahre, in welchen wir viele Steine aus dem Weg räumen mussten; allerdings eben auch 5 Jahre, in welchen wir soviel Schönes erleben konnten. Ich hätte damals nicht im Traum daran gedacht, dass wir noch gemeinsam Grosseltern werden könnten. Im Gegenteil: In meinem Kopf war der Gedanke, dass ich all das nicht mehr mit ihm erleben würde. Inzwischen sind wir zweifache Grosseltern, haben einige wunderbare Reisen gemeinsam gemacht und durchleben gar gemeinsam eine Pandemie. Okay, zugegeben: SELBIGE stand nicht auf unserer Bucketlist; aber da wurden wir leider nicht gefragt.

Das Krebsvieh ist leider zäh, sehr zäh … und leider unbesiegbar – aber wie er wenige Monate in 5 Jahre verwandelt hat, macht doch Mut, dass unser Weg noch etwas dauern wird. Und es macht Hoffnung auf weitere Erlebnisse, mit welchen ich damals nicht gerechnet habe.

Wie heisst es so schön: Das Spiel ist erst zu Ende, wenn der Schiedsrichter abgepfiffen hat. Wir gehen in eine weitere Verlängerung und starten heute das 6. Jahr. Unfassbar!

Was lernen wir daraus? Mit dem Kopf im Sand haben wir zu wenig Luft, um auch harte Wege in Angriff zu nehmen. Also immer schön den Kopf oben halten …

Unerwartet perfekt

Wenn man von Tag zu Tag lebt und dabei versucht, jeden Tag so zu nehmen wie er eben kommt, dann plant man nicht mehr im voraus. In etwa so läuft unser Leben seit ein paar Jahren. Wir geniessen die guten Tage und überstehen irgendwie die weniger Guten. Wir haben lernen müssen, dass man im Leben nicht alles in der Hand hat. Es gibt Dinge, die passieren einfach, ob man will oder nicht!

Der Göttergatte hat mich überzeugen können, einen Sprung in unser „altes Leben“ zu machen und eine Woche Ferien in unserem ehemaligen Stammhotel anzutreten. Ich hatte Mühe mit diesem Gedanken. In meinem Kopf hatte ich diesen wunderbaren Ort „abgeschrieben“ und in die Schublade „perfekt gibt es nicht mehr“ gesteckt. Und trotzdem bin ich mit ihm losgefahren. Zusammen mit dem Tochterkind und ihrer Familie.

Die Anreise war gefühlsmässig für mich durchzogen. Was würde mich da wohl an Emotionen erwarten? Und … was soll ich sagen: ES WAR PERFEKT!! Ich habe die Eingangshalle der wunderbaren Hotelanlage in Österreich betreten, habe eingeatmet und meine Seele füllte sich mit dem Gefühl von „Zuhause“!!!! Ich hätte das niemals erwartet.

Petrus hat sich auch gnädig gezeigt und uns eine intensive Sommerwoche beschert. Und so konnten wir jeden Tag geniessen, baden, essen, chillen und unsere wunderbaren Enkelkinder geniessen, die uns das erste mal begleitet haben. Alles in allem also eine Fahrt an einen Ort, für welchen wir alle sehr dankbar sind und an den ich sofort wieder reisen werde. Wie gut, dass wir losgefahren sind! Es gibt Dinge im Leben, die kann man nicht erklären. Man muss sie einfach tun.

Back to …. 2005!

Vor mir liegen Kabel, Kabelbinder, Lötkolben, Batterien, Sekundenkleber, Büroklammern, Leim, Kartonschachteln und Stopfmaterial. Was das soll? Ich baue mir eine Zeitmaschine!

Ja, richtig – ich habe die Schnauze voll von 2020! Gestrichen voll. Eigentlich ist unser Leben schon seit ein paar Jahren mehr als kompliziert. Seit wir von einem Tag auf den anderen auf den Onkoplaneten katapultiert wurden, war es nie wieder unbeschwert. Keinen Tag, keine Stunde, keine Minute. Und als wir dachten, uns könne praktisch nichts mehr das Leben verkomplizieren, da kam 2020!

COVID19 hiess der neue Fiesling und stellte sich uns ganz gemein in den Weg. Als ob es da nicht schon genug Steine drauf hätte. Das Mistding grinst uns täglich ins Gesicht und sagt „ätsch, schön zu Hause bleiben, ich lauere nämlich überall“!

