von süss bis ungeniessbar

Freedom Day???

Gestern war der Tag, an welchem unsere Regierung beschlossen hat, mal kurz auf einen Schlag praktisch alle Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Corona in den Wind zu schiessen. Und die Medien haben diesen Tag FREEDOM DAY genannt. Echt jetzt? Habe ich etwas verpasst?

Haben wir die letzten zwei Jahre im Knast verbracht und ich habe es nicht gemerkt?

Waren wir in der Schweiz so arg eingeschränkt, dass wir uns nicht mehr bewegen konnten?

Wurden wir in Ketten gelegt?

Nun ja – eines haben wir Schweizer:innen meisterhaft gelernt: JAMMERN AUF HOHEM NIVEAU. Wenn ich manchen Menschen zugehört habe, hätte man meinen können, dass wir in einer Diktatur leben mussten. Kompletter Blödsinn. Wir waren zu keiner Zeit so massiv eingeschränkt, dass es uns an die Freiheit gegangen wäre. Wir durften uns in unterschiedlichen Rahmen immer frei bewegen … wir waren nie IN HOUSE eingesperrt. Da hatten unsere Nachbarländer weit krassere Massnahmen. Vermutlich ist deshalb gestern auch niemand hupend durch die Gegend gefahren … weil wir niemals wirklich arg eingeschränkt waren.

Warum man also diesen Tag Freedom Day nennen muss, ist mir ein Rätsel. Würden Kriegsgefangene einen Tag so nennen, wäre mir das absolut klar und ich könnte es nachvollziehen. Nennt man aber in der Schweiz einen Tag so, an welchem durchaus moderate Massnahmen weggespült werden, dann ist das für mich die Lachnummer schlechthin.

Jetzt könnten alle Jammeris und Heulsusen ihre Masken wegschmeissen (ich würde vielleicht nicht zu weit!!) und ihre Zertifikate verbannen – und jene, die noch nie ein Zertifikat hatten könnten jetzt wieder jubelnd überall ein- und ausgehen und den Freedom Day zelebrieren.

Ach ja – nur zur Info: Die verletzlichen Personen und die kleinen Kinder werden sich wegen des Freedom Days nicht in Luft auflösen. Es wäre also noch schön, wenn ihr die ob all der Freude nicht komplett vergessen würdet. Die sind nämlich jetzt überhaupt nicht mehr geschützt. Für die ist es ein Schritt zurück – nicht ein Schritt in die Freiheit. Dies nur so am Rande!

Alle verschwägert oder wie?

Der Göttergatte und ich weilen heute noch einmal einen Tag in Marrakesch, bevor wir morgen in Richtung Fés unseren Trip durch Marokko weiterfahren. Ich bin gespannt, ob es dort anders ist. Man sagt nämlich, dass es in Fés noch viel mehr an ursprünglichem Handwerk (Gerbereien) zu sehen gibt. Hier auf dem Markt und in den Gassen ist vor allem „Made in China“ zu sehen … leider.

Und das beste, was uns Touristen passieren kann, ist ein cleverer einheimischer Guide. Der zeigt einem zuerst alle Sehenswürdigkeiten, ohne dass man irgendwo anstehen muss und dann geht das Einkaufsvergnügen der besonderen Art los. Dann wird man zum Teppichhändler geschleppt, der zufälligerweise der Bruder des Guides sein soll und der alles nur Unikate hat. Wenn man dann nach viertelstündigem Kampf endlich glaubhaft erklärt hat, dass man wirklich KEINEN Teppich möchte, dann gehts weiter zur Schwägerin, die den schönsten Schmuck Marokkos machen soll und die für all die Unikate sogar noch ein Zertifikat hat. Dort habe ich mich sogar dazu hinreissen lassen, einen völlig überteuerten Silberring zu kaufen – natürlich ein Unikat und natürlich mit Zertifikat (wer’s glaubt, wird seelig). Aber man gönnt sich ja sonst nichts und will dem Guide die Freude machen, dass man ein doofter Tourist ist und den Quatsch glaubt.

Dann geht man noch zum Cousin, der die besten und einzig wahren Gewürze Marrakeschs hat – sonst sollte man nämlich nirgends Gewürze kaufen, die sind alle schlecht. Jaja, der Guide weiss Bescheid. Und dann hat der noch gefühlt 200 Onkels, Neffen, Tanten, Cousinen, Brüder, Schwestern und weiss der Geier was noch alles. Der Satz: „Ich will ihnen nur zeigen, sie müssen nicht kaufen“, lässt uns jedesmal die Haare zu Berge stehen … denn die sind sich hier offenbar gewohnt, zur Not auch die eigene Grossmutter zu verkaufen, wenn es sich denn lohnt.

Die Gefahr, dass wir gross shoppen würden, ist in unserem Fall relativ klein. Zu kitschig sind in unseren Augen viele der Dinge hier. Und die wenigen hübschen Trouvaillen wären zu umständlich für einen Transport in die Schweiz. So werden wir alle Erinnerungen auf Fotos und im Herzen mitnehmen … denn soviel „Bling, Glitzer, Farbe und Kitsch“ kann ein Mensch alleine gar nicht in seine Wohnung hängen. Aber Hauptsache, man hat in Marrakesch quasi eine einzige riesige Familie kennengelernt … zufälligerweise … oder so … 🙂

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