Voll schwul?

„Ey Mann.“
„Meinst Du mich?“
„Ja, klar, oder siehst Du sonst noch jemanden?“
„Ich bin aber kein Mann.“
„Und?“
„Wieso dann ey Mann?“
Das heisst Hallo!“
„Und warum sagst Du dann nicht einfach Hallo?“
„Weil das schwul ist!“
„Hallo ist schwul?“
„Jap!“
„Wie kann das schwul sein?“
„Nur so, halt….! Voll schwul sogar!“
„Und warum sprichst Du so mit mir?“
„Warum nicht?“
„Weil wir uns nicht kennen!?“
„Egal! Anders ist voll schwul!“
„Aha – also auch schwul….“
„Jap.“
„In Deinem Leben ist wohl einfach alles schwul, wie!?“
„Ey, Mann, willst Du Probleme?“
„Nein, warum?“
„Ich bin nicht schwul!“
„Hab ich auch nicht behauptet!“
„Doch, Du hast gerade gesagt, mein Leben ist voll schwul!“
„Hab ich nicht!“
„Pass bloss auf, was Du sagst!“
„Aha, und sonst?“
„Ich habe keine Angst vor Dir.“
„Brauchst Du auch nicht!“
„Dann produzier mich nicht!“
„Tue ich doch gar nicht, zudem heisst es provozieren, nicht produzieren.“
„Siehst Du, Mann, das meine ich!“
„Was denn?“
„Du produzierst mich extra!“
„Nein, tue ich nicht!“
„Hast Du eine Zigarette – muss mich abregen!“
„Ich rauche nicht!“
„Aber ich!“
„Tja, das ist dann wohl Dein Problem!“
„Mann, jetzt reg mich nicht schon wieder auf!“
„Hab ich das?“
„Ja, Mann! Was kann ich denn dafür, wenn ich kein Geld für Zigaretten habe?“
„Und was kann ich dafür?“
„Sei still – ich muss mich abregen.“
„Gerne.“

Laute Stille!

„Du hast echt Glück, dass ich gute Laune habe.“
„Hab ich das?“
„Ja, normal haue ich Leuten wie Du auf die Schnauze.“
„Hä? Was hab ich denn getan?“
„Du hast gesagt ich bin schwul und ich soll nicht rauchen.“
„Hab ich nicht!“
„Du hast sowas von Glück, Mann, ich sag Dir!“

Das war der Tag, an welchem ich mit Fragezeichen im Gesicht an der Bushaltestelle zurückblieb und den Bus verpasste … ganz schön schwul, oder?

80 Gedanken zu „Voll schwul?

  1. Pingback: Dampf im Blog ablassen (18.10.2015) | NeuesAusDemSenftopf

  2. Dem hätte ich konkret krass vercheckt, dass man Kippen bei Edeka kaufen kann. „Ey Mann, Alter, geh mal Edeka. Kaufst du Edeka. Konkret krasse Kippen. Kein Geld haben is voll schwul. Musste arbeiten gehen, Mann. Arbeiten gehen ist voll konkret. Dann kannste dir selber Zigaretten kaufen! Vercheckt!?“

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  3. „Hallo“ ist vielleicht nicht „schwul“, aber eine Zierde unserer deutschen Sprache ist es auch nicht gerade. Ich würde „was guckst du?“ vorschlagen. Wenn dann die falsche Reaktion kommt, kann Mann auch gleich draufschlagen und Ruhe ist! Dann kann man sich das ganze „schwule“ Gelaber schenken.

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  4. Schlimm finde ich vor allem, dass Gespräche in diesem Modus auch an Universitäten geführt werden und der meist schnoddrige Unterton selbst Dozenten gegenüber angewandt wird. Und nein, auch dort handelt es sich nicht um Studenten mit Migrationshintergrund.

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  5. Deine Jungs brauchen Humor und Geduld… ich roll mich nur weg vor so viel Unsicherheit…
    krass zu wissen wo dem sein Haus wohnt… es ist nicht
    einfach in einer anderen Kultur Wurzeln zu Fassen, wenn die Familie noch von der Heimat träumt…

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    • Ich bin grad etwas überrascht, dass alle davon ausgehen, es sei ein Migrant gewesen. Ich denke nämlich, dass es ein Schweizer war. Und: Hast Du gewusst, dass viele Schweizer Jungendliche extra so sprechen, dass man meinen könnte, sie hätten Migrationshintergrund (mit Fall- und Verbfehlern), weil sie das cool finden? Der Jüngling war aber nur dämlich, egal welcher Herkunft…

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      • Es sind keine Fehler, es ist eine Varietät des Deutschen und nennt sich Kanak Sprak (angelehnt an Zaimoglus gleichnamigen Roman) oder Kiezdeutsch und folgt festen Regeln, was man nicht zuletzt daran merkt, dass man es parodieren kann 😉 Eine Art Jugendsprache, um sich abzugrenzen.

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      • Hmm…Kiezdeutsch würde ich eigentlich vielmehr als Kontaktvarietät des Deutschen bezeichnen. Heike Wiese hat sich ja mehr intensiv denn wissenschaftlich mit der Emanzipation von Kiezdeutsch befasst, indem sie verschiedene Ansätze und linguistische Grundzüge verschiedener Sprachen zu einem alleslegitimierenden Brei zusammenmischt.
        Die festen Regeln resultieren aus den jeweiligen Kontaktsprachen (Arabisch färbt anders ab als Türkisch) und damit aus Verstößen gegen die Grammatik der jeweils anderen Sprache (was wertfrei zu betrachten ist). Wenn überhaupt wäre es ein regional abhängiger, transitorischer Soziolekt. Wobei „regional“ eine zu große Einheit wäre.

        Müsste mich nochmal in die Wiese reinlesen, um das genauer zerpflücken zu können. 🙂

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    • Ja, mit der erwähnten Dame durfte ich mich (natürlich nicht persönlich geschweige denn handgreiflich) in einem Seminar herumschlagen. Eine Schwäche der Germanistik ist die Tatsache, dass nichts unumstößlich ist. Könnte auch ein Vorteil sein, denn so liegt man niemals falsch. 🙂

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