Ah, dann hätten wir da noch eine aktuell sehr ausgeprägte Hitzewelle, Insektenplagen, Konkurse am laufenden Band, Aggressionen hier und da und jede Menge anderer Gründe, warum 2020 unter „Pleiten, Pech und Pannen“ weggeschmissen werden kann. Und weil mir die Zukunft eher Angst macht, als dass ich mich darauf freue, habe ich beschlossen, zurück zu reisen. Ja: Zurück in ein Jahr, in welchem ich das Leben noch ziemlich schön fand. 2005 ist mir eingefallen. Zwar musste ich mich damals von meiner geliebten Oma verabschieden – aber weil sie schon lange zuvor krank war, konnte ich sie gut gehen lassen. Unsere beiden Kinder waren damals 10 und 12 Jahre alt (ein wunderbares Alter), mein Göttergatte war gesund und aktiv, meinen Eltern ging es gut, ich war im Kopf in der Startphase meiner Selbständigkeit im Textilbereich und ich freute mich auf alles, was noch kommen würde. Wir konnten zweimal jährlich wunderbare Ferien mit unsere liebsten Freunden verbringen und hatten soviele Pläne. Es war perfekt … ich weiss nur nicht so genau, ob wir das damals auch so empfunden haben. Aber ich weiss, dass wir unser Leben sehr genossen haben.

Ich habe eine liebe Freundin, die unglaublich gerne mit mir zusammen in die „alte Zeit“ zurückreisen würde. Sie empfindet das Leben aktuell auch nicht gerade prickelnd. Und wenn ich jemandem davon erzähle, dann muss ich aus meiner Maschine wohl einen Bus bauen – es gibt ganz schön viele, die gerne mitreisen möchten!!!

Fakt ist: Wenn ich das Ding zusammengebaut habe, dann werde ich die ganzen Erfahrungen von heute in meinen Rucksack packen (die nehme ich nämlich mit), meine Enkelin schnappen (DIE MUSS AUCH MIT) und werde mich verdünnisieren (gehört neu in meinen persönlichen Duden). Und wenn ich dort angekommen bin, dann halte ich die Zeit an!!! Ich will ja nicht noch einmal in Richtung 2020 kommen – diese Richtung gefällt mir nämlich null Komma gar nicht!!

Falls da draussen noch mehr Anwärter auf Zeitmaschinenplätze fürs 2005 sind: Bitte melden, ich bin flexibel was die Grösse der Maschine angeht!

Drei Jahre Leben!

Auf den Tag genau heute (am 12. November 2016) jährt es sich zum dritten mal, dass wir bei einem medizinischen Check aus heiterem Himmel gesagt bekamen:

„Frau Jäggi, es tut uns leid, aber ihr Mann wird das Krankenhaus nicht mehr verlassen können. Er hat einen riesigen Tumor im Kopf. Es wäre gut, wenn sie seine Sachen zu Hause holen könnten und alles, was nicht geregelt ist, sollten sie so schnell wie möglich einfädeln. Das sieht gar nicht gut aus.“

Ich erinnere mich noch heute an das Gefühl des freien Falls; als ob der Boden sich öffnen und man endlos fallen würde. Mein Magen zog sich zusammen, mir wurde schlecht und ich sass da, total durcheinander und versuchte, nicht umzukippen. Und dann meinte besagter Arzt ganz sachlich:

„Wenn sie sich wieder gefangen haben, dann wäre es gut, wenn sie das ihrem Mann sagen könnten. Der weiss nämlich noch nichts – der kommt gleich aus der Untersuchung und es ist am besten, wenn sie ihm das sagen.“

Ich habe mich weder gewehrt noch diese Aussage hinterfragt. Ich habe einfach auf Funktionsmodus geschaltet und dem Mann im weissen Kittel geglaubt, dass das so am besten sein würde. Was man mir damit für eine Aufgabe übertragen hat, das weiss ich erst rückblickend. Und dass das nicht fair war, das ist mir auch im Verlauf der Monate erst klar geworden.

