von süss bis ungeniessbar

Ich habe den Frosch geküsst

Nachdem ich hier über den Frosch erzählt hatte, der durch unser Wohnzimmer gehoppelt ist, kamen unisono dieselben Reaktionen: „Du hättest ihn küssen und uns dann zeigen sollen, was daraus geworden ist.“
Euer Wunsch ist mir Befehl, liebe Leserschaft!

Nun, der kleine Kerl war ja mindestens genauso verängstigt wie ich. Als ich ihn aufgehoben habe, hat er gezittert wie Espenlaub und ich dachte, so ein kleines, beruhigendes Schmätzerchen auf das Froschhaupt würde ihn sicher beruhigen. Leider hat mir vorher niemand gesagt, dass Frösche GAR NICHT GERNE geküsst werden. Er hat ein fieses Sekret abgesondert, das an meinen Lippen gebrannt hat wie Feuer. Und er hat mich dabei angeschaut, dass es mir heiss und kalt den Rücken runterlief. Ich bin ja jetzt im Nachhinein überzeugt davon, dass er mit diesem Blick sein Vorhaben der Verwandlung spontan geändert hat – weit weg vom Prinzen.

Klar habe ich ihn nach dem gruseligen Schmätzerchen angeschaut, als ob ich wirklich auf einen Prinzen warten würde. Umso erschrockener war meine Gesicht, als die Verwandlung begann. Ich setzte ihn auf den Boden zurück und guckte dem Schauspiel zu. Er bekam keine schlanken Beine, keine prinzastische Wallemähne und auch keine rehbraunen Augen. Alles andere war der Fall:

Er verwandelte sich in eine richtig hässliche, warzenbestückte und stinkende Kröte mit den furchtbarsten Füssen, die ich je gesehen habe. Und er war riesig – er füllte unseren halben Eingangsbereich im Haus. Es war eine Challenge, das trotzige Vieh aus der Türe zu schieben, er wollte nämlich bleiben. Der Göttergatte und ich mussten mit vereinten Kräften das Krötentier nach draussen befördern und dann schnell die Türe verschliessen. Irgendwann war er weg. Und ich hoffe inständig, dass er nicht wieder kommt.

Was lerne ich daraus: Nicht in jedem Frosch steckt ein Prinz. Küssen lohnt sich also keineswegs. Ich vermute ja, dass es den Prinzen auf diesem Planeten zu blöd wurde und die sich einen anderen gesucht haben. Das würde auch gleich erklären, weshalb es hier auf unserem Erdball soviele hässliche Kröten, falsche Schlangen und verschlagene Hyänen gibt.

Wer den tieferen Sinn nicht gefunden hat, muss nicht traurig sein. Die Phantasie ist mal wieder mit mir durchgegangen …

Was macht Urs Heinz Aerni?

Urs Heinz Aerni lebt als Autor, Journalist und Kulturveranstalter in Zürich und Lenzerheide. Er hat sein spannendes und vielseitiges Leben durch ein neues Gebiet erweitert – die Ornithologie.

 

Urs Heinz Aerni, Sie sind Journalist, Medienberater, Buchautor und nun noch Ornithologe. Woher diese Affinität zum Thema Vogel?

Keine Ahnung, ich stand schon als Bub im Wald oder auf Wiesen und spähte mit dem Fernglas vom Onkel nach Vögeln, während meine Freunde an Mopeds rumschraubten.

Sind Sie auch sonst ein Tierfreund, oder sind es nur die Vögel, welche Sie faszinieren?

Ein Freund der Natur, würde ich sagen. Ich sehe mich als neugiergen Menschen, der mal feststellte, dass wir keine Ahnung haben über die Welt um uns herum. Wir brausen und düsen durch und über den Planeten mit null Wissen über das, was uns am Leben erhält: die Natur mit all ihren Facetten an Leben und Wuchs.

Gibt es Projekte, welche Sie nur zum Thema Vogel verfolgen (Filme, Bücher)?

Die Tierart Vogel kann nicht losgelöst vom Rest der Natur bestaunt oder begutachtet werden. Vor kurzem pirschten wir durch die Weinberge, Eichenwälder und Wasserschluchten mit der Feststellung, dass die Vogelwelt nur durch das Ermessen des geologischen wie botanischen Umfelds zu verstehen ist. Aber wenn Sie nach konkreten Medien fragen, so könnte ich Ihnen eine Film- und Buchliste erstellen….

Vielleicht ein paar Tipps?

„Ornis“ von Josef H. Reichholf ist eine Lektüre, die unterhaltsam und lehrreich in die Materie einführt. „Die Sprache der Vögel“ von Norbert Scheuer ist ein Roman über alte Schuld und die Flucht aus dem Krieg zu den Vögeln. Und „Vögel“ von Macolm Tait und Olive Tayler versammelt diverse unterhaltsame und wissenswerte Texte. Ein Filmtipp führt in die Ausstellung der Vogelwarte Sempach, denn da gibt es einen Film von Marc Tschudin – mit fantastischen Aufnahmen…

Teilt Ihr Umfeld Ihre Begeisterung?

Sobald ich im Kreise von Medien- und Kulturschaffenden von meiner Leidenschaft erzähle, wird Neugierde bis Begeisterung ausgelöst. Die Sympathien sind gross. Dann werde ich oft gleich mit Fragen bombardiert wie z.B. „Sind das nun Elstern oder Eichelhäher, die in unserem Garten….?“.

Gibt es auch Menschen, die den Kopf schütteln, wenn Sie von Ihrem intensiven Hobby mit den gefiederten Freunden erzählen?

Habe ich noch nie erlebt. Vielleicht eine Art Befremden, das sich dann aber in Neugier umwandelt. Ein Meteo-Experte – den wir alle via SRF schätzen – stellte sofort die Fragen in Bezug auf Vogelverhalten und Wetter und versprach mir, das vermehrt in seine Sendungen einzubringen.

Wie erklären Sie jemandem wie mir, was diese Tiere so besonders macht?

Wenn wir die Vögel und ihr Verhalten mehr verstehen und einschätzen können, nehmen wir auch wahr, was mit unserem Planeten, Dorf und Umfeld geschieht und wie wir damit umzugehen haben. Vögel fliegen, gehen und schwimmen – je nach Sorte  – und reagieren empfindlich auf Veränderungen, die leider massgebend vom Menschen in rasantem Tempo verursacht werden. Zugleich bereichert das Studium der Vögel unsere Existenz enorm!

Könnten Sie sich vorstellen, zu Hause in einer Volière Vögel zu halten?

Nur, wenn ich damit eine Art vor dem Aussterben bewahren müsste.

Haben Sie einen Lieblingsvogel? Wenn ja, welchen?

Die Wasseramsel steht mir nahe, da sie mit und durch das Wasser lebt und durch alle Jahreszeiten das Leben zu meistern versteht.

Was müssen wir Nicht-Vogelkenner unbedingt über diese Tiere wissen?

Dass ohne Vögel auch unser Dasein in sich zusammenfallen würde.

Herzlichen Dank für das aufschlussreiche Gespräch und hoffentlich  noch lange ganz viel Spass mit Ihrer Passion!


Wer mehr dazu und über Urs Heinz Aerni wissen möchte
, findet auf Facebook die Seite Cinclus Cinclus Wasseramsel.

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