Krank oder selber schuld?

Das Thema Sucht ist wohl seit Menschengedenken ein kontroverses Thema. Ist eine selbstverschuldete Sucht eine Krankheit, oder ist es eine Lebensbehinderung, mit welcher man selber klarkommen muss?

Diese Frage ist brisant, ich weiss – mich interessiert aber die Meinung der Aussenwelt, weil ich mich frage, ob es eine Rechtfertigung dafür gibt, dass das öffentliche Gesundheitssystem für Suchterkrankungen aufkommen muss. Ich meine, wer raucht, Drogen konsumiert oder trinkt, wird in der Krankenkassenabrechnung genauso unter krank abgehandelt, wie jemand, der an Krebs erkrankt oder einen Schlag- oder Herzanfall hatte. Ist das richtig so?

Jeder mündige Mensch hat die Wahl, ob er das Risiko einer Sucht eingehen will, oder nicht. Genauso weiss auch jeder mündige Mensch, dass diese Sucht nicht schadlos an ihm und seinem Körper vorbeigehen wird. Trotzdem tut Mensch, was er eigentlich genau weiss, dass er/sie es nicht tun sollte. Und wenn dann die Schäden kommen, muss das Gesundheitssystem für diese Folgen aufkommen. Und dies, obwohl doch Süchtige selber entschieden haben, diese Sucht einzugehen.

Ich gestehe, ich bin selber suchtfrei und kann von daher nicht aus eigener Erfahrung sprechen. Ich bin aber in der Jugend mit dieser Thematik sehr nahe konfrontiert worden und habe mich eingehend damit befasst. Und ich muss gestehen, dass ich nie verstanden habe, wie man Suchtpatienten auf die gleiche Ebene stellen kann, wie unverschuldet schwer kranke Menschen. Für mich und mein Gefühl ist das ein Hohn all jenen gegenüber, die sich einfach nur ein halbwegs gesundes Leben wünschten, und die niemals die Wahl hatten. Ein Suchtmensch hatte die Wahl – irgendwann; und hat sich falsch entschieden. Daran lässt sich nunmal nicht rütteln. Oder sehe ich das so falsch?

36 Gedanken zu „Krank oder selber schuld?

  1. Und andere bringen sich mit Messer und Gabel um, fallen vom Motorrad, verunglücken aus eigener Dummheit mit dem Auto, brechen sich beim Skifahren die Haxen, fangen sich eklige Krankheiten ein, weil sie ihrem Hund/Katze/Maus auf die süße Schnauze küssen.. usw.. Krankheit ist keine Frage von Schuld und Sucht ist eine Krankheit. Am Anfang steht aber bei uns, die wir mehrheitlich nicht von Hunger und Krieg bedroht sind, die Eigenverantwortung. Welche Alternative sollte es denn geben – Suchtkranke aus Kostengründen sich selbst und ihrem Elend überlassen? Das kann doch bitte nicht ernsthaft zur Diskussion stehen, und gleichzeitig im Tierschutz aktiv sein? Jetzt wird ich aber richtig böse.

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  2. Das ist wirklich ein heikles Thema und ich verstehe schon, was Du damit meinst. Aber ich bin auch der Meinung, dass man diesen Menschen genauso helfen sollte, wie den Leuten, die „unverschuldet“ krank wurden.
    Wo würdest Du die Grenze ziehen? Wer ist wirklich unverschuldet krank geworden? Heute weiss man z.B., dass zu häufiger Fleischkonsum krank macht! Gib mal bei Google die Wörter WHO und FLEISCHKONSUM ein…
    Ich finde die Kommentare zu diesem Thema echt spannend und super, dass Du es aufgegriffen hast!

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  3. Wenn man aber an psychsomatische Krankheiten „glaubt“ haben auch andere und durchaus schwere Krankheiten selbst verschuldete Ursachen, streng genommen haben ja dann auch diese Menschen sich falsch entschieden. Einer Sucht „anheim“ zu fallen hat ja auch was mit der Psyche zu tun oder vielleicht gibt es sogar Menschen, die genetisch/organisch bedingt schneller zur Sucht tendieren…wäre ja theoretisch möglich.

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  4. Na ja, also ich kann die Schwierigkeit verstehen, sich in Suchtkranke hineinzuversetzen. Ich bin zum Glück so veranlagt, dass mich Suchtmittel nicht reizen, ich trinke noch nicht einmal Alkohol und nur ganz selten Kaffee. Aber ich habe auch in meiner Familie das komplette Gegenteil erlebt. Und ich bin mir sicher, dass diese Menschen sich das nicht aussuchen und sich für die Sucht nicht frei entscheiden. Man entscheidet sich ja auch nicht für andere psychische Krankheiten wie Depressionen oder Angststörungen. Da ist ja auch im Gehirn etwas aus dem Gleichgewicht, der Botenstoffwechsel ist durcheinander, es wird zu wenig Dopamin oder Serotonin oder ichweißnichtwas ausgeschüttet – das kann dazu führen, dass man plötzlich seine Impulse nicht mehr so gut beherrschen kann. Und bei stoffgebundenen Süchten kommen ja auch noch körperliche Entzugserscheinungen hinzu. Also ich bin der Meinung, Suchtkranke brauchen definitiv Hilfe und es ist gut so, dass man sich auch um sie kümmert.