Fakt ist aber: Nach unfassbar vielen falschen Aussagen, nach Operationen, welche die Tragweite der Krankheit erst recht gezeigt haben (der effektive Primärtumor war nämlich nicht der im Kopf, da gab es noch einiges mehr), nach verzweifelten Versuchen, das Unfassbare irgendwie fassbar zu machen, hat mein Göttergatte entschieden: „Ich gebe nichts auf diese Statistiken und Prognosen. Ich schreibe meine eigene Statistik!“

Und DAS hat er nicht nur getan, er tut es immer noch. Drei Jahre nach Diagnose einer tödlichen Krankheit sind wir heute an einem Punkt angekommen, an welchem die Medizin sich auch nicht mehr so genau erklären kann, wie er so weit kommen konnte. Und das Leben auf dem Onkoplaneten ist auch sehr oft schwierig und macht müde und manchmal auch verzweifelt. Aber: Es gibt tatsächlich keine Statistik mehr, in welche er passen würde. Er hat inzwischen seine eigene geschrieben. Die Ärzte können sich weder auf ähnliche Fälle noch auf Lektüren stützen – es gab und gibt bislang keinen ähnlich gelagerten Fall, der nach drei Jahren noch gelebt hat.

Was wir in diesen drei Jahren alles gemeinsam als Familie stemmen mussten, ist viel. Was wir dadurch aber alles gewinnen konnten, ist noch viel mehr. Es sind drei Jahre Lebenszeit, mit denen wir damals nicht gerechnet haben. Es sind sehr viele Erlebnisse, Genussmomente, Reisen und das Highlight, eine Enkelin bekommen zu dürfen. Wer hätte das damals gedacht?

Unser Onkologe sagt immer: „Die Medikamente und die Medizin sorgt für einen kleinen Teil – der viel grössere Teil passiert im Kopf und mit der Einstellung des Patienten.“ Ja, da hat der Göttergatte tatsächlich das Steuer mit seiner unfassbar positiven Lebenseinstellung immer wieder rumgerissen, wenn es erneut eng wurde. Wir haben uns alle verändert, haben viel gelernt und sind noch näher zusammengerutscht. Tatsache ist und bleibt aber: Auch wenn es noch so ausweglos scheint; auch wenn man euch sagt, dass ihr nur noch wenige Wochen habt; auch wenn ihr denkt, dass ihr bereits verloren habt — es ist erst zu Ende, wenn ihr den letzten Atemzug getan habt. Und DIESEN Tag kann und darf euch keiner prognostizieren. Das ist unseriös und nicht fair! Lasst euch von den weissen Kitteln nicht in Angst und Schrecken versetzen. Jeder gelebte Tag ist ein Tag mehr, an welchem ihr Erlebnisse mitnehmen und Erinnerungen im Herzen einschliessen könnte.

Ich hoffe, dass wir noch ein Stück Lebensweg zusammen gehen können – denn auch ich sage heute: Meinem Göttergatten und persönlichen Helden traue ich alles zu! 🙂

Hansemädchen, Geburtstag und Geschmatze …

Ich habe mir zum Geburtstag ein paar Tage in Hamburg im Lieblingshotel mit meiner Familie gewünscht. Es wurde ein wunderbare Woche – zum ersten Mal ist auch das kleinste Hansemädchen aus der Familie mitgereist. Und sie hat das klasse gemacht. Unser kleiner Sonnenschein ist definitiv ein „Reisefüdli“ … wenn was läuft, ist sie voll mit dabei! Fremde Menschen, Shopping, Restaurants, Lärm – unsere Kleinste strahlt übers ganze Gesicht!

Dann hat der Göttergatte im Hotel offenbar das ganze Personal gebrieft – da war nix mit „Geburtstag schön anonym“. Er hat für mich einen unfassbar riesigen Blumenstrauss organisiert, meinen Lieblingsmoscato servieren und eine Karotten-Sahne-Torte backen lassen. Vom Hotel habe ich eine Wellnessbehandlung und Pflegeprodukte geschenkt bekommen. Und im Frühstücksraum hat man mir einen schönen Geburtstagstisch mit Kerzen vorbereitet. Wahnsinn, oder? Alles wie ich mir das erträumt hatte. PERFEKT. Und ich habe jeden einzelnen Moment dieser Woche genossen!

