Die 36-jährige Mara Podolski ist Journalistin, Bloggerin und Buchautorin. Sie wohnt mit ihrem sechsjährigen Sohn Clive und dessen Vater Alex Luthard in Zürich. Mara Podolski recherchierte für ihren Enthüllungsroman „Victoria-Report“ in Tansania und für den Nachfolgeroman „Glückskind“ in der Demokratischen Republik Kongo.

 

Liebe Mara Podolski, was sind Sie in erster Linie – Bloggerin, Journalistin oder Buchautorin?

Ganz klar Buchautorin, obschon die Recherchen, die ich für meine Romane und Posts auf Facebook betreibe, der Arbeit einer Journalistin schon sehr nahe kommen.

Gibt es ein Berufsgebiet, welches Sie mehr als Herzensangelegenheit bezeichnen würden?

Es ist der investigative Journalismus, das Enthüllen von Machenschaften fehlgeleiteter und korrupter Wirtschaftskapitäne, Lobbyisten und Politiker. Von solchen Erfahrungen inspiriert, verfasse ich meine Romane, die ich gerne mit einer Prise Humor spicke, um der oft traurigen Realität etwas entgegenzusetzen.

Woher kommt die Affinität zu Tansania und zur Demokratischen Republik Kongo?

Es geht weniger um Tansania oder um den Kongo, als vielmehr ganz allgemein um Afrika. Genauer gesagt, um unsere westliche Einstellung und Haltung im Umgang mit dem Schwarzen Kontinent, der ja zu recht das umkämpfte Paradies genannt wird.

Reisen gehört offenbar zum Alltag Ihres Berufes. Kennen Sie die Angst, vielleicht einmal nicht mehr gesund zurückzukehren?

Eigentlich nicht. Wer Angst vor dem Fremden hat, wähle lieber einen Beruf im wohlklimatisierten Büro und erfreue sich der pünktlichen Bahnverbindung nach Hause. Natürlich gitb es immer wieder Mal unangenehme  Situationen. Manchmal sind diese vielleicht sogar gefährlich. Klar, dass man seine Grenzen kennen muss. Das ist übrigens keine besondere Begabung. Wir alle verfügen über diese intuitive Eingebung. Bestraft wird, wer sie nicht wahrhaben will und die Ratio über das Bauchgefühl stellt. Das kann ins Auge gehen.

War für Sie immer schon klar, dass Sie der schreibenden Gilde angehören wollen?

Da war schon immer der Drang, die etablierten Machtsysteme in unserer Gesellschaft kontrovers zu beleuchten. Sei es nun in sozialer, wirtschaftlicher oder politischer Hinsicht. Wir alle sind in eine Welt hineingeboren, wo es gilt, im Sinne dieser Systeme zu funktionieren. Ich bin in der ehemaligen DDR aufgewachsen. Dort war es besonders krass. Da gab es weder links noch rechts, da gab es nur die sozialistische Parteidiktatur. Wer nicht mitspielte, musste sehen, wo er blieb. Einmal im Westen angekommen, stellte ich fest, dass es auch auf dieser Seite mit der Freiheit nicht zum Besten bestellt ist. Auch die kapitalistische Gesellschaftsform gibt klare Regeln vor, denen sich der Einzelne unterzuordnen hat. Tust du es nicht, bis du schnell mal weg vom Fenster. Wie dagegen aufbegehren? In die Politik gehen wäre eine Möglichkeit. Doch bis man dort ankommt, wo du etwas zu sagen hast, werden deine Ideale bis zur Unkenntlichkeit deformiert. In der Wirtschaft ist es dasselbe: Wer nicht mitspielt, kommt nicht hoch. Eine dritte Möglichkeit wäre, als kritischer Journalist das Regelwerk unserer Gesellschaft auszuleuchten – könnte man zumindest meinen. (Mara lacht) – Vergiss es! Wer als Journalist arbeitet, ist bei seinen Publikationen auf Medienunternehmen angewiesen, die dir ihre Marschrichtung auferlegen. Das geschieht selbstverständlich sehr subtil. Niemand meint es böse. Wir leben ja in einer liberalen Welt, in der die Pressefreiheit hochgehalten wird. Aber Achtung! Medienhäuser haben da ihre ungeschriebenen Gesetze. Hältst du dich als Journalist nicht daran, weist man dir auch hier ganz schnell die Tür. Die letzte, noch verbleibende Möglichkeit, systemkontroverse Gedanken frei auszudrücken, ist die Kunst, zu welcher ich auch das Verfassen von Romanen zähle. Oder das Bloggen im Netz. Hier greift die Zensur noch nicht. Hier kann der Schaffende seine Ansichten zum Ausdruck bringen, ohne von Dritten ausgebremst zu werden. Das ist der Grund, warum ich heute Romane schreibe und blogge. Der Weg dahin hat allerdings eine Weile gedauert, um auf ihre Frage zurückzukommen, ob es für mich schon immer klar war, zur schreibenden Gilde zu gehören.

