Die Luft ist raus

Viele meiner Blogleser-/innen sind gleichzeitig auch Familienmitglieder, Freunde oder Kundinnen in meinem Geschäft. Für die ist es nicht neu – für alle anderen: Ja, ich schliesse meine beiden Läden in der Ambassadorenstadt Solothurn defintiv im Sommer. Und ja, ich ziehe mich gänzlich aus dem Textilmetier zurück. Nach 10 Jahren ist mir mental die Puste ausgegangen. Die Onlineshopper und die Eurolandhopper haben mir noch den letzten Nerv geraubt. Der Kampf um jeden Kunden wurde täglich härter und die Bedingungen für kleine Geschäfte immer unfairer. Grosse Billiggiganten zwingen kleine Geschäfte in die Knie und jene Idioten, welche sich bei uns nur noch zum Kaffeetrinken sehen liessen, um uns dann zu erzählen, wie günstig sie all die Dinge schon in Konstanz eingekauft hätten – ja genau jene hätten mich irgendwann zur Schlägerin werden lassen. Drum habe ich beschlossen, die Reissleine zu ziehen.

Natürlich hatten wir in den letzten 10 Jahren auch ganz viele nette und treue Stammkundinnen. Diese bedauern auch ernsthaft, dass es uns nun bald nicht mehr geben wird. Und jenen glaube ich das auch – die haben nämlich auch genug Grips, um kapiert zu haben, dass sie ihr Geld auch nicht in Euroland verdienen. Aber eben: Das kann man offenbar nicht von allen erwarten. Und so verschwindet ein kleines Geschäft nach dem anderen. Und alle jammern, dass es bald nur noch Billigketten gibt. Ach neeeee??? Hätten die Jammerer mal ihre Hirnzellen vorher eingeschaltet, dann wäre es gar nie soweit gekommen. Aber nein. Zalando und Co. sind ja so cool und Konstanz ist die neue Shoppingmetropole. So gehen dem Schweizer Markt jährlich Milliarden verloren und was machen Herr und Frau Schweizer? Wieder einmal nur jammern! Nicht etwa den Finger aus dem Allerwertesten nehmen und etwas daran ändern – nein! Jammern ist viel einfacher, logisch…!

Viele fragen mich nun, ob ich traurig sei. Nicht mehr! Diesen Punkt habe ich schon lange überschritten. Ich bin eher erschüttert über die Dummheit der Menschen und frage mich, was noch alles passieren muss, bis ein Umdenken passiert. Und ich war bis vor kurzem extrem wütend über all die Neider, welche mir meine schönen Geschäftslokale und meine Vision nie gegönnt haben. Lieber wären sie nackt rumgerannt, als dass sie bei uns eingekauft hätten. Man war sich schliesslich sicher, dass ich mir mit diesen Geschäften eine goldene Nase verdient hätte – warum also auch noch unterstützen? Dass ich aber die letzten Jahre nur für mein Team und deren Arbeitsplätze weitergemacht habe, das hat keinen interessiert. Eine Villa auf einer einsamen Insel im Pazifik hätte mich weniger Nerven und weniger Geld gekostet. Interessiert aber immer noch keinen. Und dass jene Neider nun nicht mir, sondern meinen Angestellten ans Bein gepinkelt haben, welche nämlich jetzt ohne Jobs dastehen – ja, soweit haben sie wohl auch nicht gedacht. Wie schade! Und weil ich nun weiss, dass jene Wut mich nur krank macht, habe ich beschlossen, den Ignorantenschalter auf ON zu stellen. Ich werde künftig lernen, Neider einfach Neider sein zu lassen und auf Durchzug zu stellen.

Ja, ich hatte viele tolle, spannende und erfrischende Begegnungen und Erfahrungen. Aber ich hatte mindestens genauso viele Neider, Missgönner, Miesmacher und Schlechtredner – und die haben mich extrem viel Kraft und Energie gekostet, die ich nun wieder für andere Dinge haben werde. Ich erinnere mich an eine liebe Frau, welche in der Ambassadorenstadt Solothurn selber ein Geschäft betrieb. Diese hat mir vor 10 Jahren prophezeit, dass zwei „N“ mir in Solothurn sicher sein würden, welche mehr als nur eine harte Haut bedingen: NEID und NEBEL. Ja, sie hatte recht. Hätte ich mal nur damals schon auf sie gehört, mir wäre manche Enttäuschung erspart gelieben.

56 Gedanken zu „Die Luft ist raus

  1. Mein Mitgefühl hast Du, liebe Daniela, voll und ganz. Eine ähnliche Erfahrung machte ich mit meiner Buchhandlung in der Basler Altstadt. Als ich die Schließung bekannt gab und den Ausverkauf startete, standen Leute im Laden, die meinen Beschluss lauthals bedauerten und mit dem gleichen Atemzug fragten, ob diese oder jenes Buch auch billiger zu haben sei.