Was es in dieser wunderbaren Stadt alles zu sehen gibt, ist unglaublich. Die Vielfalt der Menschen reicht, um abends die Hirnwindungen wieder entwirren zu müssen, bevor man einschlafen kann. Was mir diesmal besonders aufgefallen ist? Nun ja:

Kim Kardashian scheint irgendwo ein Nest voller Sprösslinge abgelegt zu haben. Hier rennen beinahe alle jungen Frauen mit gemachten Riesenmöpsen (nein, ich meine NICHT die Hunde), mit Schlauchbootlippen, viel zu kleinen Näschen, mit kilometerlangen Kunstwimpern UND noch längeren Fingernägeln rum … und sie sind allesamt GENAU GLEICH geschminkt. Grauenvoll!!!

Im Chanel und im Louis Vuitton stehen die Asiaten an, um alle dieselben Taschen zu ergattern … schnurzegal, ob schön oder nicht: Sie wollen alle einfach DIESELBEN Teile haben!

Und dann wären da noch die arabischen Gäste der Hansestadt. Meine Güte: Manchmal wussten wir fast nicht, ob wir noch in Deutschland sind. Kopftücher, dunkle Teints und schwarze Bärte ohne Ende. Und leider – achtung Klischee – die meisten ohne Benehmen! Wenn im Speisesaal am Frühstücksstisch neben uns zwei Männer sitzen (die Frauen sitzen ja schliesslich separat an Tischen) und das Omelett mit den Händen essen und dabei schmatzen, dass wir uns nicht mehr verstehen … nun ja … dann ist das wie ein Unfall. Man möchte wegsehen, aber es geht nicht. Und weghören schon gar nicht! Das absolut zuvorkommende Servicepersonal wird von diesen Männern behandelt, als ob sie aus der untersten Schublade gekrochen kämen. Kein BITTE, kein DANKE … nichts. Höchstens eine abschätzige Handbewegung. Schliesslich sind ja die Fachkräfte im Service in der Regel auch Frauen – und da haben arabische Männer so ihre Probleme mit. Hallo? Ja, es gibt andere … davon haben wir aber leider nicht viele gesehen. Diese besonderen Herren der Schöpfung tauchen auf und man hat das Gefühl, dass deren Geld die Welt regiert. Grauenvolle Art, sich aufzuführen.

Was die Angestellten eines wunderbaren Hotels an der Alster so alles erleben, das geht manchmal echt zu weit – zumindest für meinen Geschmack. Sie müssen aber nett und zuvorkommend bleiben, und dafür haben sie meinen allergrössten Respekt. Und ich muss dazu sagen, dass wir heute auch ein deutsches Ehepaar erlebt haben, das sich über ALLES beschwert hat – ohne Punkt und Komma, ohne einmal Luft zu holen. Dass der Frühstücksraum voll, und das Personal im Dauereinsatz war, das war ihnen egal. Beschweren war angesagt! Es ging alles zu langsam. Hallo? Ihr sitzt im Hotel und seit im Stress (mit vermutlich ungefähr 80 Jahren) … warum bleibt ihr dann nicht einfach zu Hause!?

Unsere Woche war perfekt und wir haben ALLES genossen und an Eindrücken mitgenommen, was möglich war. Unsere Hansestadt ist und bleibt unsere Hansestadt. Wir kommen wieder 🙂 Und unser kleiner Sonnenschein war der Liebling aller … egal in welcher Sprache … „jööööööööh“ klingt irgendwie überall gleich!

 

Doofe Vögel!!!

Der Schnee liess lange auf sich warten – dafür liegt er bei uns aktuell gerade richtig dick. Es wird geschaufelt, geschippt oder gefräst was das Zeug hält und jeder Mann holt sein Schneespielzeug aus der Garage. Und der Göttergatte tut noch ganz viel anderes, wenn Schnee liegt. Deshalb hat er heute früh aus dem Nichts zu mir gesagt:

„Ich bin sauer auf unsere Vögel!“
Ich so: „Hä? Sauer auf unsere Vögel? Ich verstehe nicht.“
Er so: „Doch, auf die Vögel hier im Quartier. Da stelle ich denen ein Haus auf und fülle es mit Futter; ich hänge Knödel an die Bäume und was passiert? Nichts! Nicht ein Vogel hier!“

Wenn ihr seinen vorwurfsvollen Blick gesehen hättet, dann wüsstet ihr, weshalb ich in lautes Gelächter ausgebrochen bin und gesagt habe:

„Das gibt einen Blogpost – echt jetzt!“

Ich verstehe ja, dass man frustriert ist, wenn die Arbeit nicht honoriert wird (jede Hausfrau und Mutter versteht das vermutlich …). Aber es könnte in diesem besonderen Fall schon den einen oder anderen Grund haben. Ich kann sogar ziemlich konkret sagen, was die Gründe für Farben haben:

viermal grau weiss
zweimal grau
einmal beige
einmal rot
einmal schwarz weiss.