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  5. Das greift zu kurz und ist ein Schlag ins Gesicht vieler Süchtiger, die schlicht nicht einfach mal so entscheiden können, aufzuhören. Könnten sie es, würden sie es wohl tun. Ich habe einige Menschen erlebt, die sich durch die Sucht in den Tod manövriert haben. Sie hatten Angst davor, konnten nicht umdrehen.

    Von aussen ist es einfach, Hierarchien zu bilden im Sinne von: Die Krankheit anerkenne ich, die andere nicht. Das einzige Argument, das man dabei hat: Ich weiss es nicht, ich stell es mir mal so vor und kann mir nichts anderes vorstellen.

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    • Wer sich IN eine Sucht manövriert (alleine und ohne Hilfe), der sollte auch wenigstens entscheiden können, damit wieder aufzuhören – selbstverständlich mit Hilfe. Aber dies gleichzustellen mit „unverschuldeten“ schweren Krankheiten geht mir persönlich nun mal sehr gegen den Strich!

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  6. Oft führt eine seelische Erkrankung zur Sucht. Ich habe schon in meiner Kindheit eine Essstörung entwickelt. Ich arbeite dran, denn freiwillig dafür entschieden habe ich mich ganz sicher nicht.
    Meine Gegenfrage: was ist mit den ganzen Sportlern? Auch durch Sportverletzungen und Unfälle wird das Gesundheitssystem belastet. Was ist damit?

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  7. was ist zb mit den Krebspatienten die ihren Krebs haben weil sie geraucht haben, zb Kehlkopfkrebs ?? Was ist mit den Kreb Patienten die weiter rauchen nach ihrer Behandlung ?? Ist ein schwieriges Thema und pauschal nicht zu beantworten. Was ist mit den Menschen die wg Fress Sucht oder Mager Sucht behandelt werden ?? Es gibt so viele Erkrankungen die durch das eigene Verschulden auftreten oder auftreten können oder könnten…..dh es müssten die Bedingungen bei einem Fitness Studio oder Sportverein umgeschrieben werden, weil wer Sport macht hat das Risiko sich zu verletzen…..
    Wenn ein Jugendlicher aus Verzweiflung weil er mit seinem Leben nicht zu Recht kommt zu Drogen greift müssten dann nicht eigentlich die Eltern eine Behandlung bezahlen…..sind 13 Jährige wirklich schon in der Lage zu wissen was ihr Verhalten für Konsequenzen hat ??

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  8. Ich glaube, es ist zu einfach gedacht, die Leute einfach mit „selbstverschuldet“ abzustempeln. Die richtig krassen Süchte wie Alkohol oder Drogen kommen ja auch nicht irgendwoher, sondern da liegt oft eine emotionale Komponente hinter. Ich glaube, niemand würde hingehen und sagen: „Ich brauch ein Hobby. Wie wär’s mit Drogenkonsum?“ Und wenn wir anfangen, Suchtkranken Hilfe zu versagen, dann definieren wir damit doch Menschen zweiter Klasse. In so einer Gesellschaft würde ich nicht leben wollen. Kein Suchtfreier hat das Recht, von einem hohen Ross herab zu schauen.

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  9. Selbstverschuldet ist gut. Dann dürften auch Sportverletzungen nicht behandelt werden. Du hast dir deinen Sport ja selbst ausgesucht und bist damit das Risiko eingegangen, dich zu verletzen. Und wer bei rot über die Ampel geht und angefahren wird, tja Pech! Und wenn das Gesundheitssystem Suchtkranken nicht mehr hilft, was ist dadurch gewonnen? Etwas Geld auf der einen Seite, aber dafür mehr Menschen, die durchs soziale Netz fallen? Die wenigsten Suchtkranken könnten ihre Therapie selbst bezahlen. Und wovon lebt ein Mensch, der aufgrund einer Sucht nicht arbeiten kann? Wovon kauft er seine Suchtmittel? Und wenn ich dann abends in ein Kino gehe und auf dem Weg zum Auto überfallen werde, weil ein Suchtkranker Geld braucht, dann ist das womöglich auch selbstverschuldet – ich hätte ja nicht ins Kino gehen müssen.

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  10. Was ist mit den Übergewichtigen? Auf welche Ebene soll man die stellen? Sollen die jetzt eine weniger gute medizinische Betreuung haben? Meine Mutter war übergewichtig und krebskrank. Hatte sie eine Wahl?

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