von süss bis ungeniessbar

Zum Hundertsten von Robert Mathys senior sel. – dem für mich besondersten Grossvater

Heute wäre Dein Geburtstag – Dein Hundertster! Jedes Jahr an diesem Tag denke ich besonders fest an Dich.

Warum das für mich so wichtig ist? Nun ja, weil Du für mich immer eine prägende und unfassbar wichtige Person im Leben warst. Du warst nicht nur eine charismatische Persönlichkeit mit einem unglaublich kreativen Geist, Du warst eben auch mein Grossvater.

Ich durfte Dich von einer besonderen Seite kennen. Du warst wohl mit Leib und Seele Unternehmer und Pionier, aber eben auch genauso Mensch mit Herz und Humor. Der Schalk in Deinen Augen hat mir immer signalisiert, ob Du nun ein Witzchen machst, oder ob Du es ernst meinst. Du hast es geliebt, uns immer wieder zu veräppeln, um Dich dann köstlich zu amüsieren, wenn wir verdutzt aus der Wasche geguckt haben. Ich weiss gar nicht, ob es jemanden gibt, der Deinem Lieblingsspiel entkommen konnte. Das ging nämlich jeweils folgendermassen:

Wenn im Restaurant oder zu Hause der Nachtisch serviert wurde, dann hast Du mit grossen Augen an einem vorbeigeschaut und gerufen: „Jetzt guck mal, wer da kommt!?“ Hat man sich umgedreht, war der Nachtisch weg! Zack!! Du hast ihn Dir geschnappt und versteckt. Ich weiss nicht, wie oft in meinem Leben ich nach meinem Nachtisch gesucht habe, aber ich erinnere mich noch, dass ich mich irgendwann nicht mehr umgedreht habe, ohne nicht meinen Nachtisch vorher in meinen Händen zu sichern … 🙂

Ich weiss, dass Du jetzt irgendwo da oben grinst, wenn Du das liest. Und Du liest mit Sicherheit mit – Du hast nämlich immer jede Zeile gelesen, die ich geschrieben habe. Meine ersten Gedichte sind an unserem gemeinsamen Lieblingsplatz im „Bärghüsli“ in Près d’Orvin entstanden: am runden Tischchen vor dem Cheminée. Du hast gezeichnet, getüftelt, radiert und berechnet. Ich habe auf dem Stuhl neben Dir geschrieben und mit Dir die Vögel auf dem Vogelhaus vor dem Livingroom studiert. Du hast jeden Vogel mit Namen gekannt und ich habe immer überlegt, warum Du das wohl alles weisst.

In meiner Erinnerung habe ich ganz viel Zeit mit Dir in Deinem Flugzeug verbracht. Du hast es geliebt, mit uns wegzufliegen. Und für mich war deshalb sonnenklar, dass Du nach Deinem Tod irgendwo in die Lüfte entschwunden bist. Es gibt Momente, da weiss ich nicht, warum ich fasziniert nach oben schaue und einem Bussard verzückt beim Flügelschlag zuschaue. Und dann fällt mir ein: Da bist Du! Irgendwo da oben bist Du und deshalb hat sich mein Blick nach oben seit Deinem Tod verändert.

Möchte ich erzählen, was ich alles mit Dir erleben durfte, würde es den Rahmen hier sprengen. Aber es war viel und es war eindrücklich. Du hast mich viel gelehrt und mir viel gezeigt. Und auch wenn ich damals nicht verstanden habe, warum Du mit Deiner eher kleinen Körpergrösse immer als gross bezeichnet wurdest, so war es mir später mehr als klar. Du hast unglaublich viele Menschen auf eine Weise geprägt, die tiefe Erinnerungen hinterlassen hat. Ich war immer unglaublich stolz, Dich als Grossvater zu haben. Du warst deshalb auch mehr als einmal das Thema in meinen Vorträgen und Schulaufsätzen. Und jetzt – selber schon Grossmutter – schreibe ich zu Deinem 100. Geburtstag erneut über Dich. So, wie Du es Dir an Deinen Geburtstagsfesten immer gewünscht hast: „Schribsch es Värsli für mi?“

Ich bin so gut wie nie an Deinem Grab – nur einmal im Jahr, wenn es die Tradition verlangt. Für mich bist Du dort nicht. Du bist überall – überall wo Flugzeugmotoren brummen, wo Vögel zwitschern, wo man sich frei und unabhängig fühlt. Und Du bist in meinem Herzen. Dort wirst Du auch bleiben, für immer.