Wenn man nun noch bedenkt, dass diese neun Gründe all vier Pfoten haben und gute Jäger sind – ja dann ist wohl klar, warum wir keinen Vogelbesuch im Garten haben.

Gemerkt? Jap, unser Quartier ist DAS KATZENQUARTIER schlechthin. Ich schätze mal, dass in der Tierwelt auch Handzeichen, Warnrufe und Verbotsschilder existieren. Und ich gehe stark davon aus, dass um unser Quartier herum überall tierische Vogelverbotsschilder stehen, die wir einfach noch nicht gesehen haben. Ich meine: Welcher Vogel verfliegt sich freiwillig auf den Teller einer solchen Katzenarmee???

Ich werde demnächst eine Kunststoffmeise ins Vogelhaus setzen – damit der Göga nicht vergebens gewerkelt hat!

 

Ich werde vermisst …

… hier auf meinem Blog. Anscheinend lesen mehr Menschen regelmässig mit, als mir jeweils bewusst ist, denn ich werde in den letzten Tagen des Öfteren gefragt, warum es auf meinem Blog seit über zwei Wochen so ruhig ist.

Nun ja … weil das Leben mal wieder Achterbahn fährt mit uns. Und dann sitze ich vor dem Tablet und denke: Was soll ich euch schreiben, wenn ich mich so unfassbar bescheiden fühle? Nach 21 Monaten Leben auf dem Onkoplaneten hat die gewaltige Kraft dieser Krankheit bei meinem Göttergatten uns mal wieder einen ganzen Berg vor die Beine geschmissen. Nicht etwa ein oder zwei Steine. Nein: Es musste gleich eine ganze Ladung sein. Wir wurden in wenigen Sekunden wieder in den Strudel der Verzweiflungsgefühle geworfen … haben uns da mühsam rausgekämpft und sind nun wieder im Kampfmodus. Der Kampf wird härter … der Weg steiniger … und drum war mir nicht so klar, ob ich überhaupt noch schreiben soll. Aber es fragen täglich Leute, wo meine Geschichten bleiben. Und das rührt mich doch sehr 🙂 Wisst ihr, was ich euch am liebsten schreiben möchte? Das hier:

Warum ist das Leben so verdammt ungerecht?
Warum habe ich das Gefühl, das Arschlöcher uralt werden?
Warum verstehe ich nicht, dass diese fiese Krankheit immer liebe Menschen trifft?
Wo ist die Gerechtigkeit, wenn ich im Inselspital sitze und Eltern mit ihren krebskranken Kindern sehe?
Wie soll man daran glauben, dass alles gut wird, wenn so verdammt viel Falsches passiert?
Warum werde ich aggressiv, wenn Leute mich mit gutgemeinten Ratschlägen zutexten?
Warum hadere ich, obwohl ich weiss, dass es mir nichts nützt?
Warum gibt es Tage, an welchen ich die Kraft habe, das Glas als halbvoll zu sehen, und andere, an welchen ich einfach nur schreien möchte?
Warum habe ich das Gefühl, dass der beste Göttergatte der Welt diese Krankheit einfach überhaupt nicht verdient hat – ich aber eine Liste von zerstörerischen und bösartigen Idioten aufzählen könnte, bei denen ich mir ein solches Schicksal erklären könnte?
Wie kann es sein, dass ein Mensch wie der Göttergatte so positiv durchs Leben geht und nicht eine Minute mit seinem Schicksal hadert – und dieses Scheisskrabbenvieh sich trotzdem nicht vertreiben lässt?
Warum gibt es Tage, an denen ich das Leben einfach nur hasse und dauertoben könnte?