Wie fanden das Ihre Eltern? Kam nie der Satz: „Kind, lerne was Anständiges?“

Meinen Vater – Jakob Podolski – habe ich  nie gekannt. Er hat uns sehr früh verlassen. Und meine Mutter Gerda wurde nach einem Fluchtversuch in den Westen verhaftet und weggesperrt. Aufgetaucht ist sie nie mehr. Ich war damals knappe drei Jahre alt. Plötzlich elternlos, wurde ich in eine staatliche Erziehungsanstalt gesteckt. Später nahm mich meine Grossmutter in ihre Obhut. Sie hat mich grossgezogen. Natürlich macht sie sich immer ein wenig Sorgen, wenn ich als investigative Journalistin unterwegs bin. Es wäre ihr vielleicht lieber, ich hätte einen anderen Job. Dann wiederum weiss ich genau, dass sie unendlich stolz auf mich ist. „Eine Mecklenburg lässt sich von niemandem auf die Kappe spucken“, sind ihre Worte. Und recht hat sie. Schliesslich hat Omi die Nazis so gut weggesteckt, wie später die Schergen von Erich Honecker. Meine Grossmutter liess sich von niemandem in die Ecke drängen. Steht ihre Frau. In solchen Dingen ähneln wir uns sehr.

Wie definieren Sie den Begriff Heimat?

Heimat ist da, wo du deine Familie hast. Im Moment leben wir in der Schweiz. Es könnte aber genauso wieder Berlin, Dresden, Paris oder Rom sein.

Worauf sind Sie besonders stolz?

Auf meinen Sohn Clive, diese Rotznase. Und auf meinen Freund Alex. Der steht hinter mir wie eine Eins. Und natürlich auf meine Omi. Von ihr habe ich den Dickschädel und diese für Dritte oft so bemühende Verbissenheit und Sturheit, wenn es darum geht, meine Ziele durchzusetzen. Okay, auf die letzten beiden Eigenschaften bin ich natürlich weniger stolz. Ich habe damit schon einige vor den Kopf gestossen. Die Kanten und Ecken gehören aber zu mir wie der Dorn zur Rose.

Blick zurück: Würden Sie den Weg wieder genauso gehen?

Ich liesse wohl ein paar Abstecher aus und käme schneller zu dem, was ich heute tue.

Blick nach vorne: Gibt es auf der Mara-Lebens-To-Do-Liste etwas, was Sie unbedingt erreichen möchten?

Nun, im beruflichen Sinn wäre es die Zusammenarbeit mit einem Literaturverlag, der agil genug und in der Lage ist, meine Vision vom Schreiben zu teilen und erfolgreich zu unterstützen. – Tja, und privat? Also, da läuft eigentlich alles sehr erfreulich.

Ich bedanke mich für die Offenheit und wünsche Ihnen viel Erfolg auf Ihrem weiteren Weg.

Wer mehr über das Wirken von Mara Podolski erfahren möchte, kann sie auf Facebook besuchen, einen Blick auf www.cbstoll.com werfen (Website, welche sie mit C.B. Stoll betreibt), oder den Kriminalroman „Victoria-Report“ lesen. (Erhältlich ist das Buch bei amazon.de oder in der Buchhandlung.)