von süss bis ungeniessbar

Wann kommt das Spaghetti-Verbot?

Politische, sexuelle und ethnische Korrektheit hat bestimmt ihre Berechtigung. Ich meine, es geht nicht, dass man Schwule und Lesben ausgrenzt; dass man dunkelhäutige Menschen mit Schimpfwörtern belegt oder dass man manche Menschen der SVP als Nazis bezeichnet. Alles nicht okay – keine Frage!

Seit wann aber sind Dreadlocks ein Grund, Konzerte abzusagen oder Menschen nicht in Bars zu lassen? Habe ich etwas verpasst? Könnte es nicht einfach sein, dass die Träger dieser Frisuren den Lifestyle von Bob Marley cool fanden und ihn deshalb zelebrieren möchten. Könnte es nicht grundsätzlich einfach sein, dass wir viele Dinge von anderen Kulturen übernehmen, weil wir sie cool finden – ohne dabei einen unsauberen Hintergedanken zu haben?

Alle Schweizer:innen essen Spaghettis. Und ich kenne niemanden, der sie nicht liebt. In Wahrheit haben wir die lustigen Teigwaren aber von den Italienern abgekupfert und sie stehen vermutlich in jedem Schweizer Vorratsschrank. Wer nichts im Haus hat, schmeisst zur Not Spaghettis in die Pfanne. Die gehen nämlich immer und jeder mag sie. Politisch korrekt? Oder haben wir da den Italienern womöglich ein Stück ihrer Identität gestohlen. Und bringen wir womöglich die langen dünnen Teigwaren mit den eher kleingewachsenen Italienern so in Verbindung, dass wir uns darüber lustig machen? Schon mal darüber nachgedacht, hä?? Und wenn dann beim Verspeisen der italienischen Spezialität ein Messer zum Einsatz kommt, liegt das dann wirklich an der ungelenken Art der Schweizer:innen oder könnten wir damit den Hintergedanken haben, kleine Italiener:innen zu verhackstückeln??

… so oder so ähnlich könnte man diese und andere Gedanken bis ins Bodenlose spinnen – wenn man denn die nötige kranke Fantasie dafür hat.
Man könnte aber auch einfach davon ausgehen, dass wir alle begeisterte Liebhaber der italienischen Küche sind und deshalb unseren lieben Nachbarn einfach ihre Rezepte geklaut haben. Ohne Hintergedanken, einfach aus Liebe zum Essen.

Ist es eigentlich korrekt, dass Schweizer:innen in Pizzerien gehen? Oder zum Asiaten? Oh, da fällt mir ein: Ist es in Ordnung, dass wir so viele Thai-Restaurants in unserem Land haben? Die entsprechen so gar nicht unserer Kultur. Multikulti in Ehren, aber in unsere Küchen gehören Rösti und Käse – Ende Gelände!!

Ich merke gerade, dass ich die Tastatur jetzt beiseite legen muss. Mir kommen sonst immer mehr quere und total verdrehte Gedanken, auf die ich bislang im Leben nicht gekommen wäre. Und dabei überlege ich mir, ob mir Dreadlocks auch stehen würden … ????

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2 Kommentare

  1. Tom Vogt

    Wieder einmal eine besonders (bitter-)süße Praline! Kompliment!
    Beim Lesen kam mir ein Erlebnis beim diesjährigen Weissenstein-Schinget in den Sinn. Dort war eines der größten Jungschwinger-Talente der Gegenwart zu Werke – Sinisha Lüscher. So weit so unspektakulär, wäre da nicht die Hautfarbe des Sinisha; er ist dunkelhäutig, da sein Vater Ghanaer ist. Nun könnte man, ob des Rufes, der den Schwingern (zu unrecht) vorauseilt, meinen, es habe Unmutsäußerungen oder sogar rassistische Zwischenrufe gegeben. Nichts da, die Schwinggemeinde hat den Jungen frenetisch angefeuert und ihn eindrücklich die volle Akzeptanz und Wertschätzung spüren lassen. Auch um mich herum habe ich keine einzige unpassende Bemerkung (welche ich nicht unwidersprochen gelassen hätte) gehört. Wenn wir uns aber im kruden Denkmuster der schein-toleranten “Woken” bewegen würden, müssten wir konsequenter Weise von “kultureller Aneignung” sprechen.
    Das Gleiche übrigens beim ersten schwulen Schwinger, der sich geoutet hat, Curdin Orlik. Nie, wirklich nie, hätte ich an einem Schwingfest eine abwertende oder sogar verletzende Äußerung bezüglich seiner sexuellen Ausrichtung gehört. Sind die als ach so rückständig oder sogar nationalistischen Schwingerfreunde doch toleranter und ehrlicher als die “sich-unwohl-fühlenden-dauer-Empörten”?
    Machen Sie sich doch selber ein Bild davon – anlässlich des Eidgenössischen Schwingfestes am nächsten Wochenende in Pratteln! 😀

    • modepraline

      Danke für den ausführlichen Kommentar und die Schilderung des tollen Erlebnisses. Es ist nicht das erste mal, dass ich von den toleranten Schwinger:innen höre. Ich glaube, dass es einfach Menschen und Menschen gibt – die einen sind zufrieden, die anderen sind es eben nicht. Die Schwinger:innen scheinen zufrieden zu sein. Also wäre den Motzern dringend zu raten, mal eine Runde im Sägemehl zu drehen! 🙂 Danke Tom.

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