Ohne Punkt und Komma

Kennt ihr das, wenn man in einer Schlange steht und Zeit hat, den Mitmenschen zuzuhören? Eigentlich sind das ja Privatgespräche, aber in einer Menschenschlange werden sie doch sehr öffentlich.

Ist mir heute so geschehen beim Anstehen für die Tickets in Hagenbeck’s Zoo in Hamburg. Die Schlange war lang – logisch: Sonntag und schönes Wetter. Vor uns standen zwei cirka 50-jährige Freundinnen, von welchen eine definitiv redefreudiger war, als die andere. Also, ich bin mir bis jetzt gar nicht so sicher, ob die andere überhaupt richtig reden kann. Oder ob sie einfach kapituliert hat. Das verlief in etwa so:

„Also weisst Du, ich musste ja, wegen der eitrigen Angina das Rauchen einstellen. Da habe ich es grad ganz bleiben lassen und erst gar nicht mehr angefangen“, so die Quasseltante, welche beim Sprechen der Freundin immer mit dem Ellbogen in die Seite stösst – so als Absicherung, dass diese auch sicher zuhört.

„Das finde ich su…..“, weiter kommt die Zuhörerin nicht.

„Ja, und der Achim findet das ja toll, dass ich das geschafft habe“, dabei Ellbogenrammen obligatorisch, „und ihn stört auch nicht, dass ich nun 7 Kilos mehr auf den Rippen habe.“

„Das ist doch to….“, und schon ist wieder Ende, denn die Quasselstrippe hat wieder Luft geholt.

„Du weisst sicher, was ich meine, gell? Also, ich fand mich ja schlanker schöner, aber wenn Achim mich so auch schön findet, ist das doch gut. Und wenn ich wieder rauchen möchte, kann ich ja jederzeit wieder anfangen. Rauchst Du eigentlich gar nicht mehr?“

„Also, ich ha…..“, Ende der Durchsage, denn Quasseltante ist schon wieder ready to talk.

„Ich finde es ja super, wenn es jemand schafft, ganz mit dem Laster aufzuhören. Aber die meisten haben ja ein Problem damit. Und wenn sie dann zunehmen, fangen sie wieder zu rauchen an. Eigentlich schade, finde ich … und Du?“

Ich glaube, es erübrigt sich, euch den ganzen weiteren Dialog wiederzugeben. Ich wusste bis zum Ticketschalter nicht, ob die Freundin raucht oder nicht. Aber ich weiss, dass ich mir eine neue Freundin suchen würde. Nicht eine, die nur sich wichtig nimmt und gar nicht merkt, dass es da noch jemand anderen gäbe. Aber eben: Grundsätzlich ging mich das Gespräch nichts an – fand ja im privaten Rahmen einer Warteschlange bei Hagenbeck statt!

36 Gedanken zu „Ohne Punkt und Komma

  1. Huhu,
    Also, das mit dem Ellbogenschlagen finde ich ja echt heftig. Ich bin wirklich die Ruhe in Person, aber irgendwann hätte ich wohl einfach zugeschlagen 😀

    Liebe Grüße, Tinka 🙂

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  2. Manchmal muss man Alleinunterhalter einfach reden lassen, die innere Jukebox mit sämtlichen lalala- und dumdideldum-Variationen von allegro bis prestissimo ganz laut aufdrehen und abwarten…UND hoffen, dass das Ohr nicht mittlerweile abgekaut worden ist. Sähe doof aus.
    Vor eventuell gestellten Fragen braucht man auch gar keine Angst zu haben…über ein einleitend gestammeltes „Also…“ kommt man bei hardcore-Quasselstrippen eh nicht hinaus.

    ODER:
    Man haut mal richtig auf den imaginären Tisch: JETZT RED‘ ICH!!!
    Dann herrscht vielleicht für den winzigen Moment der Perplexität ein Zustand, der wohl mit der Ruhe artverwandt sein soll.
    Für eingeschnappte beste Freundinnen garantiere ich aber nicht!

    Gefällt 1 Person

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