Nie ohne Eltern

Meine Güte, ich werde alt – und merke es an den heutigen Gepflogenheiten im Bezug auf Babys und Erziehung.

Es gibt schon Baby-Pyjamas mit Sensoren, Überwachungsarmbänder für Kinder und Überwachungsphones jeglicher Art. Nun forscht Google an Teddybären mit Kameraugen. Klingt bescheuert? Ist es in meinen Augen auch!

Wir steuern ganz offenbar tatsächlich auf die totale Rundumüberwachung zu. Und wenn man nach dem Prinzip „Die Nachfrage bestimmt das Angebot“ geht, dann scheint es ja Eltern zu geben, die nach diesen elektronischen Rundumnannys schreien. Ich verstehe es nicht. Können Kinder also bald schon keine Geheimnisse mehr haben? Und das soll bitte was bringen? Ein gutes Gefühl für die Eltern? Oder einfach nur eine Menge Geld für die Erfinder und Kids, die sich wie Inhaftierte im Hafturlaub fühlen müssen?

Ich gehöre noch zur Generation jener Eltern, die beim Kleinkind ohnehin mitbekommen hat, wie es ihm geht. Warum? Weil ich mich mit meinen Kindern noch abgegeben habe. Ich brauchte also weder Sensoren, noch Phones oder Kameras. Wozu? Die Kinder waren bei mir oder beim Papa. Im Optimalfall bei uns beiden. Mich beschleicht manchmal das gruselige Gefühl, dass die neuen Eltern am liebsten eine Horde Kinder haben möchten – die Überwachung aber an die Elektornik abgeben wollen. Ja was denn nun? Eltern sein oder nicht Eltern sein? Aha: Ich habs….ein bisschen Eltern sein! Und dafür rund um die Uhr wissen, was der Spross gerade tut. Alles klar! Ich habs verstanden. Was aber noch lange nicht heisst, dass ich es gutheisse. Ich gehe nicht davon aus, dass ein Unglück durch die totale Überwachung zu verhindern ist. Ich gehe aber sehr wohl davon aus, dass die kindlichen Geheimnisse keine Chance mehr haben. Und die Mamas also getrost beim Kaffeetrinken im Garten am Pool den Spross im Kinderzimmer im Auge oder Ohr haben.

Und drum merke ich: Ich werde alt. Es gibt echt Dinge, die das Leben durch den Fortschritt um einiges vereinfachen – aber manche Dinge gehen einfach zu weit. Und das ist eines davon. Oder wird demnächst von Google oder einem anderen Giganten an der elektronischen Grossmama geforscht? Dann könnten wir die doch auch gleich ersetzen. Blödsinn!

21 Gedanken zu „Nie ohne Eltern

  1. Wir machen uns immer mehr von der Technik abhängig.
    Wir glauben lieber der hochtechnisierten Wetterradarstation auf unseren Balkonen, anstatt mal einen kleinen Blick aus dem Fenster zu werfen. Sinnbildlich betrachtet.

    Und je mehr wir uns abhängig machen, desto mehr Fehler können auch auftreten. Außerdem verlieren wir das Vermögen, unseren eigenen gefühlsmäßigen Abschätzungen und unserem gesunden Menschenverstand zu vertrauen.

    Am Ende vergessen wir die einfachsten Dinge, die uns unsere Eltern und Großeltern mit auf den Weg gegeben haben.

    Wir verlassen uns auf technische Leckerlies und entfernen uns dabei immer weiter voneinander.

    Außerdem:
    Wer Computer hackt, findet auch Anschluss zu den Teddy-Kameras. Tolle Vorstellung! Alle schreien auf beim Stichwort Cyberkriminalität und am Ende ballern dieselben Leute die Kinderzimmer mit Überwachungsanlagen wie in Guantanamo voll.
    ‚Tschuldigung. Da kann ich nicht ganz folgen…

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  2. Gelinde gesagt, seltsam finde ich diese Entwicklung auch, hoffe nicht, dass das ein Altersproblem ist 😉 denke aber eher, das hat was mit gesundem Menschenverstand zu tun. Manche Dinge sollte man einfach nicht tun, nur weil man sie „tun kann“ – gesunder Menschenverstand und Respekt vor der Privatsphäre – nicht nur bei Kindern, wäre wünschenswert. Schon erschütternd, dass Huxley und Orwell so sehr Recht behalten, wie es scheint…

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  3. Heute gehen beide arbeiten um sich und dem Kind ein Leben zu ermöglichen. Deshalb braucht man solche Hilfsmittel. In Deutschland kann man heute nicht mehr mit einem Verdienst Leben. Deshalb gibt es auch so wenig Kinder in Deutschland.

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  4. Schönes Kopfkino, besten Dank, wenn „Mamas also getrost beim Kaffeetrinken im Garten am Pool den Spross im Kinderzimmer im Auge [und] Ohr haben“… man kombiniere googleGlasses mit den ohnehin schon vorhandenen und bei diversen Sicherheitsdiensten verwendeten „Ohrwürmern“ und Mama ist mit Freundinnen Kaffe am Pool trinkender Weise mit mindestens einer Hirnhälfte life im Kinderzimmer (vllt. sogar via Skype bzw. YouNow) mit dabei…könnte ich mir in einer „Sex and the City“- oder „Depserate Housewifes“-Episode vorstellen…

    Und liebe Dani, wenn die Gruseligkeit dieser Vorstellung einen Maßstab abgäbe, wäre mein Rufname „Methusalem“ 😉

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