Wo auch immer Du jetzt in diesem Moment sein magst: Heute darfst Du meine „Meringue“ (unser gemeinsamer Lieblingsnachtisch) klauen – weil es Dein Hundertster ist.

Papier ist geduldig

Wie jedes Jahr um diese Zeit, ist auch in diesem Jahr die „Bilanz“ wieder an jedem Kiosk zu kaufen. Erfahrungsgemäss die meistgelesene Bilanz, denn da stehen die 300 Reichsten der Schweiz drin – mit Angabe ihrer Vermögen.

Und genau da haben wir die Krux! Es ist nämlich kaum anzunehmen, dass die Vermögenden des Landes einfach mit ihren Zahlen um sich schmeissen. Und drum sitzen auf der Redaktion der Bilanz 32 fleissige Schreiberlinge, die – oftmals mangels gesicherter Informationen – einfach mal so aus der Luft ein paar Zahlen nehmen und diese dann abdrucken. Hoch lebe die Pressefreiheit. Otto Normalverbraucher liest dann, dass Familie Blocher mit einem „geschätzten“ Vermögen von 11 – 12 Milliarden Schweizerfranken zu den „Aufsteigern“ des Jahres gehört. Man läuft Gefahr, dabei zu meinen, dass diese Milliarden Bargeld seien, welche auf der Bank liegen. Totaler Quatsch! Da werden sämtliche Firmen, Immobilien und Anlagen bewertet und dann Handgelenk mal Pi eine Zahl rausgehauen, welche dann mit „geschätzt“ verbreitet werden darf. Aha …

Was mich zusätzlich ärgert ist die Tatsache, dass von diesen Reichen Bildern abgedruckt werden, welche irgendwo der Hochglanzpresse entnommen wurden. Da sieht man den Manager auf dem Golfplatz, den Unternehmer auf dem roten Teppich oder den Maschinenbauer im Smoking. Man könnte annehmen, dass dies einen Eindruck des Lebens der Reichen vermittelt – was natürlich wieder totaler Blödsinn ist. Kein reicher Mensch lebt 24/7 so. Es sind nämlich auch einfach Menschen.

Der Supergau in der diesjährigen Bilanz ist aber die Betitelung von Hansjörg Wyss (Pharma und Beteiligungen), der als Absteiger des Jahres gehandelt wird. Wie kann man jemanden als Absteiger betiteln, der 6 Milliarden (die Hälfte) seinen Vermögens für das Gemeinwohl spendet? Da ist die Wortwahl aber gehörig misslungen, liebe Redaktoren. Jemand, der die Hälfte seines Vermögens weiterverschenkt, der ist für mich ein Gewinner – aber das ist leider fernab der Bilanz.

Jahr für Jahr ärgere ich mich über dieses Hochglanzmagazin, welches jene Menschen auf den Präsentiersteller legt, die den Schweizer Arbeitsmarkt sichern. Ich wäre sehr dafür, dass man die 32 Rechercheure der Bilanz einmal so Handgelenk mal Pi durchleuchten würde, um sie genauso an den Pranger zu stellen. Das gäbe bestimmt ein lustiges Magazin. Ich würde es kaufen … um mich daran zu erfreuen, wie simpel solche Menschen gestrickt sind.

Hinfallen, um wieder aufzustehen…

Seit ich in der Talksendung des Schweizer Radios zu Gast war, gehen bei mir die Klickzahlen, Feedbacks, Whatsapp-Mitteilungen und E-Mail-Reaktionen durch die Decke. Unglaublich, denn damit habe ich tatsächlich nicht gerechnet. Ich freue mich sehr darüber. Menschen aus der ganzen Schweiz (und aus dem Ausland) schreiben mir und erzählen zum Teil auch ihre Geschichten. Weiterlesen

Wenn die Messlatte zu hoch liegt

Ich kenne einige Unternehmerfamilien – und wir gehören sogar selber zu dieser Gattung. Ich bin Unternehmerin und habe eine Familie. Die Gespräche am Küchentisch scheinen sich in Unternehmerfamilien nicht selten in eine ähnliche Richtung zu bewegen. Die Wirtschaftslage, die Politik, der Markt, die Arbeitslosenquote, die Umsätze oder die Zukunft werden thematisiert. Eine gute Sache, denn das Einschlafen der grauen Zellen kann so vermieden werden. Der Kopf und der Geist müssen wach bleiben, sonst wird das mit dem Unternehmen nichts. Wer rastet, der rostet. Und genauso ist das auch in einem Unternehmen. Stillstand ist der Tod jeder Firma. Weiterlesen

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