Zwei Herzen in meiner Brust

Ich bin Schweizerin – mit Leib und Seele. Oder doch nicht? Genetisch bin ich ja eine Italoschweizerin – der Papa ist Vollblutitaliener, die Mama Vollblutschweizerin. Ich bin hier geboren und absolut verschweizert aufgewachsen – bis auf ein paar Ausnahmen: Ich durfte in jungen Jahren nämlich vieles nicht, was meine Freundinnen durften. Der strenge Papa hat mit Argusaugen geschaut, dass ich nicht einen Zentimeter über die Gartenhecke gucken konnte.

Jetzt, als zweifaches Grosi und mit 54 Jahren merke ich, dass in meiner Brust definitiv zwei Herzen schlagen. Ich habe wohl typische Eigenschaften, die total zur Schweizerin passen:

Pünktlichkeit
Zuverlässigkeit
Zielstrebigkeit
Durchhaltevermögen

Irgendwie sind da aber noch vielmehr Eigenschaften, die ganz und gar zur Italienerin passen:

Enges Familienverhältnis
Sturheit
Erweiterter Horizont
Nachbarschaftshilfe
Grosszügigkeit
Offenheit
Entspannter Umgang mit Regeln

Als Mama habe ich mit der Kraft der beiden Herzen erzogen – offen, frei, ohne enge Grenzen und mit viel Liebe. Als Ehefrau bin ich sehr schweizerisch: Freiheitsliebend, autonom und nicht einzuschränken (armer Göttergatte). In der Küche bin ich ganz bestimmt nicht eine Italienerin – Kochen ist nämlich so gar nicht mein Ding.

Als Grosi bin ich nun tatsächlich froh um meine beiden Herzen in meiner Brust – ein schweizer Italogrosi oder ein italienisches Schweizergrosi hat nämlich ganz viel Liebe und Geduld für seine allersüssesten Enkel der ganzen Welt. Und bei den beiden kleinen Menschen kommt alles zum Vorschein, was ich an Positivem weitergeben kann.

Ich bin dankbar für meine beiden Seiten – jede hat ihr Gutes und wenn man all das richtig bündelt, dann kommt am Schluss manchmal tatsächlich etwas Brauchbares bei raus! Aber nur manchmal … 🙂

Ich bin die …

… die niemals den Tupperware-Award gewinnen würde,
… deren Kinder Mütschli und Schoggistengel zum Geburi in die Schule bringen mussten            (Mama kann nicht backen),
… die Mühe hat, Süssholz zu raspeln (mir ist die Wahrheit lieber),
… die zu allem eine Meinung hat und diese auch kundtut,
… die immer unangepasst bleiben wird,
… die den Satz „vor der eigenen Türe kehren“ doof findet (weil manche die Kraft dazu nicht          haben, selber zu kehren),
… die anpackt, wo es nötig ist,
… die hilft, wenn Hilfe gebraucht wird,
… die sich ungern vorschreiben lässt, was/wann/wo gesagt werden darf,
… die Verschwörungstheoretiker ziemliche Dumpfbacken findet,
… die genug Grips hat, sich selber eine Meinung bilden zu können,
… die stinksauer wird, wenn sie ausgenutzt wird,
… die ganz gerne mal gegen den Strom schwimmt, solange kein anderer deswegen absäuft,
… die sich einen Deut drum schert, was die Leute reden,
… die nicht immer den Weg des geringsten Widerstandes geht,
… die Steine bunt bemalt, weil sie es gerne tut,
… die Einkaufen hasst,
… die auch gerne im Urlaub wäre, wenn sie könnte,
… die Solidarität lebt, ohne dabei Rosen ernten zu müssen,
… die entsetzt dem Staub unter dem Sofa beim Wachsen zusieht,
… die ständig ein Chaos mit ihren Schuhen macht,
… die schmelzt, wenn die Enkelin nur schon guckt,
… die wie eine Löwin ihre Familie beschützt,
… die niemals laut, aber manchmal ganz schön fies werden kann,
… die Rücksichtslosigkeit hasst,
… die Mobbing aufs Schärfste verurteilt,
… die in Panik ausbricht, wenn das Handy zu Hause auf dem Küchentisch vergessen geht,
… die langsam die Schnauze voll hat von der ständigen Kocherei wegen Corona,
… die sich täglich so an die dreimal auf einen anderen Planeten beamen möchte,
… die den Sommer nicht besonders mag, ausser in diesem Jahr,
… die niemals erwachsen werden wollte (es aber nicht verhindern konnte),
… die sich manchmal überlegt, wohin eine Flucht aus diesem Coronafilm gehen könnte,
… die gerne wie ein Vogel fliegen möchte,
… die schon sämtliche Diäten ausprobiert hat – danach aber immer noch schwerer war,
… die Wallungen wortwörtlich zum „Davonlaufen“ findet,
… die von Schokolade und Eiscréme leben könnte (leider es auch tut),
… die sich mit 50 hat tättowieren lassen (endlich),
… die niemals aufhören wird, selbständig, laut und deutlich zu denken!

DAS BIN ICH – kurz vor 53ig, als Mama, Frau, Grosi, Tochter, Schwester, Gotti, Freundin, Kollegin, Bloggerin, Bekannte, Nachbarin und was sonst noch zu meinen „Funktionen“ gehört!

Unser Sonnenschein

Seit etwas mehr als 8 Monaten sind wir nun stolze Grosseltern. Und wir werden uns NIEMALS an den Anblick dieses süsses Menschleins gewöhnen. Wir sehen sie zwar täglich – aber eine Gewöhnung scheint nicht einzutreten. Im Gegenteil: Jedes mal, wenn die kleine Zuckerschnute uns angrinst, geht unsere ganz persönliche Sonne auf. Krass, oder? Wie oft habe ich schon zum Göttergatten gesagt: Hatten wir als Eltern auch so einen Knall, als unsere Kids noch klein waren?