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  2. Meine Dosis lassen dich wissen, dass sie begeisterte Online-Shopper sind. Andererseits sind sie genau so begeistert, wenn sie in einem Geschäft gut und freundlich bedient und beraten werden. Da spielen die Kosten dann eine untergeordnete Rolle. Aber diese Bedienungs-Erfahrung haben sie doch eher selten gemacht. Leider.
    In München hat jetzt ein Foto-Fachgeschäft eine neue Beratungsstrategie eingeführt. Beratung nur gegen Bezahlung. Dann aber richtig. Jede fachmännische Beratung kostet 25.- €. Und siehe da, die Kunden nehmen dies gerne an. Bevor sie sich nämlich im Internet selbst schlau machen und dabei viel Zeit und Nerven liegen lassen, ist ein 25.-€ Gespräch doch wohl angenehmer und „ergiebiger“! So gesehen, hat der „Besserwisser“ nicht mal so unrecht: Neue Wege zu gehen ist sicher steinig und erfordert Mut, kann aber auch zu positiven Ergebnissen führen.
    In unserer Welt, in der ein einziger digitaler Such-Klick, 10 Mill. Ergebnisse ungefildert ins gemütliche Zuhause bringt, scheinen manche Zeitgenossen die Fachberatung wieder zu genießen.
    Alles Gute deinem Team und natürlich besonders Dir.

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  3. Es tut mir so leid: dafür, dass es dir und deinem grossartigen Team trotz aller Anstrengungen nicht gelungen ist eure Vision in vollen Erfolg umzusetzen. Es ist wirklich schade, dass dieses tolle Geschäft nun schliesst. Ich ziehe meinen Hut, dass du überhaupt solange Geduld und Nerven aufgewendet hast, vom finanziellen Aspekt wohl gar nicht zu sprechen. Ich wünsche dir und deinen Superfrauen von 💕 en nur das Beste und ein merci für die immer schöne Zeit bei euch.

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  4. Hm, der Beitrag reißt mich hin und her. Einerseits ist Aufbruchstimmung in ihm, andererseits noch viel Wut und Enttäuschung.
    Ich habe eigentlich gerade den Eindruck, dass es wieder mehr Leute werden, die offline einkaufen, so ein bisschen zugehörig zur Bart- und Hipster- und Lokalbewegung. Aber ich arbeite ja auch nicht in diesem Bereich.
    Jedenfalls wünsche ich dir alles Gute.

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  5. Die Spezies Mensch ist mir in diesen Belangen sehr unverständlich.

    Dass sich das Kaufverhalten im Laufe der Zeit ändert, ist normal. Einige können sich zudem die Markenkleidung schlichtweg nicht leisten, was man akzeptieren und respektieren muss.

    Warum sich aber diese vermaledeite Missgunst evolutionstechnisch nicht endlich einmal selbst ausrottet, entzieht sich meinem Geist.
    Der Mensch könnte so friedlich nebeneinander her leben (oder besser: miteinander), aber stattdessen wird sich nicht einmal das Schwarze unter den Fingernägeln gegönnt.

    Und noch weniger verständnisvoll bin ich für jene, die hinter vorgehaltener Hand ständig nur das Haar in der Suppe monieren, aber selbst nicht einmal aktiv werden und den Küchenmeister freundlich darauf aufmerksam machen, dass da etwas im Argen liegen könnte. Stattdessen wird die Zeche verweigert und im Anschluss eine anonyme Hetztirade veranstaltet.
    Soll der andere doch schauen, wie er sich selbst über Wasser hält….
    Dass einem der selbstlose Hinweis theoretisch auch selbst Vorteile (zukünftig wäre alles zur Zufriedenheit) bringen könnte, übersteigt offenbar den Horizont der größten Schandmäuler.

    Auf der anderen Seite muss man aber auch immer im Hinterkopf behalten:
    Reicht man den kleinen Finger, könnte unter Umständen auch der ganze Arm in Beschlag genommen werden.
    Hier spielen wieder die Raffgier und mangelnde Dankbarkeit gegenüber kleinen Gesten eine Rolle.
    In solchen Fällen ist es nicht zu verübeln, dass manche Menschen irgendwann auf Durchzug stellen und sich nicht mehr für Probleme anderer Menschen aktiv einsetzen wollen und stattdessen in wenig nutzbringendes Lamentieren verfallen.

    Viele blicken auch nicht mehr über den Tellerrand hinaus.
    Welche Konsequenzen könnte denn mein Handeln haben?
    Dieser Frage sind sich die Menschen oft nicht mehr bewusst…teilweise absichtlich, weil es schließlich tiefergehende Gedankengänge generieren würde, welche jedoch die oberflächliche Schnelllebigkeit dieser Zeit ins Ruckeln bringen könnten.
    Alles soll eben einfach nur so dahinplätschern….