Fragen über Fragen, auf die es keine Antworten gibt. Und trotzdem sind sie immer mal wieder da. Und auch wenn irgendwelche lieben Menschen mir meinen sagen zu müssen, dass ich nicht so denken dürfe – wegen Karma und so … ja dann – dann reissen bei mir sogar die Ersatznerven. Gäbe es dieses Karma, dann hätte sich der Krebs wohl kaum meinen Herzmenschen ausgesucht. Er hat NIE jemandem etwas getan und auch NIE jemandem etwas schlechtes gewünscht. Im Gegenteil!!! Und am allerliebsten mag ich jene, die mir erklären, dass es Gottes Plan ist. Da herrscht bei mir akute Explosionsgefahr. Gäbe es einen Gott, dann würde er dafür sorgen, dass nicht soviel Ungerechtigkeit auf diesem Planeten passiert. Kein vernünftiges Irgendwas würde all das zulassen. Drum sind die Gottesanbeter bei mir genau richtig … da kommt mir die Galle hoch, die Nackenhaare stellen sich zu Berge und ich sage: „Stopp, jetzt einfach besser keine lieb gemeinten Worte mehr; es könnte sonst ein Unglück geben!“

Ja, neben Trauer und Kampf ist da auch ganz viel Wut. Und wenn ich an einem harten Tag an der Seite meines Göttergatten verzweifle, weil ich einfach nicht so helfen kann, wie ich mir das wünschte … dann kommt die Wut in mir hoch und es ist besser, mir einfach KEINE Ratschläge zu geben. Es ist nämlich schlicht nicht nachvollziehbar, was in mir abgeht, wenn ich sehe, höre, fühle, begleite, spüre und trage, was da alles abläuft … mit dem Menschen, den ich seit meinem 16. Lebensjahr in meinem Leben habe. Und ich bin inzwischen 51 Jahre alt.

Ja, und das ist der Grund, warum in den letzten Tagen hier einfach Stille war – unmittelbar nach den Feriengeschichten … denn da hat es uns wieder eingeholt … das harte Schicksal der Onkokrieger!

Aber wir geben uns nicht geschlagen – nicht kampflos und nicht einfach so. Und wir haben die Kraft für die nächste Runde, denn wir sind eingebettet in eine unfassbar tolle Familie mit den besten Kindern der Welt – mit wunderbaren Eltern – Freunden und Nachbarn – mit tollen Bekannten und vielen Menschen, die uns tragen helfen. DANKE DAFÜR! 🙂

Ich hab das beste Umfeld der Welt

Wer mit mir befreundet oder gar verheiratet ist, der muss einiges an Spontanität mitbringen. Anders bin ich nicht zu überstehen, sagt man. Warum? Weil ich problemlos täglich meine Richtung mehrmals ändern kann. Egal in welchem Bereich. Ich bin äusserst spontan, um nicht zu sagen: Ziemlich unstet – Rudi rastlos ist ein laues Windchen gegen mich!

Da hab ich euch eben noch aus dem Strandkorb an der Nordseeküste oben berichtet, und schon bin ich in der geliebten Hansestadt Hamburg. Und all das mit dem Göttergatten und unseren lieben Freunden in einer 30-Minuten-Aktion heute beim Frühstück. Das ging so nach dem Motto:

Velotour durch die Weiten Nordfrieslands – erledigt (sogar zweimal)!
Bummeln durchs Dorf – erledigt (auch zweimal)!
Strandbesichtigung und Zwischenstopp im Restaurant im Meer – erledigt!
Fisch essen – erledigt!
Shopping – erledigt!

Und all das haben wir bei jeweils über 30 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von über 80% gemacht. So! Und so war meine Frage: Und was nun, ausser weiterschwitzen und schlechtem Schlaf mangels Klimagerät im Zimmer? Und da kam meine total spontane Idee: Einpacken, Chauffeur rufen, Hotel in Hamburg für Zimmer anfragen und buchen, Musicaltickets buchen und … tschüss und weg. Typisch für mich – sehr typisch. Und mein Umfeld ist in der Regel von meinen Aktionen entweder so geplättet, dass sie sich gar nicht mehr wehren können, oder aber sie kennen mich so gut, dass sie wissen, dass Gegenwehr ohnehin nichts bringt.

Ein liebe Menschin hat mich heute gefragt: „Hast Du eigentlich auch schon mal einen Urlaub plänmässig beendet?“ Meine Antwort: „Selten!!!“ Entweder verschiebe ich das Rückreisedatum oder ich ändere spontan die Destination oder wechsle das Hotel. Meist reisen wir sogar eher nach Hause, als geplant … weil ich auf einmal einfach die Nase voll habe.

