von süss bis ungeniessbar

Schockstarre

Ich bin seit einer Nachrichtenmeldung wie eine Eidechse in Schockstarre … verständnislos harre ich der Dinge, die da kommen werden … und haue dabei in die Tasten: Donald Trump kommt ans WEF in Davos. Ich dachte ja die ersten Stunden, es sei ein Witz. Aber über den US-Präsidenten mit dem blonden Frisürchen macht man keine Witze – es sei denn, man ist Bloggerin und darf das!

Wer zum Geier ist auf die absolut abstruse Idee gekommen, diesen Gefahrenherd auf zwei Beinen in die Schweiz einzuladen? Oder hat sich dieses selbstverliebte Irgendwas womöglich selber eingeladen? Ich hab mich bei dieser Meldung so erschrocken, dass ich es irgendwie nicht fassen kann.

Lernt der Mensch denn nichts? Ich meine: Beim G20-Gipfel in Hamburg lag die Stadt in Schutt und Asche, weil Donald Trump zu Besuch war. Und nun finden wir Schweizer wohl, wir müssten das auch mal erleben, oder wie? Einfach mit dem kleinen Unterschied, dass unser Land so klein ist, dass wir damit rechnen müssen, dass bei Protesten unzählige Städte kurz- und kleingeschlagen werden. Aber wir sind ja schliesslich gastfreundlich und lieb – angepasst und für jeden Menschen offen! Typisch Schweiz: Wir verschleudern Steuergelder, um uns selber in Gefahr zu bringen und einem unkalkulierbaren Risiko mit Schweinsäuglein Gastrecht in unserem Land zu gewähren. Wie doof kann ein Land sein?

Oder anders gefragt: Was erhofft man sich von einem Besuch von Donald Trump? Jeder vernünftig denkende Mensch weiss doch, dass wir ausser Spesen und Krawallen nichts von einem Besuch des US-Präsidenten zu erwarten haben. Es gibt derzeit keine grössere Witzfigur in der Politik, als dieser Mann. Und aus seinem Mund kommen ausschliesslich rhetorisch schlecht verpackte Lügen begleitet von warmer Luft. Die Schweiz punktet überall mit ihrer eleganten Zurückhaltung, mischt sich nirgends ein und bezieht nie Stellung. Und dann kommt die grösste Gefahr der Welt in unser kleines Land zu Besuch und wir mobilisieren so ziemlich alles was möglich ist, um diesem Menschen Sicherheit und einen angenehmen Aufenthalt zu garantieren.

Jene Millionen, welche der Bund bezahlt, um den blonden Grosskotz zu schützen – dürfen wir die von den Steuern abziehen? Wir wurden nämlich nicht gefragt, was wir davon halten. Und alle Geschäftsbesitzer und Gastronomen, die unter den Krawallen zu leiden haben – dürfen die ihre Schäden anschliessend beim Bund wieder geltend machen? Oder wie läuft das genau?

Ich verstehe grad die Welt nicht mehr. Was genau nochmal bringt der Besuch von Donald Trump am WEF? Ich habs schon wieder vergessen …

Jetzt wird’s so richtig …

… unprofessionell politisch! Wer das nicht ertragen kann, muss sich ganz schnell wieder ausklinken.

Seit Wochen verfolge ich das Theater um den G20-Gipfel in meiner geliebten Hansestadt. Ich habe auch schon Demonstrationen mitbekommen, während ich mal wieder dort weilte. Und ich schaue mir mit Entsetzen jeden Tag auf allen möglichen Kanälen die Bilder und Videos an, die bereits jetzt im Vorfeld einen kleinen Vorgeschmack liefern auf das, was die Hamburger Einwohnerinnen und Einwohner während des Gipfels erwarten wird.

Da reisen also die 20 Staatsoberhäupter der wichtigsten Industrienationen (Türkei … hä?) nach Hamburg, um gemeinsam über den Unsinn zu beraten, den sie bereits angerichtet haben. Ich stell mir das lustig vor, wenn Angela, Donald und Erdogan zusammen diskutieren … die sind ja sowas von ein Herz und eine Seele … da tun mir jene leid, die das Ganze in Schach halten müssen. Die Tatsache, dass man Erdogan schon mal vorsorglich per offizieller Mitteilung einen Maulkorb verpasst hat, dürfte den Diktator auch nicht daran hindern, zu machen, was er will.

Warum zum Geier setzt man eine Stadt und ihre Einwohner einem solchen Risiko aus? Hamburg wird in den Ausnahmezustand versetzt … Hotels wehren sich gegen die Aufnahme von Staatsoberhäuptern, weil sie sonst alle Gäste verlieren würden … ganze Strassenabschnitte und Quartiere werden gesperrt … der Flughafen wird zum Hochsicherheitstrakt und das Polizeidispositiv von gefühlt ganz Deutschland wird nach Hamburg verschoben. Ich verstehe es nicht, und ich werde es wohl nie verstehen! Ich meine: Diese Oberhäupter werden in den eigenen Ländern von Sicherheitsleuten bis aufs Klo begleitet. Sie können sich nie und nimmer irgendwo öffentlich bewegen. Was soll dann dieser Mist, alle 20 an einem öffentlich bekannten Termin in einer öffentlich bekannten Stadt aufeinander treffen zu lassen? Könnten sich diese Könige der Macht nicht irgendwo auf einer Alp im Niemandsland treffen? Am besten irgendwo, wo niemand zu schaden kommt und dies an einem unbekannten Termin und ohne mediales Aufsehen? Wäre nicht das eine sinnvolle Art der Kommunikation? Das, was jetzt in Hamburg passiert, ist doch eigentlich nichts anderes als eine grosse Bühne, auf welcher Hände geschüttelt werden im Blitzlicht von 3000 angereisten Journalisten. Am besten mit einem doofen Grinsen im Gesicht – alles natürlich nur für’s Volk. Vollkommener Blödsinn!

Man könnte jetzt schon Wetten darüber abschliessen, wieviele Schaufenster in die Brüche gehen werden; wieviele Verletzte es geben wird; wieviele Geschäftstreibende horrende Umsatzeinbussen haben werden während dieser Zeit; wieviele Polizisten anderswo fehlen, weil sie in Hamburg auf diesen Polithaufen aufpassen muss; wieviele … wieviele … wieviele …!

Ich stelle mir grad vor, was man machen könnte, wenn man das ganze Geld, welches für diesen G20-Gipfel aufgewendet wird nehmen würde, um aktiv etwas zu verändern. Aktiv im Sinne von „vor Ort“! Nicht nur, um für die Sicherheit und den angenehmen Aufenhalt dieser Staatsoberhäupter zu sorgen. Man könnte damit Schulen bauen, leere Rentenkassen füllen, gute Kindertagessätten untersützen, ältere Menschen aus der Altersarmut holen, das Gesundheitssystem verbessern etc. etc. etc.!

Nein, man pumpt das Geld lieber in einen Anlass, der ausser grossem medialem Aufsehen NICHTS bringen wird. Ich sehe schon die Sätze in den Zeitungen: „Trump spricht sich für eine starke Wirtschaft und für Arbeit für alle aus.“ Ach neeee? „Merkel spricht sich für den Klimaschutz aus.“ Echt jetzt? Und dann müssen wir alle wohlwollend nicken und stolz sein, dass unsere Oberhäupter sich für etwas aussprechen, was sie auf dem Rückweg nach Hause schon wieder vergessen haben.

Wie gut, dass ich nicht in der Politik bin – ich wäre vermutlich die beste Kundin in der Herzklinik!

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