    Da muss sich dringend etwas ändern!

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      • Und wenn Du mal erst nur einen Laden schließen würdest ? Und in diesem einen vielleicht auch einen online Handel aufziehen würdest, wäre das keine Option ? denn viele kaufen nun mal gerne online ein, da nehme ich mich nicht aus. Du könntest es ja mal versuchen und wenigstens ein teil deiner Mitarbeiter könnten mal vorläufig ihren Arbeitsplatz behalten. Ist mal so angedacht von mir. Es tut mir leid für dich, dass es so enden soll. Aber wir können den Zeitgeist wohl nicht mehr zurückdrehen, Daniela

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      • Ja, meine Liebe – da kommst Du zu spät. Ich hatte mal 5 Läden und habe genau diese Idee von Dir fahren wollen … hat nicht funktioniert. Und für Onlinehandel (das haben wir als letzte Option noch durchgerechnet und hatten wir im Auge) sind wir zu klein. Der Aufwand würde bei weitem den Ertrag übersteigen. Man höre und staune, aber all das habe ich tatsächlich auch probiert. Es ist ja nicht so, dass ich einfach mal so nebenbei entschieden habe, zuzumachen. Sowas dauert Monate und Jahre, in welchen man alles versucht. Aber eben: Der Zeitgeist braucht uns einfach nicht mehr! Punkt.

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  6. Und was lernen wir daraus?
    Schuld sind immer die anderen. Immer die großen Drei:
    1. Die vielen, egoistischen Sparfuchskunden.
    2. Die großen Ketten.
    3. Die Onlineanbieter.

    Dass sich das Einkaufsverhalten von König Kunde, diesem treulosen und undankbaren Geschöpf eklatant geändert hat, liegt natürlich nie am Einzelhandel. Der nämlich hat alles richtig gemacht. Immer schon, weil es sich bewährt hat. Die letzten 50 Jahre…

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      • Es ist in jedem Fall immer einfacher, die Ursachen beim Fortbleiben der Kunden bei den drei Genannten zu suchen, als zu überlegen, welche Strategien Einzelhändler anwenden können, Kunden zu halten und ihnen klar zu machen, warum sie bei ihnen und nicht woanders kaufen sollen.
        Es gibt in der Tat eine ganze Reihe Händler, die das recht erfolgreich praktizieren. Was die machen, ist nun auch kein Geheimnis.

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      • Ich möchte mich da gerne selber reinhängen und folgendes sagen: Wir haben stets mit einem Topservice, professioneller Beratung, Miteinbeziehen der Kunden etc. gearbeitet und unsere Hausaufgaben sehr wohl gemacht. Du wirst mir keinen Punkt aufzählen können, den wir in den Jahren nicht berücksichtigt und umgesetzt haben, der im Normalfall eigentlich zum Erfolg hätte führen müssen. Drum kann ich nur sagen: Besserwisser sollten es einfach mal besser machen und mir dann das Rezept schicken!

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      • „Besserwisser sollten es einfach mal besser machen…“
        Auch so’n Totschlagargument, das bei einer post mortem Analyse echt weiterhilft. Nicht.

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  7. Es tut mir so leid und es beschäftigt mich echt 😔 Irgendwie geht für mich ein Stück Solothurn verloren und natürlich mein absolutes LIEBLINGSGESCHÄFT mit meinen absoluten LIEBLINGSFRAUEN und absoluten LIEBLINGSKLEIDERN. Aber ich verstehe Dich sehr gut und möchte jetzt am Liebsten allen an’s Bein pinkeln, die übers Internet Kleider bestellen oder extra ins Ausland fahren 😡 um einzukaufen!!! Was die Beratung, Herzlichkeit und Kompetenz betrifft, ist/war…das Cristina’s UNSCHLAGBAR. Die Kleider wurden so toll ausgewählt, dass ich am Liebsten jedes Mal die Kleiderständer leergeräumt hätte und das sage ich jetzt nicht einfach so. Grossartig von A-Z 👍🏼
    Es tut mir echt weh…. 💖💖💖

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  8. Ganz oft stehe ich vor deinem wunderschönen Geschäft und sage zu mir: wenn unser Familienbudget nicht mehr nur durch unsere Kinder aufgebraucht wird, gehe ich hier shoppen – so wunderschöne Sachen! Leider hat die Zeit gegen mich gespielt! Ein Bijoux weniger in unserer Stadt. Ich wünsche dir und deinem Team nur das Beste!

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  9. Diese Meckerer gibt es leider immer. Ich bin der Meinung, dass man sich nur über etwas beschweren darf, wenn man vorher gegen diese Sache etwas unternommen hat. Besonders regen mich immer Nicht-Wähler auf, die sich über die Politik aufregen. Da kann ich echt kein Verständnis für aufbringen. Für dich tut es mir ehrlich leid!

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