Ja, Leute – ich bin richtig anstrengend … ihr habt recht! Und ich habe zum Glück unendlich liebe Menschen um mich herum, die meine Sinneswandel immer ganz geduldig mitmachen. Was habe ich doch für ein Glück! Danke, liebe Menschen um mich herum, dass mir mich so geduldig ertragt … ich würde ja vor mir selber davonrennen. Dieses ewige Hin und Her ist ja  nicht zum Aushalten. Aber: Ich war schon immer so! Scheint also ein Gendefekt zu sein:-)

Wenn die Panik im Nacken sitzt

Die treuen Leser-/innen wissen es alle: Die modepralinsche Familie lebt seit 18 Monaten auf dem Onkoplaneten. Das fiese Krabbentier hat sich beim Göttergatten eingenistet und offenbar beschlossen, dort freiwillig auch nicht mehr auszuziehen. Zwar haben wir dem Hauptübeltäter per operativem Eingriff den Garaus gemacht – also quasi eine Zwangsräumung vollzogen. Blöderweise hat das Mistvieh aber schon seine halbe Familie im Körper des Göttergatten zum Wohnen eingeladen und so bleibt das Leben ein Kampf. Es gibt inzwischen eine Menge Krebszellen, die mit Therapien zu töten sind. Leider hat sich aber ein besonders fieser Geselle meinen Göttergatten als Träger ausgesucht … er scheint untötbar. Mit viel Chemie ist er bislang zumindest daran zu hindern, noch mehr Junge zu fabrizieren. Aber ganz zur Wohnungsräumung konnte das Krabbentier nicht bewogen werden.

Und so kommt es, dass der Göttergatte medizinisch streng überwacht und regelmässig durchleuchtet wird, um zu sehen, was die fiesen Ableger alles anzustellen versuchen. Das braucht Kraft. Für meinen Herzmenschen braucht es sowohl körperlich als auch mental eine unfassbare Stärke, um nicht durchzuhängen oder in Panik auszubrechen. Für uns rund um ihn herum ist es vor allem ein psychischer Kraftakt. Jeder geht anders damit um. Ich für meinen Teil habe an Tagen, an welchen grosse Untersuchungen anstehen und wir auf das Resultat warten müssen sämtliche Symptome, die das Wählen der 144 rechtfertigen würden. Mein Herz rast, stolpert und macht mir das Atmen schwer. Auf der Brust liegen gefühlt zwei Tonnen und im Nacken sitzt ein Teufel, der mich alle paar Minuten daran erinnert, dass demnächst eine Nachricht ankommen wird. Ob es eine gute, oder eine schlechte Nachricht ist, weiss man nie. Und das macht das Warten schier unerträglich. Sich auszumalen, was denn nun sein wird, wenn es schlechte Nachrichten sind, macht einen kaputt. Zumal man es sich eigentlich gar nicht ausmalen kann. Schon mehr als einmal erlebt weiss ich inzwischen, dass man sich auf diese Szenarien nicht vorbereiten kann. Sie erwischen einen immer wieder mit voller Wucht! Bei guten Nachrichten hört man regelmässig die Steine, welche von der Brust rollen und zu Boden donnern. Und den Teufel im Nacken kann man dann auch mit einem zünftigen Schütteln für einmal wieder von den Schultern werfen.

Und wie sagt man so schön: Nach der Untersuchung ist vor der Untersuchung. Das Leben in der Dauerangst fordert einen manchmal übel und die Unbeschwertheit leidet. Aber es gibt nichts, was man dagegen tun könnte. Wir haben zwar inzwischen gelernt, im Hier und Jetzt zu leben, weil das Morgen schon wieder ganz anders sein kann – aber es ist nicht immer so einfach, wie es sich hier tippen lässt. Es braucht Kraft, Zuversicht, Geduld, Liebe, ein starkes Umfeld und die besten Mediziner, die man nur finden kann.

Ohne Familie und Freunde wäre das Leben auf dem Onkoplaneten nicht auszuhalten, das ist sicher. Umso dankbarer bin ich, dass wir auf diese Menschen zählen können. Jene eben, die mich während meinen Herzkaspereskapaden versuchen in Schach zu halten, damit ich die Kraft habe, um dem Göttergatten immer zur Seite stehen zu können. Gemeinsam gegen das fiese Krabbentier!

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