Die Arschkarte und die Schutzengel

Ein lieber Bekannter von mir hat vor kurzem so richtig übel die Arschkarte gezogen. Also eigentlich hat er eine ganze Kiste dieser Karten abonniert. Man müsste glatt meinen, dass mehr Pech gar nicht geht:

Am 50-igsten Geburtstag seines Lebenspartners kippte er einfach aus den Schuhen. Wumms – weg. Aortariss! Aus dem Nichts – ohne Voranmeldung. Ja, er gehört zu den 2 % der Menschen, die diesen absoluten Wahnsinn überlebt haben. Dank sensationeller Reaktion des Umfelds und dank absolut pefekter Abläufe in den Krankenhäusern. Er wurde nämlich wortwörtlich in einer stundenlangen Operationsodyssee aufgeschlitzt von oben bis unten und so gerettet. Und weil eine Arschkarte nicht genug ist, hat sein Rückenmark dabei eine Quetschung abbekommen und seine Beine funktionieren nicht mehr. Auch da hat er sich wohl gedacht: „Normal kann jeder, ich nehme auch da die Ausnahme und gehöre zu den 15 %, die nach der OP nicht einfach aus dem Krankenhaus marschieren.“

So – und nun liegt er also in der Reha und hat als erstes einen Rollstuhl angepasst bekommen. Und täglich hat er Therapien, Untersuchungen und versucht tapfer, den Blick nur nach vorne zu richten. All das könnte man als die ultimative Riesenpechsträhne im Leben eines Menschen bezeichnen.

Dann gibt es aber noch die andere Seite: Medizinisch ist es so gut wie unmöglich, einen Aortariss zu überleben. Also war da wohl eine Menge Glück im Spiel. Und ein hervorragender Schutzengel – oder vermutlich sogar eine ganze Armada an Schutzengeln. Denn eigentlich müsste er sonst von der Wolke 7 auf uns alle herunterschauen. Und das wollte irgendjemand verhindern. Er selber geht ja davon aus, dass man ihn im Himmel nicht haben wollte, weil er so unmusikalisch ist. Bei seinem Musiktalent hätten ihm die Engel sonst die Harfen um die Ohren geschlagen.

Ich bin mir sicher, dass seine Aufgaben hier bei uns ganz einfach noch nicht erledigt sind. Und wer ihn kennt, der weiss, dass es davon noch eine Menge gibt! Er bringt ständig die Menschen zum Lachen – er wird hier definitiv noch gebraucht. Einfache Erklärung! Und genau aus diesem Grund wird er es auch schaffen, auf seinen zwei Beinen irgendwann im Spätherbst die Reha wieder zu verlassen.

Er hat mich übrigens gefragt, ob ich wisse, was das dümmste Teil in einem Auto sei. Ich wusste es nicht. Jetzt weiss ich es: „Der Rückspiegel. Der Blick zurück bringt nichts – man muss nach vorne schauen. Das, was hinter einem liegt, kann man ohnehin nicht mehr ändern.“ Jap, da hat er wohl recht. Bei seiner kreativen Operationssnarbe glaube ich allerdings seine Theorie nicht ganz. Er meinte nämlich, die hätten die Narbe absichtlich am Hals vorbei bis zur Schulter gezogen, damit sie – falls er die OP nicht überlebt hätte – da gleich die Blumen hätten einpflanzen und ihn schön dekoriert in die Leichnhalle hätten verschieben können. Echt, dieser Mann MUSS noch eine Weile bleiben. Mit diesem Humor geht ein früher Abgang nicht so einfach. So!

15 Gedanken zu „Die Arschkarte und die Schutzengel

  1. Was für ein wunderbarer Humor! Und wie weise die Sache mit dem Rückspiegel.. Ich nenne es im Hier und Jetzt leben, wer weiss was morgen ist. Mein Papa starb an einem Aortenriss, ganz schnell, ganz leise, unter seinem Granatapfelbaum.

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