Also in meinem Fall ist es manchmal so, dass ich froh bin, nicht gefilmt oder sonstwie aufgenommen zu werden. Man würde mir vermutlich den Verlust des Verstandes attestieren. Ich quieke wie ein Meerschweinchen; beim Erzählen des Buches mime ich Tierstimmen, die es so in der Natur ganz bestimmt nicht gibt (egal, die Kleine liebt es!) und ich mache mich zum totalen Deppen, um sie lachen zu sehen! Und die kleine Menschin dankt mir all das mit unfassbar viel Liebe.

Es ist nicht zu erklären, wie sich das Gefühl „Grosseltern“ für uns im Herzen anfühlt. Aber wenn man sogar jeden „Pups“ beklatscht und jeden Rülpser bewundert und auch die vollen Windeln einen verzücken, dann ist man wirklich vernarrt bis zum Mond und zurück. Es gibt nichts Vergleichbares!

Die Kleine hat mit ihrem blossen SEIN unser Leben so derart wunderbar auf den Kopf gestellt, dass wir uns gar nicht mehr so recht erinnern können, wie es vorher war. Und wenn wir sie einmal 24 Stunden nicht sehen (was zum Glück selten vorkommt), dann fühlt es sich schon leer an.

Wie oft haben unsere Kinder beim Heranwachsen weinen müssen, weil sie sich den Kopf gestossen, den Arm gebrochen oder den Fuss verknackst haben? Ich habe das immer sehr gut handhaben können. Und jetzt? Wenn die Kleine sich den Kopf stösst und herzzerreissend weint, dann zieht sich mein Magen zusammen und ich könnte gleich mitweinen … was in meinem Fall eine wirkliche Seltenheit ist.

Wir sind so unendlich dankbar, dass wir die Kleine in unserem Leben haben – ich weiss, alle Grosseltern sagen, sie seien stolz. Wir sind aber derart stolz, dass wir total gaga werden! Und das ist wunderbar 🙂

Geliebtes Menschenkind

Wenn jedes Geräusch Herzklopfen macht …

Wenn der Geruch Wärme versprüht …

Wenn ein Blick die Seele verzückt …

Wenn kleine Finger das Herz erwärmen …

Wenn winzige Füsse einen zum Staunen bringen …

Wenn das Gesicht lustige Grimassen zieht …

Wenn der Mund einen schmelzen lässt …

Wenn man die Welt rundherum vergisst …

… dann hat ein kleines Menschenkind sich ins Herz geschlichen

… und es mit purer Liebe gefüllt 🙂

Neue Funktion

Wie sage ich immer so schön: Ich habe 1000 Funktionen – als Mama, Ehefrau, Tochter, Schwester, Enkelin, Freundin, Bekannte, Geschäftsfrau, Frauchen, Nachbarin und was auch immer sonst noch so auf der Liste steht. Da muss man extrem viele Fähigkeiten haben … die CEO’s können dann jetzt alle mal einpacken!

Nun kommt bald schon eine neue Funktion dazu – eine gigantisch coole Funktion: Ich werde Oma – in unserem Dialekt also Grosi. Was für eine Freude!!!! 🙂 Meine Mama ist jung Grosi geworden und ich habe mir so gewünscht, auch jung Grosi zu werden. Nun ja, so schnell wie meine Mama hab ich es nicht geschafft (sie wurde mit 45 Jahren Grosi von unserem Erstgeborenen). Aber mit 51 ist ja auch nicht schlecht … ich finde, ich bin da als Grosi ganz gut unterwegs.

Jetzt bin ich dabei, die Grosi-Funktionsliste auszuarbeiten. Was macht ein gutes Grosi aus? Auf meiner Liste stehen Sachen wie:

– Geschichten erzählen
– Knuddeln
– Spielen
– Trösten
– Quatsch machen
– immer ein offenes Ohr haben
– Basteln
– Lieblingssachen essen
– im Grosi-Bett schlafen dürfen
– Häuschen bauen
– Verstecken Spielen
– Lieder singen
– Kuschelabende vor dem Fernsehen mit Kinderfilm und Popcorn
– und GANZ VIELE DINGE, die man bei Mama und Papa nicht darf …

Ja, dafür sind Grosis da – und Grosspapis auch! Die dürfen fast alles. Ich weiss noch, dass ich mein Grosi vergöttert habe … da war ich die Nummer eins. Ich durfte alles und ich wurde immer in Schutz genommen! Und wenn ich krank war, dann wurden mir die schönsten Geschichten erzählt und ich wurde rundum verwöhnt. Meine Mama hat mit unseren Kindern dasselbe gemacht. Grosi war die Heldin. Ich sagte braun, Grosi fand blau schöner – die Kinder waren einstimmig Grosis Meinung … also blau! Wenn ich mich einen Tag lang mit Hausaufgaben abmühte und bald keine Nerven mehr hatte, dann tauchte Grosi genau im Moment XY auf und die Kinder fanden die Hausaufgaben auf einmal ganz cool – schliesslich waren die mit Grosi auch vieeeeeel einfacher!

Ja, das ist der Job des Grosis. Man darf einfach nur lieben, verwöhnen und man muss nicht erziehen. Und wenn der kleine Knirps schreiend die Hosen vollgekackt hat und einfach nicht schlafen will, dann bringt man ihn einfach zu den Eltern zurück. Hach, wie wunderbar! Ich finde den Gedanken einfach nur extrem schön.

Ich werde die verliebteste Groslä ever und … mir ist schnurzegal, was ihr so findet: MEIN Grosskind wird bestimmt das schönste auf Erden. So muss das nämlich sein 🙂